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Die Notwendigkeit des sozialistischen Aufbaus in einem Land in Verbindung mit dem Aufbau einer kommunistischen Weltbewegung, deren internationales Bollwerk die Sowjetunion bildete; die Bedeutung der Komintern

Einleitungsbeitrag für das Internationale Seminar 100 Jahre Oktoberrevolution, Themenblock 4, Dimitrij Kostenko MLP ML Plattform (Russland), 28. Oktober 2017

 

Liebe Freunde, Genossen und Gesinnungsgenossen!

 

Vor 100 Jahren vollzog sich in Russland die sozialistische Revolution; die Arbeiterklasse nahm die Macht in ihre Hände. In dem großen Staat Russland , der ein sechstel der Erde umfasst, wurde die Diktatur des Proletariats errichtet.

 

In seiner Arbeit “Grundsätze des Kommunismus" aus dem Jahr 1847 schrieb Friedrich Engels "“Die kommunistische Revolution wird daher keine bloß nationale, sie wird eine in allen zivilisierten Ländern, d.h. wenigstens in England, Amerika, Frankreich und Deutschland gleichzeitig vor sich gehende Revolution sein. Sie wird sich in jedem dieser Länder rascher oder langsamer entwickeln, je nachdem das eine oder das andre Land eine ausgebildetere Industrie, einen größeren Reichtum, eine bedeutendere Masse von Produktivkräften besitzt.1"

Aber die Epoche des Imperialismus brachte ihre Korrekturen hervor. Aufgrund der ungleichen Entwicklung des Kapitalismus bildeten sich die günstigsten Bedingungen für die Revolution nicht in den am weitesten entwickelten Ländern, sondern in Russland heraus. In einem Land am Rande des Imperialismus, in dem die Widersprüche zwischen der herrschenden und der arbeitenden Klasse größer waren, da die Aufgaben der bürgerlichen Revolution noch nicht gelöst waren.

 

Auf die Frage nach den Prinzipien beim Aufbau des politischen Systems in der neuen Gesellschaft versuchte Lenin in der Zeit der Vorbereitung der Oktoberrevolution im Sommer 1917, mit seiner Arbeit "Staat und Revolution" zu antworten. Darin beschreibt er eine Gesellschaft, in der an Stelle einer regulären Armee das Volk bewaffnet ist. Ein Modell, das die Bolschewiki zu verankern versuchten, doch das sich als nicht effektiv erwies und von dem die Führung des sowjetischen Russland Abstand nahm.

 

Ähnlich verhielt es sich mit der Wirtschaft. Die erste sowjetische Regierung musste nach der Methode von Versuch und Irrtum vorgehen. In der Zeit von Oktober 1917 bis zum Sommer 1918 fand in dem sowjetischen Russland eine Politik statt, die die Bezeichnung "Der Angriff der roten Garden auf das Kapital" trug. So nannte Lenin auch die Reihe von Maßnahmen der neuen Macht; z.B. die Organisation der Arbeiterkontrolle, die Nationalisierung der Banken und der Industrie, die Einführung des Außenhandelsmonopols und die Verwirklichung des Dekrets über Land und Boden. Die Umgestaltung der landwirtschaftlichen Verhältnisse geschah durch die Aufhebung des Privateigentums an Grund und Boden und die Übergabe der Ländereien der Gutsbesitzer, der Klöster und Kirchen in die Verfügungsgewalt der Landkomitees und Kreissowjets der Bauerndeputierten mit dem Recht, den beschlagnahmten Boden zu verteilen. Das von den Gutsbesitzern konfiszierte Land wurde unter den Bauern je nach Arbeits- bzw. Verbrauchernorm, nach der Anzahl der Familienmitglieder verteilt, ohne das Recht, Boden zu kaufen oder zu verkaufen, und mit periodischem Wechsel der Grundstücksgrenzen. Diese Maßnahme sicherte das Bündnis mit den Bauern und ihre Unterstützung in der Zeit des Bürgerkrieges, was sehr wichtig war für ein Agrarland wie Russland, in dem die Bauernschaft 2/3 der Bevölkerung stellte und der Hauptverbündeten des Industrieproletariats war. Lenin selbst bezeichnet die Methoden für die Leitung der Wirtschaft in der Übergangszeit nicht als sozialistisch, sondern als staatskapitalistisch.

 

Im November 1917 wurde das "Gesetz über die Arbeiterkontrolle" beschlossen. Ihre gewählten Organe, die Fabrikkomitees, wurden in allen Unternehmen mit Lohnarbeit eingerichtet. Die Arbeiterkontrolle beschleunigte in bedeutendem Maße die Durchführung der Verstaatlichung. In den ersten Monaten nach der Oktoberrevolution gingen nur einzelne Unternehmen, die eine große Bedeutung für den Staat hatten, in die Verfügungsgewalt der Macht über, so wie auch Unternehmen, deren Besitzer sich nicht den Entscheidungen der Staatsorgane unterordneten.

Unter den Bedingungen des Bürgerkrieges breitete sich Zerstörung aus, das Land stand unter Wirtschaftsblockade und den Städten drohte Hungersnot. Maßnahmen der Regierung, in die Wirtschaft einzugreifen, nahmen zu; diese Politik wurde "Kriegskommunismus" genannt. Im Januar 1919 begann die allgemeine Nationalisierung der industriellen Unternehmen. Die Regierung errichtete ein Monopol auf Brot und beschlagnahmte, was übrig war, gewaltsam zu festen Preisen oder sogar ohne zu zahlen. Allgemeine Arbeitspflicht wurde eingeführt. Die Lebensmittel wurden von der Regierung rationiert und je nach Klassenzugehörigkeit und der gesellschaftlichen Bedeutung des Berufes des Verbrauchers verteilt. Die gesamte Wirthaftsführung verwirklichte der Rat der Volkskommissare, der die wichtigsten Fragen schied. Die verschiedenen Seiten der Volkswirtschaft leiteten die Volkskommissionen für die Branchen.

 

Man kann sagen, dass "Kriegskommunismus" wirtschaftliche Maßnahmen zur Verteidigung der Diktatur des Proletariats unter den Bedingungen des bewaffneten Kampfs gegen die Konterrevolution und die ausländische Intervention waren.

 

Alle Methoden der Mobilisierungswirtschaft, die staatliche Einmischung in die Wirtschaft, und die Rationierung der Lebensmittel wurden in den Kriegsjahren auch in anderen kriegsführenden Ländern angewandt, wenn auch ohne die Verstaatlichung der Banken und Industrieunternehmen. Auch die Beschlagnahme des zu hohen Bestandes an Getreide der Bauern durch militärische Einheiten, um den Hunger in den Städten zu vermeiden, hat schon die zaristische Regierung durchgeführt.

 

Es ist notwendig, noch einen wichtigen Aspekt zu beachten. In jener Zeit des "Kriegskommunismus", als die Klasse der städtischen Bourgeoisie mit dem Übergang der Produktionsmittel in die Hände des Staates aufhörte zu existieren, blieb die bäuerliche Bourgeoisie, die Klasse der Kulaken, die die Arbeit von Lohnarbeitern ausbeutete, auch in der Zeit des "Kriegskommunismus" erhalten. Die Agrarreform, die das Land der Gutsbesitzer und der Kirche unter den Bauern verteilte, berührte nicht die Bauernwirtschaften derjenigen größeren Bauern, die sich während der Agrarreform unter dem zaristischen Premier Stolypyn aus den Gemeinden heraus entwickelt hatten.

 

Eben die Vertreter dieser Klasse der Kulaken wurden, als der Sieg über die Armeen der Weißen erreicht war, die Organisatoren einer Serie von Bauernaufständen im Jahr 1921 (Aufstand von Kronstadt, Bauernaufstand in Tambow). Lenin bezeichnete sie als gefährlicher als alle Weißarmisten. Allein mit den Kräften nur eines staatlichen Sektors der Wirtschaft, der nach dem Krieg in Trümmern lag, war es zu jenem Zeitpunkt nicht möglich, ausreichend Waren zu produzieren, um sie bei den Bauern äquivalent gegen Lebensmittel zu tauschen und die Städte mit Essen zu versorgen. Die Bolschewiki waren gezwungen, einen Schritt rückwärts zu gehen und kleinere Privatunternehmen zuzulassen. Gleichzeitig wurde die Getreideablieferungspflicht - die Beschlagnahme des Überbestandes an Lebensmitteln der Bauern - abgeschafft. Stattdessen wurde eine Lebensmittelsteuer eingeführt und freier Handel erlaubt. Diese Schritte, die eingeleitet wurden, um die Wirtschaft zu beleben, ging man um den Preis ein, die Privatwirtschaft teilweise zuzulassen; sie wurde "Neue ökonomische Politik" genannt.

 

Die Märkte füllten sich mit Waren, aber was auch folgte, war das Auftauchen einer neuen Schicht der Industrie- und Handelsbourgeoisie, NEPler genannt. Auf der einen Seite lag die politische Macht des Landes wie zuvor in den Händen der Partei Arbeiterklasse, die sich auf den staatlichen Wirtschaftssektor stützte und sich anschickte den Sozialismus aufzubauen, auf der anderen Seite existierte in der Gesellschaft eine bedeutende Klasse der ländlichen und städtischen Bourgeoisie, die sich von den bewaffneten Aufständen gegen die neue Klasse losgesagt hatte, aber bedeutende Mittel in Händen hielt und danach strebte, die politische Situation im Land zu beeinflussen.

 

Schon 1920, unter den Bedingungen der großen Zerrüttung, legte der Rat der Volkskommissare unter der direkten Leitung Lenins die Aufgaben des industriellen Aufbaus des Landes im GOELRO Plan fest. Der Plan sah den Aufbau von Heizkraftwerken, Maschinenfabriken, Metallurgie- und Chemiebetrieben vor, sowie den Ausbau des Schienenverkehrs. Im Verlauf von zehn Jahren sollte die Industrieproduktion fast verdoppelt werden. Geplant wurde der Bau von 30 großen Kraftwerken .

 

Bis 1923 war die Aufgabe, den Sozialismus aufzubauen, mit dem Sieg der proletarischen Revolution in Europa und vor allem in Deutschland verbunden. Man nahm an, dass das siegreiche Proletariat der europäischen Länder brüderliche Hilfe bei der Überwindung der Zerstörung und der Zurückgebliebenheit sowie im gemeinsamen Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft leistet.

 

Jedoch nach der Niederlage des Versuchs der Revolution 1923 in Deutschland wurde klar, dass mit Siegen der sozialistischen Revolution in den entwickelten Ländern Europas in naher Zukunft nicht zu rechnen war. Und um der Rache der ausbeutenden Klassen, die in Russland verblieben waren, zu entgehen, war es notwendig, selbständig die sozialistische Gesellschaft aufzubauen und nicht auf die Weltrevolution zu warten.

 

Zu jener Zeit entstand innerhalb der bolschewistischen Partei eine scharfe Auseinandersetzung über die Frage des Aufbaus des Sozialismus in einem Land. Trotzki und seine Anhänger bestritten die Möglichkeit des Aufbaus des Kommunismus in einem einzelnen Land und behaupteten, dass der Sozialismus nur als weltweites System möglich sei. Die Losungen der Trotzkisten hörten sich formal ultrarevolutionär an; sie sprachen von der Notwendigkeit einer permanenten Revolution, aber tatsächlich war ihre Position die des historischen Pessimismus und des fehlenden Glaubens an die inneren Kräfte der proletarischen Revolution in Russland. Dies würde auch bedeuten, dass in Anbetracht der ausbleibenden Revolution in Europa die russische Revolution verloren wäre. Später kam in der Partei eine rechtsopportunistische Bewegung auf, die von Bucharin angeführt wurde. Seine Anhänger verneinten formal nicht die Möglichkeit des Sozialismus in der UdSSR. Sie sprachen sich gegen die Kollektivierung und die beschleunigte Industrialisierung des Landes aus und gegen Schritte gegen die Landbourgeoisie, die Kulaken. Nach Meinung Bucharins sollten diese Agrarkapitalisten sich schrittweise in die sozialistische Gesellschaft integrieren, in den Sozialismus hineinwachsen; der Staat sollte keine Maßnahmen zur Einschränkung ihrer politischen und Eigentümerrechte ergreifen, denn das könnte eine neue Spirale eines Bürgerkriegs hervorrufen.

 

Die Partei der Bolschewiki mit dem Genossen Stalin an der Spitze stritt entschlossen gegen diese kleinbürgerlichen und opportunistischen Strömungen.

Stalin hat sich nie von der Weltrevolution losgesagt. In seiner Arbeit "Über die Grundlagen des Leninismus" aus dem Jahr 1924 hat er insbesondere geschrieben: "Aber die Macht der Bourgeoisie stürzen und die Macht des Proletariats in einem Land zu errichten heißt noch nicht, den vollen Sieg des Sozialismus sichern. Des Proletariat des siegreichen Landes, das seine Macht gefestigt hat und die Führung über die Bauernschaft ausübt, kann und muss die sozialistische Gesellschaft aufbauen. Bedeutet das aber, dass es damit schon den vollständigen endgültigen Sieg des Sozialismus erreichen wird, das heißt, dass es mit den Kräften eines Landes allein endgültig den Sozialismus verankern und das Land gegen die Intervention und folglich auch gegen eine Restauration völlig sichern kann? Nein, das bedeutet es nicht. Dafür ist der Sieg der Revolution wenigstens in einigen Ländern notwendig. 2"

 

In seiner Rede auf dem siebten erweiterten Plenum des EKKI (Exekutivausschuss der Kommunistischen Internationale) formulierte Stalin die doppelte Aufgabe; vor der die Sowjetunion stand: Den Sozialismus im eigenen Land aufbauen und dafür zu kämpfen, dass die Weltrevolution siegt. "Deshalb ist der Sieg der proletarischen Revolution in einem Land nicht Selbstzweck, sondern Mittel und Hilfe für die Entwicklung und den Sieg der Revolution in allen Ländern. Den Sozialismus in der UdSSR aufbauen heißt deshalb, die gemeinsame Sache der Proletarier aller Länder verfechten, heißt, den Sieg über das Kapital nicht nur in der UdSSR, sondern auch in allen kapitalistischen Ländern zu schmieden, denn die Revolution in der UdSSR ist ein Teil der Weltrevolution; ist ihr Anfang und die Basis ihrer Entfaltung.3"

 

Im Jahre 1943 wurde die Komintern auf Beschluss des staatlichen Verteidigungskomitees aufgelöst. Das war eine rein pragmatische Maßnahme; es war notwendig, die kapitalistischen Länder, die damals gemeinsam mit der UdSSR gegen den Nazismus kämpften, davon zu überzeugen, dass die sowjetischen Bündnispartner in ihren Ländern keine subversiven Tätigkeiten ausführten. Dazu kommt, dass in Europa wegen des Krieges die Arbeit im früheren Kominternumfang nicht mehr möglich war.

 

Es lebe die Revolution!

1

MEW, Bd.4, S 374

2, Stalin, Werke, Bd. 6, S. 95

3 Stalin, Werke, Bd. 9, S. 25 f.

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