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Über einige wichtige Fragen und Schlussfolgerungen aus der Großen Oktoberrevolution

von P. Chountis, Mitglied des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Griechenlands (M-L), Kommentar Nr. C01 für die „Internationale Internetdiskussion zur Bedeutung 100 Jahre Oktoberrevolution“, 24. September 2017


Es gibt keinen Prozess des Kopierens der Geschichte. Die Geschichte wiederholt sich nicht auf die gleiche Weise, sondern an einem anderen Punkt der Spirale. Die Bolschewiki passten sich ständig den veränderten Bedingungen an. Während im April Lenin sagte: „Die Losung 'Nieder mit der Provisorischen Regierung' ist im Augenblick deshalb falsch, weil eine solche Losung, wenn nicht eine feste (d.h. bewusste und organisierte) Mehrheit des Volkes auf seiten des revolutionären Proletariats steht, entweder eine Phrase ist oder objektiv auf abenteuerliche Versuche hinausläuft“ (Resolution des Zentralkomitees der SDAPR(B), 22.4.1917), war der Oktober nicht nur geleitet von der Losung „Nieder mit der Regierung“, sondern auch von deren Verwirklichung. Es gibt keine „klaren“ Revolutionen, die sich den fertigen Beschlüssen des Zentralkomitees „anpassen“ – die Geschichte kann nicht programmiert werden. Marx und Engels hielten hartnäckig daran fest, keine allzu konkreten Merkmale der Diktatur des Proletariats zu beschreiben, weil sie sich des unbekannten Terrains und der riesigen Anstrengungen bewusst waren, die unter unbekannten sozial-ökonomischen Bedingungen erforderlich waren. Doch was war die Oktoberrevolution? Von der bürgerlichen Februarrevolution gelangte das Proletariat zur Oktoberrevolution und dann zur Neuen Ökonomischen Politik und danach zur Kollektivierung. Das war in der Tat keine „klare“ Situation! Aber eine sehr revolutionäre! Die einzigen „klaren“ Revolutionen sind diejenigen, die nicht stattfinden, und die einzigen „klaren“ Revolutionäre sind diejenigen, die gegen die Revolution arbeiten. Es stimmt, dass Taktiken, Rückzüge, Manöver (wie jede AKTION im wirklichen Leben) Abweichungen, ständige Missverständnisse, Schichten mit eigenen Interessen hervorbringen, zu neuen Gefahren führen und Nebenwirkungen haben können. Die einzige Möglichkeit, darauf eine Antwort zu geben, ist die Erziehung des Proletariats und seiner Partei, um zu verstehen, was die Alternative ist und was ein obligatorischer Rückzug ist, und zu versuchen, bei der ersten Gelegenheit zu seinen ursprünglichen Zielen zurückzukehren.

Auf dem II. Kongress der Ausschüsse für politisch-kulturelle Aufklärung im Oktober 1921 erklärte Lenin zur NÖP: „Wir glaubten, … (es) würden auf kommunistisches Geheiß Produktion und Verteilung zustande kommen … Ist der Frontalangriff mißglückt, so greifen wir zur Umgehung, rücken mittels Belagerung und Minierarbeit vor.“ Was bedeutet das anderes als erzwungener Rückzug? Was ist damit anderes ausgesagt, als sich des Rückzugs voll bewusst zu sein, aber gleichzeitig auch beharrlich am ursprünglichen Ziel festzuhalten?

Die Frage der politischen Macht war und ist heute mit größerer Absolutheit eine Frage von größter Bedeutung, und aufgrund der Erfahrungen und Reife der bürgerlichen Staaten ist sie die erste Frage.

Die Menschen eröffnen revolutionäre Wege, nicht weil sie sich dazu entschließen, sondern weil der Feind ihnen keine andere Lösung lässt. Der Widerspruch Reform – Revolution durchdringt die ganze Geschichte der Klassenkämpfe. Das „Unglück“ der Reformisten besteht darin, dass es eine starke revolutionäre Bewegung geben muss, damit sie eine Rolle spielen können. Sie greifen diese heftig an und sägen damit den Ast ab, auf dem sie sitzen.

 

Leider sind die grundlegenden Fragen, die die gegenwärtige soziale Bewegung beschäftigen, und auch opportunistische Ansichten, die als moderne Vorstellungen präsentiert werden, immer wieder aufgetaucht. Sie haben Schwierigkeiten bereitet und sind beantwortet worden nicht nur von den großen Revolutionären, sondern auch durch den Klassenkampf selbst. Wir betrachten die Frage der politischen Macht, des Staates und der Revolution als, wie wir sagen, „geklärte Fragen“. Wenn diese einst vor hundertfünfzig Jahren richtig waren, dann sind sie heute zehnmal richtiger.

Schon von Beginn der Präsenz der Arbeiterklasse auf dem Gebiet des Klassenkampfes Anfang des 19. Jahrhunderts, vom Massaker am Proletariat 1848 in Paris bis zur Niederlage durch die neuen bürgerlichen Elemente in der Sowjetunion und in China bis heute stellt sich immer wieder die Frage, ob es die Möglichkeit einer selbständigen Arbeiterklasse (als führende Kraft eines Bündnisses und anderer unterdrückter Teile der Gesellschaft) gibt oder ob sie (zusammen mit ihren Bündnispartnern) dazu verurteilt ist, die Rolle der Krücke für die eine oder andere bürgerliche Alternative zu spielen. Da die Sache offensichtlich ist, ist die erste Möglichkeit unsere Antwort. Diese Frage ist verbunden mit dem Grad der Konstituierung der Arbeiterklasse als einer „Klasse für sich“. Es hat sich erwiesen, dass Lenin und die Bolschewiki recht hatten, als sie darauf bei den heftigen Auseinandersetzungen mit allen opportunistischen Strömungen beharrten, vor allem mit den Menschewiki und den Sozialdemokraten, aber auch mit linken Varianten und Anarchisten. Es gab keine ernsthaften und ehrgeizigen Anstrengungen, die nicht die Frage der Konstituierung der Arbeiterklasse auf der Ebene der Parteiorganisation betrafen. Lenin kämpfte hart gegen Auflösungserscheinungen und Liquidatorentum, verteidigte die Parteiarbeit unter den härtesten Bedingungen der Illegalität – er begriff, dass die Verbindung von Theorie und politischer Analyse, Massenlinie, Klassenkampf, Korrektur durch die Arbeiterklasse nur mittels ihrer Partei umgesetzt werden konnte. Gleichzeitig ließ er sich nicht verwirren durch legale Bedingungen jeglicher Art in anderen europäischen Ländern außer Russland und verfiel nicht in Legalismus.

Der entscheidende und bestimmende Faktor bei ALL diesen oben erwähnten Fragen ist die der Konstituierung der Arbeiterklasse als „Klasse für sich“. Nur auf diesem Weg können eine ehrgeizige Taktik und die Schmiedung von kurzfristigen und langfristigen Bündnissen (einschließlich Bewusstsein über ihre Methoden und Ziele) entwickelt werden. Nur diese Konstituierung kann zur Führung des Proletariats über alle unterdrückten Teile der Gesellschaft führen, da es in der Lage sein wird zu erklären: „Unser Sieg ist eure Hoffnung!“ Diese Schritte können nicht unternommen werden mithilfe eines Rezeptbuches auf der Grundlage vergangener Erfahrungen, sondern nur im realen Feld des Klassenkampfes, an den Fronten, die durch das wirkliche Leben entstehen werden, was heute durch die Barbarei des kapitalistisch-imperialistischen Systems bestimmt wird. Wo „ein Schritt wirklicher Bewegung wichtiger ist als ein Dutzend Programme“. Durch den Widerstand gegen die neuen Kriege, die dieses System führt, und gegen noch größere, die es vorbereitet, durch den Widerstand gegen die Zerschlagung der Rechte der Arbeiter und des Volkes, durch die Einforderung der grundlegenden Rechte im Leben, durch den Widerstand gegen ALLE Varianten des Opportunismus, der Unterwerfung, des Kompromisses und der Integration in das System; durch die Stärkung der Richtung der Konfrontation gegen all das. Auf all diesen Gebieten werden die revolutionäre kommunistische Bewegung der Arbeiter und des Volkes und die neuen kommunistischen Parteien aufgebaut. Dieser Aufbau wird in der Lage sein, die Niederlage der vorhergehenden Welle erfolgreicher zu erklären durch die Ausbreitung einer neuen Welle. Er wird am wirksamsten und authentischsten die glorreiche Oktoberrevolution verteidigen.

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