Thälmann, Ernst
Ende 1918 trat er in die USPD (Unabhängige Sozialdemokraten, eine bedeutende linke Abspaltung von der SPD während der Novemberrevolution 1918 in Deutschland) ein. Unter seinem Einfluss trat 1920 fast die gesamte Hamburger USPD zur KPD über.
Er war der führende Kopf des Hamburger Aufstands von 1923. Damals waren die Arbeiter nicht mehr bereit, die unerträgliche Lage hinzunehmen. Sie erhoben sich gegen die Politik der Herrschenden, die Lasten des verlorenen Krieges auf das Volk abzuwälzen. Der Aufstand in Hamburg blieb isoliert, weil die Führung der noch jungen KPD versagte. Geordnet traten die Aufständischen daraufhin den Rückzug an. 1925 wurde Ernst Thälmann zum Vorsitzenden der KPD gewählt. Unter seiner Führung entwickelte sich die KPD zur mitgliederstärksten kommunistischen Partei in West-Europa. Die Auswahl seiner Reden und Schriften belegt, wie Ernst Thälmann rechtzeitig und weitsichtig vor dem Hitlerfaschismus und dem bevorstehenden II. Weltkrieg warnte. Er war ein entschiedener Verfechter der Einheitsfront der Arbeiterklasse. Unter seiner Beteiligung kam es aber auch zu prinzipiellen und schwerwiegenden taktischen Fehlern in der Politik der KPD („Sozialfaschismus-Theorie“ zur Beurteilung rechter SPD-Führer / RGO (Revolutionäre Gewerkschaftsopposition) - Politik angesichts der Ausschlusspolitik rechter Gewerkschaftsführer gegen kämpferische und revolutionäre Arbeiter). Diese Fehler trugen mit dazu bei, dass die von der SPD-Führung betriebene Spaltung der deutschen Arbeiterbewegung nicht überwunden werden konnte. So wurde die Einheitsfront untergraben, die den Sieg des Faschismus in Deutschland hätte verhindern können.
Ernst Thälmann wurde im März 1933 verhaftet. Die Faschisten trauten sich nicht, ihm öffentlich einen Prozess zu machen. Trotz Misshandlungen und langer Kerkerhaft blieb er ungebrochen. Sein weitsichtiges Urteilsvermögen bewies er nach dem Überfall auf die Sowjetunion mit dem berühmt gewordenen Satz „Stalin bricht Hitler das Genick“.
Die Faschisten fürchteten ihn noch über seinen Tod hinaus. Als er am 18. August 1944 heimlich im Konzentrationslager Buchenwald auf ausdrücklichen Befehl Hitlers ermordet wurde, behauptete die Nazi-Propaganda, er sei durch einen alliierten Bombenangriff ums Leben gekommen.
In Westdeutschland legten die Herrschenden nach dem II. Weltkrieg einen Mantel des Schweigens über die revolutionären Traditionen der deutschen Arbeiterbewegung und ihrer Führer wie Ernst Thälmann. In der DDR wurde nach dem Verrat am Sozialismus 1956 sein großes Ansehen missbraucht, um z.B. jede Kritik an der Entwicklung in der Sowjetunion zu unterdrücken. Die Reden und Schriften von Ernst Thälmann sind exklusiv im Verlag Neuer Weg veröffentlicht.
Zur kritischen Würdigung der Politik der KPD unter seiner Führung empfehlen wir besonders:
Willi Dickhut, Briefwechsel über Fragen der Theorie und Praxis des Parteiaufbaus
Willi Dickhut, Gewerkschaften und Klassenkampf
Willi Dickhut, So war's damals ... Tatsachenbericht eines Solinger Arbeiters 1926-1948