Frankfurter Buchmesse 2016: Veranstaltung mit Peter Borgwardt zum Roman "Der Überläufer" von Siegfried Lenz
Im März 2016 kam der Roman von Siegfried Lenz „Der Überläufer“ auf den Buchmarkt, wo er aus dem Stand die Spitzen der Bestsellerlisten eroberte. Über dieses frühe Meisterwerk eines der renommiertesten Schriftsteller der deutschen Nachkriegsgeschichte
– erschienen erst 65 Jahre nach seiner Entstehung und 1,5 Jahre nach dem Tod des Autors – ist seitdem viel Lobendes geschrieben worden. Auch an einer Verfilmung wird bereits gearbeitet.
Offene Fragen zu der Anfang der 1950er-Jahre erfolgten Unterdrückung des Buches stehen allerdings ebenfalls im Raum. Vor allem betreibt die heutige Verlagsleitung eine
unrühmliche Spurenverwischung bezüglich der ganzen Wahrheit: Dass nämlich der 2016 veröffentlichte Roman selbst schon eine zensierte Fassung darstellt. Denn sie trägt den Stempel des damaligen Verlagslektors von Hoffmann und Campe, des ehemaligen SS-Mitglieds Dr. Görner!
Peter Borgwardt durchforschte im Deutschen Literaturarchiv in Marbach die zum Teil handschriftliche Originalfassung von Siegfried Lenz und fasste seine umfangreichen Recherche-Ergebnisse in einem Brief an Daniel Kampa, den verantwortlichen Verlagsleiter
von Hoffmann und Campe, zusammen. Er kam darin zu folgendem Resümee:
„Die erste Fassung des Romans „Der Überläufer“ (Ersttitel: „(In der Heimat) … da gibt’s ein Wiedersehen“) unterscheidet sich in der Form erheblich und im Inhalt wesentlich von der zweiten Fassung. Insbesondere ergibt Fassung Eins einen
anderen Sinn als Fassung Zwei! Dabei sind vor allem die Kapitel 9 und 12 aus dem Jahre 1951 völlig unterschiedlich zur im März 2016 herausgegebenen Ausgabe.“
Obwohl inzwischen mehrere Zeitungsartikel mit Enthüllungen der Hintergründe erschienen sind, schweigt die Verlagsleitung von Hoffmann und Campe zu den Vorwürfen und vor allem auch zu der Forderung, die unzensierte Originalfassung von Siegfried Lenz zu veröffentlichen.
Bilden Sie sich selbst eine Meinung zu diesem beispiellosen Vorgang in der
deutschen Literaturgeschichte!
Peter Borgwardt liest Auszüge aus seinem Brief an die Verlagsleitung von Hoffmann und Campe und stellt Originalzitate aus der ersten Fassung des „Überläufer“ vor. Danach kann
diskutiert werden, unter anderem die Frage, was Siegfried Lenz mit seinem Roman wirklich sagen wollte und warum man dies von offizieller Seite offenbar bis auf den heutigen Tag nicht hören will.
Versprochen wird eine außergewöhnliche Literaturstunde!
Begegnungszentrum im Stadtteil Gallus, Frankfurt/M, Frankenallee 206, Freitag, den 21. 10. 2016, Beginn 19 Uhr, Einlass 18 Uhr
Zur Person:
Peter Borgwardt ist 63 Jahre
Journalist aus Stuttgart
Autor im Verlag Neuer Weg