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Efrîn – Infobrief Nr. 1

ICOR, Hauptkoordinatorin, 20.02.2018

1. Der Solidaritätspakt der ICOR mit dem kurdischen Befreiungskampf

Der im März 2015 beschlossene Solidaritätspakt der ICOR war eine Selbstverpflichtung, eine intensive praktische Solidaritätsarbeit mit dem vom IS befreiten Rojava zu entwickeln, es in seinem Aufbau zu unterstützen und den kurdischen Befreiungskampf mit der internationalen revolutionären und Arbeiterbewegung zu verbinden. Er wurde von 37 Organisationen unterzeichnet. Leuchtendes Beispiel hierbei waren die ICOR - Solidaritätsbrigaden mit 177 Brigadisten aus 10 Ländern zum Aufbau des Gesundheitszentrums in Kobane. Es ist inzwischen als Geburtsklinik fertig gestellt und es wurden schon über 4000 Babys dort geboren. Nachdem das faschistische türkische Regime einen Vernichtungsfeldzug gegen den kurdischen Befreiungskampf und die Strukturen der demokratischen Selbstverwaltung in Rojava begann, wurde der Solidaritätspakt im Oktober 2016 weiterentwickelt. Für den Fall einer akuten Zuspitzung der Angriffe auf Rojava wurde erklärt, gegebenenfalls zu einem weltweiten Aktionstag aufzurufen. Dies wurde auch von der 3. ICOR Weltkonferenz einmütig bestätigt! Diese akute Zuspitzung ist jetzt mit dem imperialistischen Krieg um die Aufteilung Syriens eingetreten.

 

2. Der Angriff der faschistischen türkischen Regierung auf Efrin

Am 20. Januar 2018 griff das faschistische türkische Erdogan-Regime den Kanton Efrin der demokratischen Föderation Nordsyrien/Rojava militärisch an. Der faschistische IS (DAIS) wurde durch das militärische Bündnis der Syrisch Demokratischen Kräfte SDF (Syrian Democratic Forces) in Syrien unter Führung der kurdischen Selbstverteidigungskräfte YPG und YPJ weitgehend geschlagen. Ein wichtiger Faktor war dabei die Verbindung zur weltweit organisierten Solidarität, an der auch die ICOR einen großen Anteil hat.

In einer Erklärung der ICOR-Organisation MLKP, die mit dem ICOR-Aufbau im Mittleren Osten beauftragt ist, heißt es: „Um eine Demoralisierung in der Bevölkerung zu verhindern, betreiben sie (die Türkei) massive Propaganda. Die Medien lügen auf Hochtouren. Trotz aller Verluste träumen sie immer noch davon, Gebiete in Rojava unter ihre Kontrolle zu bringen und die Freiheitsbewegung zu vernichten. Was die Faschisten und Konterrevolutionäre der Region jedoch vergessen haben: Das Volk hat einen Willen! Sie haben in Rojava Freiheit gewonnen und leben ein ehrenwertes Leben. Sie haben eine kämpfende Vorhut und sie sind organisiert. Die Werktätigen, Frauen, Jugendlichen und Unterdrückten haben die Sympathie der Völker dieser Welt gewonnen.“ (Internationales Bulletin, 2/2018)

Der militärische Überfall der Türkei erfolgte unter Duldung des US-Imperialismus und in Zusammenarbeit mit dem russischen Putin-Regime.

Am 10. Februar schoss die syrische Luftabwehr nahe der gemeinsamen Grenze einen israelischen F-16-Kampfflieger ab. Israels Luftwaffe hatte zuvor des öfteren Ziele in Syrien attackiert. Es rechtfertigte seine aktuellen Angriffe als Reaktion auf eine "iranische" Drohne, die in israelischen Luftraum eingedrungen sei.

Im vergangenen Jahr hatten sich die USA und Russland über ihre Einflusszonen geeinigt. Westlich des Euphrats haben danach Russland und Syrien ihren Anspruch, östlich die USA. Aktuell verschärfen sich die Widersprüche zwischen USA und Russland.

Der türkische Präsident Erdogan droht dem US-Imperialismus mit einer „osmanischen Ohrfeige“, wenn sie weiter an der Zusammenarbeit mit den militärischen Kräften der SDF festhalten. Seit längerem befinden sich faschistische islamistische Kräfte Irans auf syrischem Territorium.

Der deutsche Imperialismus ist indirekt, aber mittlerweile auch direkt am Krieg der Türkei und dem Überfall auf Efrin beteiligt mit der Lieferung von Panzern und der Beteiligung an Aufklärungsflügen in Zusammenarbeit den USA. Außerdem arbeitet er auf engste mit dem türkischen faschistischen Erdogan-Regime zusammen. Und er versucht, seine Beziehungen zum irakischen Regime mit dem Angebot einer Militärausbildung auszubauen, um weiteren Einfluss im Mittleren Osten zu bekommen.

Haben sich die verschiedensten Imperialisten bislang v.a. auf Söldnerkräfte oder Stellvertreterkräfte gestützt, tritt jetzt eine Entwicklung ein, wo sie selber aufeinander treffen können, insbesondere die USA und Russland. Das bildet einen neuen gefährlichen Brandherd für den Weltfrieden.

Mit der Vertiefung der Krise des imperialistischen Systems, wächst die Angst der Herrschenden vor revolutionären Entwicklungen. Sie haben die Ende 2010/Anfang 2011 entstandene demokratische Aufstandsbewegung in Nordafrika und der arabischen Welt nicht vergessen. Mit Repressionen, Zugeständnissen, der zeitweisen Einrichtung proimperialistischer islamistischer Regierungen war sie nach dem Sturz der Diktaturen in eine Sackgasse geraten.

Die USA als Hauptkriegstreiber in der Welt haben die Entwicklung in Syrien maßgeblich verursacht im Kampf um den Einfluss in Syrien bzw. Mittleren Osten. Russland versucht aggressiv, seinen strategischen Zugang zum Mittelmeer abzusichern und arbeitet mit dem volksfeindlichen Assad-Regime zusammen.

Es ist in dieser Situation sehr bedeutsam, dass die kurdischen Kräfte und ihre Verbündeten aus allen Bevölkerungsgruppen Nordsyriens ausdrücklich unabhängig von allen imperialistischen Kräften kämpfen. Dazu erklärte Riza Altun, Exekutivratsmitglied der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) in dem Artikel “Der Freiheitskampf verfolgt seine eigene Linie“ (https://anfdeutsch.com, 28.01.2018): „Die Aufrechterhaltung des Regimes in Syrien ist für Russland sehr wichtig. Doch der russische Ansatz geht über das Regime in Syrien und Assad hinaus. Nicht Assad, sondern die Herrschaft und Hegemonie Russlands in Syrien gilt als absolut. () Während die USA auf der einen Seite Beziehungen mit der YPG aufbaut, droht und erpresst sie auf der anderen Seite, um die YPG auf eine nationalistische und nationalstaatliche Linie zu bringen. (…) Die USA, also eine imperialistische Kraft, die ihr eigenes Weltsystem gründen möchte, versucht die Werte auszunutzen, die durch den Freiheitskampf einer Gesellschaft hervorgebracht wurden. (…) Es wird von uns ein antiimperialistischer Kampf geführt. (…) Die strategischen Partner unserer Linie sind die globalen demokratischen Kräfte, die gesellschaftlichen Kräfte und die antisystemischen Kräfte.

Die ICOR zieht einen klaren Trennungsstrich zu den revisionistischen, neorevisionistischen und trotzkistischen Kräften, die gegenwärtig dem Befreiungskampf in Rojava und dem Widerstand gegen die faschistische Aggression der Türkei offen in den Rücken fallen. Das ist ein Trumpf der revolutionären Weltorganisation ICOR und ihres konsequent antiimperialistischen Standpunktes.

 

3. Die internationale Arbeiter- und revolutionäre Bewegung ist herausgefordert

Afrin kämpft – Afrin lebt!

Trotz der seit 1 Monat andauernden Aggression der türkischen Streitkräfte und islamistisch verbrämter faschistischer Banden halten die kurdischen Verteidigungslinien der Volks- und Frauenverteidigungseinheiten nach wie vor ungebrochen stand. Die multiethisch zusammengesetzten Kämpferinnen und Kämpfer leisten mit großem Heldenmut einen erbitterten Widerstand und die türkischen Invasionstruppen der zweitgrößten Landarmee der NATO kommen nur extrem langsam voran und stoßen auf erbitterten Widerstand.

In Rojava findet eine breite Massenmobilisierung statt. Hunderttausende demonstrierten in Efrin gegen den türkischen Euinmarsch. An einem Marsch durch Rojava nach Efrin beteiligten sich Zehntausende.

In Rojava kommen Tausende aus den anderen Kantonen in den Kanton Efrin, um gegen den Einmarsch der Türkei zu kämpfen. Seit einer Woche demonstrieren zehntausende Frauen im Zentrum von Efrin trotz Bombeneinschlägen.

Ein wichtiges Signal im Kampf gegen die Spaltung in Araber und Kurden ist die Erklärung von Leila Khaled von der Führung der PFLP (Volksfront zur Befreiung Palästinas). Sie sagte auf dem 3. Kongress der HDP (Demokratische Partei der Völker - Türkei): „Ich richte euch Grüße des palästinensischen Volkes aus. … In Ankara habe ich heute zwei verschiedene Fassaden gesehen. Zum einen all die Polizisten, die den Kongresssaal umzingelt und die Straßen besetzt haben. Das gleiche Bild sehen wir auch in Palästina. Aber zum anderen habe ich hier die Völker der Türkei und Kurdistans gesehen. Die Stimmen, die sich in diesem Saal erheben, werden die Fesseln aller Gefängnisse übertönen und zum Echo der Stimmen aller Völker werden. … Auch wir erheben unsere Stimme gegen den Krieg in Efrîn. … Die Völker bauen das Leben und die Zukunft auf. Von diesem Saal aus grüße ich alle Widerstand leistenden Völker.“ (ANF, 11.2. 2018)

Weltweit sind bereits Millionen Menschen in der Efrin-Solidarität auf die Straße gegangen und es finden täglich Proteste statt. In vielen Ländern erleben wir auch eine starke Polarisierung, insbesondere zwischen kurdischen und türkischen Menschen. Die ICOR leistet hier eine sehr bedeutende Erziehungsarbeit im Geist des proletarischen Internationalismus!

Die 3. Weltkonferenz der ICOR im Herbst 2017 hat beschlossen, die Initiative für eine antiimperialistische, antifaschistische Einheitsfront zu entwickeln, auch gegen die verschärfte Kriegsgefahr, den Rechtsruck der Regierungen und die Faschisierung der Staatsapparate.

Die ICOR ist herausgefordert, zur Verteidigung der demokratischen Revolution in Efrin/Rojava gegen den militärischen Einmarsch des türkischen Regimes, zur Verteidigung des Kampfes des syrischen Volkes für seine Befreiung gegen das Assad-Regime und gegen das Einmischen jeglicher imperialistischer Kräfte, und auch im Kampf gegen die Weltkriegsgefahr.

Dazu wäre ein weltweiter Aktionstag geeignet für die Solidarität mit dem Kampf um Demokratie und Freiheit, für den sofortiger Abzug aller türkischen Truppen aus Efrin, den Abzug aller imperialistischen Truppen aus Syrien und für Frieden, Freiheit, Sozialismus.

Die gegenwärtige Entwicklung trägt dazu bei, den Charakter des Imperialismus deutlicher zu machen und dass es eine Befreiung von Ausbeutung und Unterdrückung mit Hilfe der Imperialisten oder im Bündnis mit ihnen nicht geben kann. Nur der Kampf für sozialistische Zukunft bietet einen Ausweg. Notwendig ist dazu die Stärkung der ICOR selbst, als auch die Stärkung aller ihrer Mitgliedsorganisationen.

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