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Die Krise der bürgerlichen Ideologie und des Antikommunismus

Monatsbeitrag der MLPD, Mai 2021

 

Eine neue Nummer des REVOLUTIONÄRER WEG, dem theoretischen Organ der MLPD ist erschienen mit dem Titel "Die Krise der bürgerlichen Ideologie und des Antikommunismus".

Das Buch wird als Beitrag der MLPD für die internationale Diskussion auch in verschiedene Sprachen übersetzt. Hiermit veröffentlichen wir vorab die Einleitung des Buches als ICOR-Monatsbeitrag.

Einleitung

Die Neuorganisation der internationalen Produktion seit den 1990er-Jahren hat eine neue historische Umbruchphase vom Kapitalismus zum Sozialismus eingeleitet. 2008 bis 2014 tobte die bis dahin tiefste und umfassendste Weltwirtschafts- und Finanzkrise in der Geschichte des Kapitalismus. Sie stürzte das ganze imperialistische Weltsystem samt internationalisierter Produktion und weltumspannendem Handel in eine tiefe und umfassende Krise. Das löste gewaltige Veränderungen im Überbau des imperialistischen Weltsystems aus, sowohl in der Politik als auch in der Ideologie.

Wirtschaftliche, politische und ökologische Krisen erschüttern bei immer mehr Menschen auf der Welt das Vertrauen in das herrschende Gesellschaftssystem. Sie müssen die Auswirkungen der Krisenhaftigkeit der imperialistischen Länder ausbaden und erleben die erbärmliche Unfähigkeit der Herrschenden, die Probleme zu lösen. Die Zweifel wachsen, dass die Verhältnisse jemals besser werden, wenn sich nicht Entscheidendes ändert. Der Kampf um das Verständnis, welche Ursachen die Verschlechterungen haben und welche alternativen Entwicklungen möglich und anzustreben sind, ist entbrannt. Immer mehr Menschen wünschen sich gesellschaftliche Alternativen, viele sind sich aber über Ziel und Weg noch nicht im Klaren.

Der verschärfte imperialistische Konkurrenzdruck befeuert überall die Tendenz zur offenen Diktatur und zur aggressiven offenen Reaktion des allein herrschenden internationalen Finanzkapitals nach innen und außen. Eine allgemeine Rechtsent­wicklung der Regierungen, der bürgerlichen Parteien, der Medien, der Kultur sowie unter einem Teil der Massen entstand und entwickelte sich.

In vielen Ländern übernahmen ultrareaktionäre, faschistoide oder neofaschistische, rassistische, nationalistische und chauvinistische Regierungen das Ruder oder änderten ihre Herrschaftsmethode: Trump in den USA, Erdoğan in der Türkei, Putin in Russland, Modi in Indien, Bolsonaro in Brasilien, Orbán in Ungarn, Kaczynski in Polen oder Johnson in Großbritannien.

Als besonderes Merkmal setzen sich diese Regierungen mehr oder weniger über den Konsens internationaler Regeln zwischen den Monopolen und den imperialistischen Staaten hinweg und ignorieren geltende bürgerlich-demokratische Gesetze und Gepflogenheiten. Sie verfolgen eine rigorose Ausrichtung auf die nationalen Interessen und stellen wichtige Säulen der bürgerlichen Demokratie infrage.

Sie bauen demokratische Rechte und Freiheiten ab und beschleunigen die Faschisierung der Staatsapparate und die Militarisierung der Gesellschaft. Dazu fördern sie völkische und faschistische Organisationen und deren Propaganda. Sie heben Schritt für Schritt den noch bestehenden Schutz von Minderheiten auf und bauen das Recht auf Flucht und das Asylrecht ab. Sie schränken die relative Unabhängigkeit der Gerichte ein, verbreiten »Fake News«1 und attackieren die bürgerlich-liberale Presse. Parlamente und Institutionen der bürgerlichen Demokratie werden mehr oder minder übergangen. Sie treiben die militärische Aufrüstung massiv in die Höhe, attackieren erkämpfte Frauenrechte und beschleunigen die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen. Während der Corona-Pandemie bagatellisieren sie das neue ­Virus SARS-CoV-2, unterminieren so in menschenverachtender Weise den notwendigen Gesundheitsschutz. Sie riskieren die Gesundheit der Bevölkerung und haben Zigtausend vermeidbare Corona-Tote zu verantworten. Ihre zentrale Leitlinie ist, sämtliche gravierende Belastungen des wirtschaftlichen Lebens, insbesondere der Maximalprofit schaffenden Industrieproduktion der internationalen Monopole, möglichst zu vermeiden.

Das neuimperialistische China gaukelt der Weltöffentlichkeit immer noch vor, ein sozialistisches Land zu sein. Im Zuge seines atemberaubenden Erobe­rungsfeldzugs auf dem Weltmarkt entdeckte ein wachsender Teil des internationalen Finanzkapitals, dass Chinas stark eingeschränkte bürgerliche Demokratie im Konkurrenzkampf viele Vorteile gegenüber der liberalen bürgerlich-parlamentarischen Demokratie hat. Die Monopole liebäugeln damit, unmittelbarer und schneller auf die gesamten Ressourcen des Staatsapparats, der Produktion und der Massenmedien zugreifen zu können und kaum Rücksicht nehmen zu müssen auf demokratische Regeln, Rechte und Freiheiten der Massen, auf einschränkende Gesetze oder Kritik der Massenmedien.

Die allgemeine Rechtsentwicklung wurde verstärkt durch die internationale Krise der Flüchtlingspolitik der imperialistischen Länder, die sich 2015 rasant verschärfte und die EU in eine offene Krise stürzte.

Länderübergreifende oder globale Organisationen wie die Europäische Union (EU), die Vereinten Nationen (UNO), der militärische Nordatlantikpakt (NATO), der Internationale Währungsfonds (IWF) oder auch die Welthandelsorganisation (WTO) gerieten in offene Krisen. Die Infragestellung oder Auflösung weltweiter Regeln und UNO-Beschlüsse ausgehend von den USA stürzte imperialistische und neuimperialistische Länder in wirtschaftliche und politische Krisen. So der offene Handelskrieg der USA mit China, die Aufkündigung des Atomwaffenabkommens mit dem Iran, der Austritt aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und dem Pariser Klimaabkommen oder die Aufhebung der UNO-Beschlüsse zum Schutz der Palästinenser.

Auf der Basis der chronischen Überakkumulation des Kapitals wurde diese Politik Mitte 2018 zum Auslöser einer neuen Weltwirtschafts- und Finanzkrise. Sie entfaltete sich mit voller Wucht in Wechselwirkung mit der Corona-Pandemie Anfang 2020 und beschleunigte in der gesamten kapitalistischen Welt einen drastischen, in Ausmaß und Breite bis dahin nicht gekannten Krisenabschwung.

Weitere neue Brandherde zwischenimperialistischer Wi­dersprüche entstanden um die Vorherrschaft im Südchinesischen Meer, in der Karibik, im Nahen und Mittleren Osten, in Nord- und Zentralafrika, in ehemaligen Sowjetrepubliken oder im östlichen Mittelmeer. Die imperialistischen Großmächte drohten direkt aneinanderzugeraten, wodurch die allgemeine Gefahr eines Dritten Weltkriegs enorm wuchs.

Die globale Umweltkrise verschärft sich zunehmend. Neue Erkenntnisse und Beobachtungen vor allem über die dramatische Erderwärmung sowie neuartige Zerstörungen in der Biosphäre führten weltweit zu einem allgemeinen Erwachen des Umweltbewusstseins der Massen. Das ist auch eine Reaktion auf die offene Aufkündigung des Umweltschutzes durch den ehemaligen US-Präsidenten Trump. Unter der Jugend entstand eine Millionen zählende länder­übergreifend koordinierte Widerstandsbewegung zur Rettung des Weltklimas. Die herrschenden internationalen Monopole gerieten mehr und mehr in den Fokus des Kampfs zur Rettung der Umwelt vor einer globalen Katastrophe.

Die verstärkte Krisenhaftigkeit des imperialistischen Weltsystems spiegelt sich im Bewusstsein der Massen wider als ver­schärfte Polarisierung zwischen einer reaktionären, chauvinistischen beziehungsweise faschistoiden Tendenz und einem fort­schrittlichen Stimmungsumschwung. Die Massenbasis der meisten herkömmlichen bürgerlichen Par­teien bricht weg. Die Regie­rungsbildung in den einzelnen Ländern wird immer kom­plizierter.

Der fortschrittliche Stimmungsumschwung unter den Mas­sen äußert sich in spontanen Protesten, Demonstrationen, Streiks, Aufständen und aufstandsähnlichen Massenprotesten an wechselnden Brennpunkten auf der Welt. Das spontane Aufbegehren der Massen gegen die Alleinherrschaft des internationalen Finanzkapitals steht immer öfter unter dem Einfluss revolutionärer Kräfte.

Insbesondere die Sozialdemokratie stürzte mit dem Bankrott der Schröder/Fischer-Regierung 2005 in eine tiefe und langanhaltende Krise, die den von ihr ausgehenden Reformismus empfindlich schwächt. Das fördert einerseits vor allem in der Arbeiterbewegung den Weg zur Arbeiteroffensive und einen wachsenden Einfluss des wissenschaftlichen Sozialismus. Andererseits gewinnen nationalisti­sche, ultrareaktionäre, faschistische oder faschistoide Parteien und Bewegungen verstärkt an Boden, unterstützt von offen reaktionären Teilen der bürgerlichen Massenmedien: so die AfD in Deutschland, der Rassemblement National in Frankreich, die AKP in der Türkei, die Freiheitliche Partei Österreichs, die Republikaner unter Trump in den USA oder die Lega in Italien.

Zusätzlich zum modernen Antikommunismus betritt nun verstärkt wieder der offen reaktionäre Antikommunismus die politische Bühne. Der Kampf zwischen dem Anti­kommunismus und dem wissenschaftlichen Sozialismus ver­schärft sich in allen Bereichen der Gesellschaft. Mit dem Anti­kommunismus verschiedenster Couleur fertigzuwerden, ist auf dem Hintergrund der tiefen Krisen des Reformismus und des modernen Revisionismus inzwischen zur Schlüsselfrage in der Bewusstseinsbildung der Mas­sen geworden.

Die verschärfte Krisenhaftigkeit des imperialistischen Weltsystems lässt auch die latente Krise der bürgerlichen Ideologie immer häufiger offen hervortreten. Seit den 1990er-Jahren, also dem Beginn der Neu­organisation der internationalen Produktion, wurde das gesellschaftliche System der kleinbürgerlichen Denk­weise zur vorherrschenden Form der bürgerlichen Ideologie in den kapitalistischen Ländern. Es zielt darauf ab, die wachsende Unzu­friedenheit der Massen in systemkonforme Bahnen zu lenken.

Die kleinbürgerliche Denkweise macht sich solidarische, gesellschaftskritische Anschau­ungen, Forderungen, Tradi­tio­nen, Gefühle und Verhaltenswei­sen der Arbeiterklasse und der breiten Massen scheinbar zu ei­gen.

Das System der kleinbürgerlichen Denkweise bildet in Deutschland noch die Hauptseite der Regierungsmethode, weil die Herrschenden die Verschärfung des Klassenkampfs möglichst vermeiden wollen. Es hat jedoch durch die Krisenhaftigkeit des imperialistischen Weltsystems und den Verarbeitungsprozess unter den Massen erheblich an Wirkung verloren.

Das gilt auch für die herkömmlichen Lebenslügen des staats­monopolistischen Kapitalismus, die nach dem Zweiten Weltkrieg von den Herrschenden im Kampf gegen das gewachsene sozialistische Lager mühsam konstruiert wurden. Unter den Massen sind die Phrasen von der »sozialen Marktwirtschaft«, vom »Sozialstaat«, von der »friedlichen Außenpolitik«, vom »freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat«, der »Gleichberechtigung von Mann und Frau« oder der »Vereinbarkeit von Ökologie und Ökonomie« zunehmend verpönt, weil sie mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit nur wenig oder gar nichts zu tun haben. Das kapitalistische Gesellschaftssystem verliert deutlich an Bindungskraft.

Kern des Systems der kleinbürgerlichen Denkweise ist die kleinbürgerlich-antikommunistische Denkweise als ein Damm gegen den wissenschaftlichen Sozialismus. Sie wird gespeist vom modernen Antikommunismus.

Dieser gibt sich kapitalismuskritisch, zugleich verunglimpft er den Kampf für eine sozialistische Gesellschaft und die Ideale des Kommunismus als »stalinistischen« oder »maoistischen Terror« oder lässt ihn als aussichtslos erscheinen. Dabei macht sich der moderne Antikommunismus demagogisch die negativen Erfahrungen der Massen mit dem Verrat am Sozialismus und dem restaurierten bürokratischen Kapitalismus in ehemals sozialistischen Ländern sowie mit dem gescheiterten revisionistischen Projekt des »Sozialismus des 21. Jahrhunderts« in Lateinamerika zunutze. Zu Hilfe kommen ihm die verschiedenen Schattierungen des Revisionismus.

Die reaktionäre Antwort auf die Krise des Systems der kleinbürgerlichen Denkweise ist die Renaissance reak­tio­närer Varianten der bürgerlichen Ideologie und ihre Modifikation für die heutige Zeit.

Der weltanschauliche Kampf entbrennt heute sowohl zwischen dem allein herrschenden internationalen Monopolkapital und dem internationalen Proletariat als auch innerhalb der Bourgeoisie zwischen den sich liberal-demokratisch gebenden Kräften und dem offen reaktionären Teil des Monopolkapitals. Dieser ideologische Wirrwarr verkompliziert die Situation ungemein und befeuert den Kampf zwischen proletarischer und kleinbürgerlicher Denkweise unter den Massen außerordentlich.

Das Bewusstsein der Arbeiter-, Volks-, Frauen- und Jugendbewegung hält mit den komplizierter werdenden gesellschaftlichen Verhältnissen des Imperialismus im Allgemeinen noch nicht Schritt. Ihnen fehlt noch die selbständige Orientierung und eine wegweisende sozialistische Weltanschauung. Das macht sie anfällig für allerlei opportunistische, reformistische, revisionistische, anarchistische oder auch sozialchauvinistische Einflüsse. Am stärksten wirkt jedoch gegenwärtig der Einfluss der kleinbürgerlich-antikommunistischen Denkweise.

Das Scheitern des Krisenmanagements während der Weltwirtschafts- und Finanzkrise, die mit der Corona-Pandemie in Wechselwirkung steht, hat Mitte des Jahres 2020 eine beschleunigte Tendenz zur Herausbildung einer gesamtgesellschaftlichen Krise des im­perialistischen Weltsystems hervorgebracht. Erstmals seit vielen Jahrzehnten kann auf diesem Bo­den eine revolutionäre Krise im internationalen Maßstab entstehen. Unter allen Umständen wollen die allein herr­schenden internationalen Monopole eine solche Entwicklung verhindern.

In den Krisenprogrammen der imperialistischen Regierungen werden die Krisenlasten drastisch auf die Arbeiterklasse und die breiten Massen abgewälzt. Zugleich werden auch krisendämpfende Zugeständnisse wie Überbrückungsgelder an kleinbürgerliche Existenzen oder Kurzarbeitergeld gewährt.

Letztlich sind die Herrschenden bereit, revolutionäre Bewegungen mit Gewalt niederzuschlagen. Das unterstreichen sie durch ihren international proklamierten und koordinierten Kampf gegen den »Terrorismus«. Die Fa­schisierung ihrer Staatsapparate ist die praktische Vorbereitung auf die Konterrevolution.

Digitalisierung und Internet bedeuten einen historischen Fortschritt in der Entwicklung der Produktivkräfte. Sie treiben die materielle Vorbereitung des Sozialismus voran. Das Internet erleichtert länderübergreifende Kommunikation der Massen, ihren Zugang zu Wissenschaft, Bildung, technischem Knowhow sowie Austausch der Kultur und bietet auch wichtige organisierende Möglichkeiten.

Inzwischen haben sich jedoch die herrschenden Monopole das Internet als neue wirksame Methode der Massen­beeinflussung nahezu vollständig untergeordnet. Sie erreichen über die »sozialen Medien« unmittelbar die Herzen und Hirne der brei­ten Massen, insbesondere der Jugend. Die neuen faschistischen, völkischen und reaktionären Bewegungen und Parteien konnten sich vor allem über das Internet gesellschaftlich etablieren und ihren Einfluss unter einem wachsenden Teil der Massen festigen.

Es gehört zu den modernen Lebenslügen der staatsmono­polistischen Herrschaftsausübung, dass das Internet vor allem die unabhängige demokratische Willensbildung fördern würde. Das Internet vermittelt eine Fülle von Informationen mit einer spontan kaum zu durch­schauenden Mischung von bürgerlichen, kleinbürgerlichen und proletarischen Ansichten und Methoden. Die Funktions­weise der sozialen Medien und die Flut an oberflächlichen und vereinfachenden Informationen entwöhnt von gründlichem Nachdenken sowie Lesen von Büchern und Zeitschriften. So werden geistige Kurzatmigkeit, Oberflächlichkeit und hauptsächlich gefühlsmäßig geprägtes Denken und Handeln gefördert. Die gewachsene Neigung, sich über Internet zu verabreden, zu vernetzen oder sich bei der Organisierung von Aktionen allein vom Internet abhängig zu machen, setzt fahrlässig alle Beteiligten der Beobachtung und dem Zugriff des Staatsapparats und seiner Geheimdienste aus.

Ohne einen festen proletarischen Klassenstandpunkt und dialektisch-materialistisches Herangehen an die komplizierte gesellschaftli­che Wirklichkeit ist eine selbständige Orientierung der Massen nur einge­schränkt möglich.

Bei allem Unheil, das die bürgerlichen und kleinbürgerlichen Strömungen im Denken, Fühlen und Handeln der Massen anrichten – allmächtig sind sie nicht! So sind sie nicht in der Lage, die Massen nachhaltig an den Kapitalismus zu binden und das Ansehen des Sozialismus auszulöschen. Letztlich wiegen die praktischen Erfahrungen der wachsenden Aus­beutung und Armut, der fortschreitenden Ruinierung kleinbürgerlicher oder kleinbäuerlicher Existenzen, der dramatischen Umweltzerstörung, der zunehmenden Ungerechtigkeit, von Krieg und Kriegsgefahr sowie ihre Verarbeitung in der gesellschaftlichen Polarisierung viel schwerer.

Die Herrschenden können objektive Gesetzmä­ßigkeiten der kapitalistischen Gesellschaft nicht beliebig außer Kraft setzen. Der Klassenkampf der Arbeiter, der aktive Volkswiderstand der Massen und die Rebellion der Jugend stellen sich ihnen immer wieder in den Weg. In der Folge wurden reaktionäre Präsidenten oder Regierungen in Argentinien, Spa­nien, Italien, Österreich, Irland, der Ukraine ebenso wie in den USA wieder abgewählt. Das menschenverachtende Krisenmanagement von Trump in den USA oder Bolsonaro in Brasilien in der Weltwirtschafts- und Fi­nanzkrise sowie der Corona-Pandemie hat die Massenbasis dieser faschistischen Machthaber empfindlich zersetzt und den Kampf der Arbeiter-, Volks- und Jugendbewegung beflügelt. Der fortschrittliche Stimmungsumschwung unter den Massen geht tendenziell in eine antikapitalistische Stimmung über.

Ein erheblicher Teil der breiten Massen sieht die politische Alternative noch in sozial­demokratischen, kleinbürgerlich-ökologistischen, revisionistischen oder linksre­formistischen Parteien und Konzepten. Grundlage dafür ist eine noch stark wir­kende kleinbürgerliche Denkweise.

Innerhalb des fortschrittlichen Stim­mungsumschwungs entfaltet sich so ein lebhafter Kampf zwi­schen verschiedenen Varianten der kleinbürgerlichen Denkweise und der proletarischen Denkweise, zwi­schen dem wissenschaftlichen Sozialismus und der bürgerlichen Ideologie mit ihrem Antikommunismus als Kern.

Die Herrschenden begegnen dem Linkstrend unter den Massen aus der Defensive heraus mit einer neuen Offensive des Antikommunismus und der verstärkten Unterdrückung der revolutionären Theorie und Praxis. Regierung und Geheimdienste in Deutschland konnten jedoch nicht verhin­dern, dass die MLPD in eine neue gesamtgesellschaftliche Rolle hin­einwuchs und ihre von der Bourgeoisie verursachte relative Isolierung nachhaltig überwand. Das offenbart die allgemeine Unfähigkeit der Herrschenden, mit dem wachsenden marxistisch-leninistischen Einfluss auf die Massen fertigzuwerden.

Die Staatsreligion des Antikommunismus steckt selbst in einer Krise. Die böswillige Gleichsetzung von links und rechts, von Faschismus und Kommunismus galt jahrzehntelang als selbstverständlicher Konsens der bürgerlichen Gesellschaft. Dieser gerät zunehmend in die Kritik und wird inzwischen von einem wachsenden Teil der Bevölkerung infrage gestellt.

Die Marxisten-Leninisten müssen die gegenwärtige gesellschaftliche Kulmination mit einer weltanschaulichen Offensive des wis­senschaftlichen Sozialismus beantworten. Sie müssen den Kampf gegen den Antikommunismus unter einer stets wach­senden Masse und gemeinsam mit ihr austragen. Dieser weltanschauliche Kampf ist ein unverzichtbares Vorgefecht der in­ternationalen sozialistischen Revolution.

Die Lehre von der Denkweise ist ein sicherer Navigator durch diesen entfalteten gesellschaftlichen Kampf um die Denkweise. Ihr weltanschaulicher Ausgangspunkt ist Lenins Schrift »Materialismus und Empiriokritizis­mus«. Lenin stellte darin der irreführenden Behauptung damaliger kleinbürgerlicher Theoretiker, Materialismus und Idealismus seien zu vereinigen, die in sich geschlossene marxistisch-leninistische Theorie und dialektisch-materialistische Methode des wissenschaftlichen Sozialismus gegenüber.

Seit Anfang der 1990er-Jahre war es gängige Methode und Praxis der Regierungen und aller bürgerlichen Parteien, ein­schließlich der »Grünen« und der Partei »DIE LINKE«, das von Krisen gebeutelte imperialistische Weltsystem als »alternativlos«, »reformierbar« und »immer noch bestes aller Systeme« zu rechtfertigen. Allerlei Begrifflichkeiten werden erfunden oder modifiziert, die den Klassencharakter und die agierenden Kräfte der Gesellschaft und die allgemeine Krisenhaftigkeit vertuschen sollen. Die heillose weltanschauliche Verwirrung, die die Herrschen­den in der Arbeiterklasse und unter den Massen verbreiten, muss aufgelöst werden. Die Arbeiterklasse kann ihren Weg des Kampfs um Befreiung von Ausbeutung und Unterdrückung in einer sozialistischen Gesellschaft nur dann erfolgreich beschreiten, wenn sie mit den verschiedenen Facetten der kleinbürgerlichen Denkweise und mit allen Varianten des Antikommunismus fertigwird, wenn sie weltanschaulich den Sieg des wissenschaftlichen Sozialismus über die bürgerliche Ideologie erringt.

Das ist vor allem mit der Methode der wissenschaftlichen Polemik in Verbindung mit der systemati­schen Kleinarbeit der Marxisten-Leninisten und persönlichen Kampferfahrungen möglich. Die wissenschaftliche Polemik offenbart den realen Antagonismus von Kapitalismus und Sozia­lismus, von Arbeiterklasse und Monopolkapital, von bürgerli­cher und proletarischer Ideologie, von kleinbürgerlicher und proletarischer Denkweise. Sie nennt Ross und Reiter, legt in aller Tiefe und ungeschminkt die bestehenden Meinungsver­schiedenheiten offen und trägt sie bis zu einer Entscheidung aus. Sie beruht auf einer konkreten Analyse des Kampfs um die Denkweise. Dabei ist sie schöpferisch und zeichnet sich stets durch einen Erkenntnisfortschritt für den wissenschaftlichen Sozialismus aus. Gerade in Zeiten der gesellschaftlichen Kulmination und der revolutionären Gärung wird sie zum Gebot der Stunde.

Die internationale marxistisch-leninistische und Arbeiterbe­wegung hat zweifellos ihren Tiefpunkt nach dem revisionistischen Verrat am Sozialismus durchschritten. Sie be­findet sich in einer Phase des Neuaufbaus, der Stärkung sowie der länderübergreifenden Kooperation, Koordination und Vereinigung ihrer Kräfte.

Bei allen bedeutenden Fortschritten sind die revolutionären Parteien und Organisationen aber noch entschieden zu schwach. Zu groß ist deshalb die Verwirrung, die die Herrschenden bislang unter den Massen anrichten können.

Die gesellschaftliche Bedeutung der internationalen marxistisch-leninistischen und Arbeiterbewegung liegt heute vor allem in ihrem revolutionären Potenzial. Dieses kann und wird sich auf der Basis der allgemeinen Krisenhaftigkeit des Imperialismus und der Bewusstseinsbildung unter der Arbeiterklasse und den breiten Massen hin zu einer revolutionären Krise entfalten.

Mit den Büchern »Götterdämmerung über der ›neuen Weltordnung‹«, »Morgen­röte der internationalen sozialistischen Revolution« und »Kata­strophenalarm! Was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur?« hat die MLPD wichtige Grundlagen für diese weltanschauliche Offensive gelegt. Sie beinhalten die Analyse der Neuorganisation der internatio­nalen kapitalistischen Produktion als neue Phase des Imperialismus und der materiellen Vorbereitung des Sozialismus sowie Schlussfolgerungen für die Strategie und Taktik der internationalen sozialistischen Revolution.

Diese ideologisch-politische Verarbeitung sowohl der neuen Erschei­nungen und wesentlichen Veränderungen im imperialistischen Weltsystem als auch ihrer revolutionären Überwindung muss nun durch die weltan­schauliche Seite vervollständigt werden. Dem dienen die vier Nummern der Schrift »Die Krise der bürgerlichen Ideologie und die Lehre von der Denkweise« der Reihe REVOLUTIONÄRER WEG 36 bis 39.

Die schrittweise Veröffentlichung der ersten Nummer 36 »Die Krise der bürgerlichen Ideologie und des Antikommunismus« und dann möglichst zeitnah der weiteren drei Nummern ist dem Umfang der Analyse geschuldet und folgt der Überlegung einer besseren Verarbeitung und Verbreitung.

Viele Mitarbeiter sind notwendig, um das umfassende Ma­terial in einer überschaubaren Zeit und der notwendigen Quali­tät zu bearbeiten. Die Redaktion bedankt sich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, insbesondere bei Monika Gärtner-Engel und Gabi Fechtner, die wesentlichen Anteil an der Fertigstellung des Manuskripts haben.

Die umfangreiche theoretische Analyse des heutigen Klassenkampfs auf weltanschaulichem Gebiet ist eine große Herausforderung an die kollektive Weisheit der MLPD. Sie kann nur in enger Wechselwirkung mit der praktischen Teilnahme am Klassenkampf, der Verarbeitung der Erfahrungen der internationalen marxistisch-leninistischen und Arbeiterbewegung sowie durch die bewusste Anwendung der dialektischen Methode auf der Grundlage der Lehre von der Denkweise und des systemischen Den­kens positiv gemeistert werden.

Stefan Engel, April 2021

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