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Erklärung zu den rassistischen Angriffen in Deutschland

ICOR-Resolution, 23. März 2020

 

Am 20. Februar 2020 ermordete ein rassistischer und faschistischer Mörder in Hanau neun Menschen und verwundete mehrere Dutzend andere Menschen schwer. Wir erinnern an Ferhat Unvar, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Fatih Saraçoğlu, Vili Viorel Paun, Sedat Gürbüz, Said Hashemi, Gökhan Gültekin, Kalojan Velkow. Wir drücken allen Angehörigen und FreundInnen der ermordeten Opfer, und den überlebenden Opfern des Anschlags unser tiefes Mitgefühl aus. Er attackierte zwei Shisha-Bars, bevor er sich umbrachte. In Halle verübte am 9. Oktober ein Faschist, einen antisemitischen, rassistischen Angriff auf die Synagoge sowie einen Imbiss und ermordete zwei und verletzte mehrere Menschen. Im Juni 2019 wurde der CDU- Regierungspräsident von Hessen mit einem Kopfschuss hingerichtet. Der Hauptangeklagte war in Nazinetzwerken und in Zusammenarbeit mit der NPD (Nationaldemokratische Partei Deutschlands), einer deutschen Neonazi-Partei unterwegs. Im gleichen Zeitraum kam es zu einem kurzzeitigen Wahlsieg eines FDP- Kandidaten zum Ministerpräsidenten durch eine Einigung zwischen FDP (Liberale) - CDU (Konservative) - AfD (Faschisten). Dieses Abkommen in Thüringen - mit dem Die Linke, die linke Reformpartei, vertrieben werden sollte - wurde schnell als Handschlag der Schande angeprangert. Aber es hat einen Präzedenzfall geschaffen: Vereinbarungen auf Regierungsebene sind jetzt denkbar.1 Als Folge der unmittelbaren Demonstrationen von Zehntausenden von Menschen mussten die bürgerlichen Parteien vorerst auf den Bruch dieses Tabus verzichten.


Diese Situationen offenbaren sowohl den parlamentarischen als auch den außerparlamentarischen versuchten Durchbruch der faschistischen Partei AfD. Das geht mit einer Legitimierung ihres Diskurses einher. Sie ist nicht spezifisch für Deutschland, aber es ist beunruhigend, dass sie sich gerade in diesem Land äußert. Das liegt sowohl an der Geschichte des deutschen Imperialismus, der Diktatur des Faschismus, des Genozid an den europäischen Juden, Roma und Sinti, dem Anzetteln von zwei mörderischen Weltkriegen, dem Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion als auch an dem immensen Gewicht, das dieser Staat in der Europäischen Union heute darstellt.
Das Erstarken des Faschismus und Rassismus ist weltweit vielen Staaten gemeinsam und spiegelt einen starken Trend wider. Ein Trend, der durch die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage, durch die Gier der Bourgeoisie angeheizt wird. Eine fortschreitende Zerstörung der demokratischen Rechte, die Faschisierung des Staatsapparates, ... kurz gesagt, der Druck wächst. Der ständige Kampf gegen fortschrittliche revolutionäre Ideen bedeutet, dass politische Äußerungen dieses Zornes in die heftigste Reaktion umschlagen können. Die Bourgeoisie freut sich darüber.
Das rassistische und giftige Klima wurde mit einer demokratischen und juristischen Fassade versehen, indem man offiziell auf Kritik am IS, am Islamismus abhebt, damit aber anti-islamische Hetze befeuert. Die Worte des deutschen Innenministers sind nach wie vor präsent: "Die Migration ist die Mutter aller Probleme!" Dies sind die wahren rassistischen und im Grunde faschistischen Wurzeln des Problems. Dies ist seine primäre Grundlage, sein primärer Charakter. Das Herz des Faschismus ist die völkische Ausrottungsstrategie gegenüber allen „Nicht Blutdeutschen“, die Unterdrückung der revolutionären Arbeiterbewegung, der Hass auf den Sozialismus und ein offener, aggressiver Antikommunismus. Angesichts dessen verteidigen die bürgerlichen Parteien die Idee, dass es sich um einen "schrecklichen Hass", um „irre Einzeltäter“, allenfalls um Rassismus handeln würde. Damit soll das Ausmaß des faschistischen Terrors heruntergeredet und beschönigt werden.

Häufig werden diese Mörder als allein operierende, einsame Wölfe dargestellt. Aber dahinter stehen international und national agierende rassistisch-faschistische Netzwerke. Die logistische Unterstützung, die Verbreitung ihrer Mordaufrufe und systematischen Hasstiraden wird von faschistischen Strömungen und Untergrundorganisationen, auch im Internet, getragen. Diese gemeinsame Verantwortung liegt auf mehreren Ebenen.

  • Eine moralische Komplizenschaft von reaktionären Agitatoren.

  • Eine praktische Komplizenschaft seitens des Staatsapparates. Neonazistische oder faschistische Netzwerke profitieren von der Zusammenarbeit mit Strukturen der Polizei, der Nachrichtendienste oder der Justiz. Der NSU-Skandal im Jahr 2011 hat eine tiefe Verflechtung der Nazi-Mörder mit Teilen des deutschen Geheimdienstes und Teilen des deutschen Staates offenbart.

  • Ein mediales Schweigen, aber auch eine kontinuierliche Hervorhebung und Präsenz der AfD in allen Fernsehdebatten, in denen Formulierungen verwendet werden, die sich dem politischen Charakter des Verbrechens entziehen.

  • Strategische Unterstützung: Das deutsche Finanzkapital sieht die Existenz dieser Gruppen und den Einfluss ihrer Ideologie als eine Gegenversicherung für den Fall, dass die demokratischen Schnittstellen versagen. Die faschistoide bzw. in Teilen faschistische AfD und die zunehmende Faschisierung sind eine Option des imperialistischen BRD-Staates. Wenn sich Krisen verschärfen, wenn Klassenkämpfe sich breit entwickeln, wenn sich die Widersprüche der Großmächte zu imperialistischen Kriegen entwickeln, dann werden die Herrschenden auf diese Form der Diktatur der Bourgeoisie zurückgreifen wollen, den Faschismus an der Macht setzen wollen.

Wir verurteilen diese Angriffe, und wir verurteilen auch die direkten und indirekten Komplizen dieser Angriffe.

Die Einzigen, die die Interessen des Volkes, die Interessen der Ausgebeuteten und Unterdrückten wirklich und grundlegend verteidigen, sind diejenigen, die gegen das imperialistische und kapitalistische System, den Faschismus und die Reaktion kämpfen.

Unsere Gedanken sind bei den Opfern dieser grauenhaften Angriffe. Diese Angriffe sind um so grauenhafter als die Angehörigen der Opfer und die Überlebenden selten Gerechtigkeit erfahren. Geben wir ihnen eine Stimme.

Die ICOR begrüßt die Serie von Massendemonstrationen, die seit den Angriffen von Hanau täglich in vielen deutschen Städten stattfinden. Zehntausende von Menschen demonstrieren nicht nur, sondern reden auch in der Nachbarschaft, am Arbeitsplatz und in der Familie. Die bürgerlichen Parteien haben erkannt, dass ihre Art, die Dinge zu tun, im Moment nicht funktioniert und geben sich nun heuchlerisch einen Anstrich als Kämpfer gegen Rassismus! Der entschlossene Kampf gegen die rechte Entwicklung der Regierungen und die faschistische Tendenz muss ernsthaft und viel stärker fortgesetzt werden, um sie zu stoppen und eine proletarische und revolutionäre Perspektive für den Sozialismus zu eröffnen.

 

1 In Frankreich kam es 1998 zu einer ähnlichen Situation: Charles Millon, UDF-Abgeordneter (Mitte), wurde mit den Stimmen der extremen Rechten umstritten gewählt. Die Situation löste damals einen Aufschrei aus. Heute ist es kein Problem mehr.

 

 

Unterzeichner (Stand 23.3.2020, weitere Unterzeichner möglich):

 

  1. ORC Organisation Révolutionnaire du Congo (Revolutionäre Organisation des Kongo), Demokratische Republik Kongo

  2. MMLPL Moroccan Marxist-Leninist Proletarian Line (Marokkanische Marxisten-Leninisten - Proletarische Linie)

  3. CPSA (ML) Communist Party of South Africa (Marxist-Leninist) (Kommunistische Partei Südafrikas (Marxisten-Leninisten))

  4. PPDS Parti Patriotique Démocratique Socialiste (Patriotische Demokratische Sozialistische Partei), Tunesien

  5. CPI (ML) Red Star Communist Party of India (Marxist-Leninist) Red Star (Kommunistische Partei Indiens (Marxisten-Leninisten) Roter Stern)

  6. Ranjbaran Hezb-e Ranjbaran-e Iran (Proletarische Partei des Iran)

  7. NCP (Mashal) Nepal Communist Party (Mashal) (Nepal Kommunistische Partei (Mashal))

  8. БКП Българска Комунистическа Партия (Bulgarische Kommunistische Partei)

  9. PR-ByH Partija Rada - ByH (Partei der Arbeit - Bosnien und Herzegowina), Bosnien und Herzegowina

  10. MLPD Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands

  11. UCLyon Unité Communiste Lyon (Kommunistische Einheit Lyon), Frankreich

  12. UPML Union Prolétarienne Marxiste-Léniniste (Marxistisch-leninistische proletarische Union), Frankreich

  13. BP (NK-T) Bolşevik Parti (Kuzey Kürdistan-Türkiye) (Bolschewistische Partei (Nordkurdistan-Türkei))

  14. KOL Kommunistische Organisation Luxemburg

  15. MIKSZ Magyar Ifjúság Közösségi Szervezete (Organisation der Gemeinschaft der Ungarischen Jugend)

  16. RM Rode Morgen (Roter Morgen), Niederlande

  17. MLGS Marxistisch-Leninistische Gruppe Schweiz

  18. KSC-CSSP Komunisticka Strana Cheskoslovenska – Cheskoslovenska Strana Prace (Kommunistische Partei der Tschechoslowakei-Tschechoslowakische Arbeiterpartei), Tschechien

  19. TIKB Türkiye İhtilalci Komünistler Birliği (VereinigungRevolutionärer Kommunisten der Türkei)

  20. TKP-ML Türkiye Komünist Partisi – Marksist-Leninist (Kommunistische Partei der Türkei – Marxistisch-Leninistisch)

  21. KSRD Koordinazionnyj Sowjet Rabotschewo Dvizhenija (Koordinierungsrat der Arbeiterbewegung), Ukraine

  22. MLP Marksistsko-Leninskaja Platforma (Marxistisch-Leninistische Plattform), Russland

  23. PCP (independiente) Partido Comunista Paraguayo (independiente) (Kommunistische Partei Paraguays (unabhängig))

  24. BDP Bloque Democratico Popular (Demokratischer Volksblock), Peru

  25. PML del Perú Partido Marxista Leninista del Perú (Marxistisch-Leninistische Partei von Peru)

  26. PC (ML) Partido Comunista (Marxista Leninista) (Kommunistische Partei (Marxistisch-Leninistisch)), Dominikanische Republik

  27. PCR-U Partido Comunista Revolucionario del Uruguay (Revolutionäre Kommunistische Partei von Uruguay)

  28. CPA/ML Communist Party of Australia (Marxist-Leninist) (Kommunistische Partei Australiens (marxistisch-leninistisch))

Nachträgliche Unterzeichner:
PS-GdT   Plataforma Socialista - Golpe de Timón (Sozialistische Plattform - Kurswechsel), Venezuela
MLKP   Marksist Leninist Komünist Parti Türkiye / Kürdistan (Marxistische Leninistische Kommunistische Partei Türkei / Kurdistan)

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