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Lenins Befassung mit den Naturwissenschaften vor der Oktoberrevolution und deren Anwendung beim sozialistischen Aufbau. Die heutige Bedeutung der Naturwissenschaften beim Übergang der globalen Umweltkrise zur globalen Umweltkatastrophe.

Dr. Dieter Stein, Brombachtal, Deutschland; Beitrag Nr. A18 für die „Internationale Internetdiskussion zur Bedeutung 100 Jahre Oktoberrevolution“, 15. Oktober 2017

 

Im Jahre 1908 versuchten die damaligen russischen Revisionisten, den Marxismus mit dem Idealismus, sogar mit der Religion, zu versöhnen. Diese Versuche folgten auf die Niederschlagung der revolutionären Aufstände in Russland im Jahre 1905. Lenin antwortete mit seinem Werk „Materialismus und Empiriokritizismus“.

„In seinem Buch kritisierte Lenin allseitig die neuesten Schliche der bürgerlichen idealistischen Philosophie, gab eine bemerkenswert tiefschürfende Darlegung der Erkenntnistheorie des dialektischen Materialismus, verallgemeinerte philosophisch vom Standpunkt des dialektischen Materialismus die neuen Erscheinungen in der Naturwissenschaft, besonders in der Physik“.(Quelle: „Lenin, W. I. Ein kurzer Abriss seines Lebens und Wirkens“. Verlag für fremdsprachige Literatur, Moskau 1947).

Genau so deutlich wird die Wertschätzung Lenins für die Naturwissenschaften durch deren Anwendung beim sozialistischen Aufbau nach der Oktoberrevolution: „Lenin initiierte nicht nur den sogenannten GOELRO-Plan (bedeutet in etwa „Kommission zur Elektrifizierung Russlands“, Anmerkung D. Stein) … Er bestand auf exakter wissenschaftlicher Planung und auf Mobilisierung der Massen … Lenin stützte sich auf die Arbeit von 180 – überwiegend nicht kommunistischen – Wissenschaftlern. Er verlangte von ihnen Wissenschaftlichkeit und Qualitätsarbeit … Besonders bemerkenswert ist, dass die Elektrifizierung des riesigen Landes wesentlich auf Wasserkraft, also auf erneuerbarer Energie, beruhte. So brachte sie gleich mehrfachen Nutzen: sie diente dem Bau von Kraftwerken, der Bewässerung und der Erschließung bisher unfruchtbarer Gebiete für die Landwirtschaft... Das zeigte in der Praxis, wie Ökonomie und Ökologie unter sozialistischen Voraussetzungen und unter strikter Einhaltung sozialistischer Prinzipien eine untrennbare Einheit bilden können(Stefan Engel, „Katastrophenalarm-was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur?“, S. 284-287).

Heute, genauer seit der Neuorganisation der internationalen Produktion zu Beginn der 1990er Jahre, zeigt sich, dass die Beziehungen zwischen Mensch, Gesellschaft und Natur genau die gegenteilige Entwicklung erfahren haben: aus der globalen Umweltkrise, die Willi Dickhut bereits im „Revolutionären Weg 23“ im Jahre 1984 definiert hatte, entwickelte sich der Übergang in die globale Umweltkatastrophe, deren Definition bereits im RW 25 im Jahre 1993 gegeben wurde.

Die erwähnte Verschärfung der Umweltkrise erforderte von der theoretischen Arbeit der MLPD eine Intensivierung der Erfassung neuer (Natur-)Erscheinungen und eine Erweiterung der Anwendung der dialektischen Methode bei der Analyse der Beziehungen zwischen Gesellschaft und Natur. Ein wesentliches Ergebnis dieser Arbeit war die These des RW 33 im Jahre 2011: „Die Verwandlung der Umweltkrise von einer Begleiterscheinung zu einer gesetzmäßigen Erscheinung. Mit der Neuorganisation der internationalen Produktion seit den 1990er Jahren wurde die Umweltkrise zur gesetzmäßigen Erscheinung der kapitalistischen Produktionsweise.Das bedeutet, dass kapitalistische Produktion und Konsumtion nur noch auf der Grundlage chronischer krisenhafter Zerstörung der Umwelt funktionieren. Damit hat die Entwicklung des Kapitalismus einen Punkt erreicht, an dem er unvereinbar wird mit dem Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit(S. Engel, „Morgenröte der internationalen sozialistischen Revolution, S. 190).

Diesem „neuen hauptsächlichen Widerspruch im imperialistischen Weltsystem“(ebenda, S.206) und ihren Beiträgen zu seiner revolutionären Auflösung hat die MLPD den RW 35(„Katastrophenalarm-...) gewidmet. Dafür wurde eine weitere Intensivierung der Zusammenarbeit mit Naturwissenschaftlern notwendig. Dazu S. Engel im Vorwort, S. 9: „Das Buch verficht einen hohen wissenschaftlichen Anspruch. Es stützt sich auf gründliche Recherchen, auf Fakten der bürgerlichen Wissenschaft, um ihnen kritisch die wesentlichen Erkenntnisse abzuringen und die dialektischen Zusammenhänge aufzudecken, die in der allseitigen Wechselwirkung zwischen Mensch und Natur existieren“.

Seit dem Erscheinen dieses Buches im Jahre 2014 ist eine weitere Verschärfung der globalen Umweltkrise festzustellen.

Zur Vorgeschichte: die bekannte Störung des globalen Strahlungshaushalts-, vor allem des langjährigen (nahezu) Wärmegleichgewichts zwischen Erde, Sonne und Weltall, ist durch die fossile Energiebasis der weltweiten Produktion und Konsumtion, welche die mächtigsten internationalen Monopole vorgeben, bedingt. (RW 35, „Katastrophenalarm ...“,S. 110–113).

Seit 2014 nimmt die globale Wärmeproduktion – hauptsächlich aus dem Treibhausgas CO2 (Kohlenstoffdioxid, Anteil über 60 %) durch die Verbrennung fossiler Energieträger sowie aus Entwaldungen und sonstigen Veränderungen der Erdoberflächen, sogenannten „Landnutzungen“, nicht mehr zu.

Der hauptsächliche Antrieb des seit 2014 festzustellenden neuen Tempos bei der Erwärmung nahezu aller Erdoberflächen, einschließlich der Meere, sind jedoch diese konstanten - aber ungeheuer hohen – 41 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr (Quelle: https//scilogs.spektrum.de/klimalounge/der-globale-co2-anstieg-die-fakten-und-die-bauernfaengertricks/ Autor: Prof. Stefan Rahmstorf, PIK Potsdam).

Zusätzlich scheint aktuell eine, bis zur endgültigen wissenschaftlichen Klärung, von mir als „Entkopplung der Erderwärmung von den genannten ursächlichen Faktoren“ bezeichnete Erscheinung, stattzufinden. Die Ursachen und Zusammenhänge:

die Erwärmungsproblematik hat schnell zunehmend auch biologische Folgen für grundlegende und global wirksame Lebensprozesse – so wird unter anderem durch die Meereswassererwärmung das Absterben von Korallenriffen in neuem Ausmaß verstärkt und die Bildung von Plankton reduziert. Diese sind jedoch mit entscheidend für die Bindung von CO2 in den Meeren und indirekt auch aus der Erdatmosphäre zuständig. Die genannte Zerstörung von Biomasse erhöht so zusätzlich die Summe der verstärkenden Rückkopplungen in der Natur(RW 35, S.121-124), welche neuerdings (seit 2014) bei der Destabilisierung des Strahlungs- und Wärmehaushaltes der Erde eine größere oder gar neuartige Bedeutung bekommt.

Da die Menschheit bisher keine direkten Zugriffsmöglichkeiten zur Begrenzung und Reduzierung dieser – zusätzlichen und gesellschaftlich ausgelösten - Naturprozesse hat, muss der Hauptangriffspunkt stärker ins Visier genommen werden: das ist die „Dekarbonisierung der globalen Energiebereitstellung und -konsumtion“ mit dem Ziel des vollständigen Ersetzens des fossilen Kohlenstoffs, um die Erderwärmung und ihre zerstörerischen Auswirkungen auf die Biosphäre zu begrenzen.

Dieses Ziel kann nicht von den Wünschen und Plänen der internationalen Monopole, ihrer Politiker und der teilweise gefügigen Wissenschaftler abhängig bleiben. Aber auch nicht von unseren Wünschen und Zielvorstellungen im Umgang mit der Natur, deren kommende komplette Verwirklichung durch den Sozialismus bereits heute in höchstem Maße gefährdet ist. Hier geben die schon vorhandenen und für die Zukunft bereits ausgelösten Naturveränderungen den Takt vor.

Die aktuelle neue Stufe der Entwicklung der globalen Umweltkrise seit 2014 verlangt von der MLPD, auch zur Zusammenarbeit in der ICOR:

die Weiterentwicklung der dialektischen Methode in ihrer Anwendung auf die komplizierten Beziehungen zwischen Gesellschaft und Natur, und dafür die Stärkung der Bündnisarbeit mit Naturwissenschaftlern für Analysen, treffsichere Prognosen und wirksamere Öffentlichkeitsarbeit, die Stärkung der Bündnisarbeit mit Ingenieuren und Technikern zum gemeinsamen Kampf zur Umstellung der Produktion auf regenerative Energiebasis.

Damit können wir an Lenins Vorbild anknüpfen: mit der dialektischen Methode aus Nichtwissen das neue Wissen zu erzeugen, und dieses für den Klassenkampf, die Bündnisarbeit, die Gestaltung von Gegenwart und Zukunft, die Einheit von Mensch und Natur, anzuwenden.

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