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Im Moment geht es um den Sturz von Lukaschenko

Gemeinsame Erklärung von drei ICOR-Organisationen: aus Belarus „Roter Keil“, Russland „Marxistisch-Leninistische Plattform“ und Ukraine „Koordinierungsrat der Arbeiterbewegung“, 31.08.2020

 

 

Am 9. August 2020 fanden in der Republik Belarus reguläre Präsidentschaftswahlen statt. Der Wahlkampf war dadurch gekennzeichnet, dass die wichtigsten Personen, die den Ausgang der Wahl beeinflussen könnten, aus dem politischen Feld ausgeschlossen wurden. Folgende Personen wurden verhaftet: der Präsidentschaftskandidat Viktor Babariko, der Stabschef einer der Kandidatinnen, und der Ehemann von Swetlana Tichanowkaja, Sergej Tichanowski.Die Zentrale Wahlkommission zählte nicht mehr als die Hälfte der gesammelten Unterschriften für den Präsidentschaftskandidaten Zepkalo, so dass dieser nicht registriert wurde.
Während des Wahlkampfes hinderten die Behörden die Kandidaten aktiv daran, mit ihren Wählern zu kommunizieren, indem sie die Zeit und die Anzahl der Orte für die Kommunikation zwischen den Kandidaten und ihren Wählern einschränkten. Während der Wahlkundgebungen kam es zu selektiven Verhaftungen von Bürgern.
Nach der Bekanntgabe der vorläufigen Wahlergebnisse am 9. August 2020 wurde eine friedliche Versammlung von Bürgern, die gegen den Wahlbetrug protestieren wollten, von Sonderpolizei und Innenministeriumstruppen mit "Gummi"-Geschossen, Blendgranaten und Wasserwerfern brutal unterdrückt. Mitarbeiter des Innenministeriums fuhren mit Autos in die Demonstranten und schossen auf sie. In der ersten Nacht nach der Wahl wurden etwa 3000 Bürger in verschiedenen belarussischen Städten, hauptsächlich in der Hauptstadt der Republik, verhaftet. Unter ihnen befanden sich viele Presseleute, u. a.auch aus der Russischen Föderation und der Europäischen Union, die gekommen waren, um über die Durchführung der Wahlen in Belarus zu berichten. Um die Verbreitung von Informationen über das Geschehen auf den Straßen und die Möglichkeit der Mobilisierung und Selbstorganisation der Bürger einzuschränken, schalteten die Behörden das Internet, einschließlich Proxy- und vpn-Server, ab.
Die Konfrontation zwischen Bürgern und Miliz hielt drei Nächte lang an. Während dieser Zeit wurden mehr als 7000 Bürger verhaftet, darunter viele Journalisten, Arbeiter und Aktivisten aus verschiedenen Parteien und Bewegungen, darunter auch Linke. Der Zugang zu Informationen war und ist nach wie vor erheblich eingeschränkt. Hunderte von Menschen wurden in unterschiedlichem Ausmaß verletzt. Drei Menschen wurden getötet. Alexander Taraikowski - von der Miliz in der Nähe der U-Bahn-Station Puschkinskaja in Minsk erschossen. Alexander Vichor - von Polizisten in Gomel zu Tode geprügelt. Gennadi Schutow - Kopfschuss in Brest. Derzeit werden mehr als 10 Personen vermisst.
Wie sich nach der Freilassung der Gefangenen herausstellte, waren die Menschen in den Polizeidienststellen Folter, Schlägen, sexuellem Missbrauch ausgesetzt, sie durften nicht auf die Toiletten, erhielten nichts zu essen und nur wenig Wasser, man ließ sie nicht schlafen. Medizinische Hilfe wurde nur dann geleistet, wenn die Innenministeriums-Beamten merkten, dass ein Häftling sonst sterben könnte.
Ab dem 12. August traten die Proteste in eine friedliche Phase ein. Die Belegschaften der Arbeiter begannen über einen Streik in der ganzen Republik gegen Wahlbetrug und Polizeigewalt zu sprechen. Leider wurden die meisten Streikenden unterdrückt. Drohungen und tatsächliche Entlassungen von Arbeitsplätzen, Drohungen, den durch den Streik verursachten Schaden wiedergutmachen zu müssen, Wohnungsentzug (ein erheblicher Teil der Beschäftigten und ihrer Familien lebt in Wohnungen und Wohnheimen, die den Fabriken gehören), Ordnungsverfahren und Inhaftierungen von Aktivisten der Streikkomitees. Insbesondere wurden Sergei Dylewski, Vorsitzender des Streikkomitees des Minsker Traktorenwerks, und Aleksandr Lavrynowitsch, Vorsitzender des Streikkomitees des Minsker Radschlepperwerks, festgenommen. Gegenwärtig führen die Beschäftigten vieler großer Unternehmen mit aktivem Streikkomitee einen "italienischen Streik" durch, treten aus den offiziellen Gewerkschaften aus und bereiten die Gründung eigener Gewerkschaften vor.
Am 16. und 23. August fanden in Minsk Protestmärsche statt, an denen über 200 000 Menschen teilnahmen. Die Märsche wurden von den meisten Siedlungen in Belarus unterstützt. Die Behörden führten Innenministeriumstruppen und Milizen gegen sie heraus. Am 23. August kamen reguläre Militäreinheiten mit gepanzerten Mannschaftstransportern und tödlicher Bewaffnung hinzu. Lukaschenko drohte, dass er im Falle von "Provokationen" tödliche Waffen gegen Demonstranten einsetzen werde.
Die Lage in Belarus ändert sich von Tag zu Tag. Wir sind uns darüber im Klaren, dass nicht alle Teilnehmer an den Protesten und alle die, die zur Macht streben, für die sozialistische Idee arbeiten. Aber im Moment geht es um den Sturz des Usurpators, der die Rechte der Bevölkerung (und vor allem der Belegschaften der Betriebe) auf dem Gebiet der Demokratie, Versammlungs- und Meinungsfreiheit maximal eingeschränkt hat. Einen Menschen, der die Rechte und Freiheiten aller Belarussen unabhängig von politischen Ansichten, Religion, Alter und Geschlecht geändert hat.
Während all der Jahre seiner Herrschaft versuchte Lukaschenko, seine Macht als "sozialistisches" Regime auszugeben, das soziale Gerechtigkeit und den Schutz der Bürger durch den Staat über alles andere stellt. All diese Jahre war es für Linke klar, dass Regime Lukaschenkos nichts mit sozialer Gerechtigkeit zu tun hatte, da es nicht gerecht war, das Proletariat mit wenig Lohn, ohne Arbeitslosengeld und ohne freie Gewerkschaften am Arbeitsplatz zu halten. Das gesamte Machtsystem in Belarus richtet sich gegen die arbeitenden Menschen, denen die Freiheit des Denkens und der eigenen Meinung völlig vorenthalten wird. Die Gesetze werden so umgeschrieben, dass er (der Arbeiter, Anm.d.Übers.) kein Streikrecht, kein Versammlungsrecht und nicht einmal das Recht hat, an seinem Arbeitsplatz seine Meinung zu äußern. Für jegliche Handlungen und Äußerungen kann er entlassen, der Zusatzlöhne zu seinem kläglichen Lohn und seiner Wohnung beraubt werden und seine Kinder können unter die Vormundschaft des Staates gestellt werden. Was Lukaschenko einen "Sozialstaat" nennt, ist in Wirklichkeit ein Konzentrationslager mit wirtschaftlichen Erleichterungen, damit die Menschen mit dem staatlichen Kurs einverstanden sind.

Trotz der Proteste und der offensichtlichen Illegitimität des gegenwärtigen Regimes ist es immer noch möglich, dass es bestehen bleibt. Mit Waffengewalt und Propaganda kann es sich über Wasser halten. Doch in den nächsten sechs Monaten wird es mit einer massiven Auswanderungswelle, Abwertung und einer katastrophalen Verschlechterung des Lebensstandards der Bevölkerung konfrontiert sein, was zu einer neuen Protestwelle und einem Sturz des Regimes führen wird.
Wir sagen entschieden nein zu:
- Machtusurpation
- Wahlbetrug
- Polizeigewalt
- Verletzung von Menschenrechten
- Verletzung der Versammlungsfreiheit
Lukaschenko und seine Gefolgsleute, sind nicht einmal ein Papiertiger, sondern nur ein Schatten davon. Und es braucht nur die ersten Sonnenstrahlen, um diesen zu zerstreuen. Lebe auf, Belarus!

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