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Beitrag zur 3. Konferenz Mittlerer Osten

KSRD Ukraine, 19. September 2016

 

Die Entwicklung des postsowjetischen Russlands ist gekennzeichnet durch den Übergang zum Laisser faire, indem ein heißer Kampf um die Eroberung des Eigentums stattfand, der Übergang zu großen Gesellschaften mit Monopolkapital, unter Teilnahme des Staates. Das führte zur allmählichen Vernichtung des Systems der Staatsmacht, die sich gründete auf das Bündnis zwischen Beamtenschaft und oligarchischem Kapital unter aktiver Teilnahme der Unterdrückungsorgane des Staates. Dieses Bündnis erlaubte es, ideologische Klischees zur Beteiligung an den Vertretungsorganen der Staatsmacht zuzulassen, aber es schränkte die Möglichkeiten für eine organisierte Form der Organisation der wirklichen Gegner des Regimes ein.

Bei der Schaffung dieses Systems spielte die demoralisierende Wirkung eines ganzen Pakets von Gesetzen eine große Rolle, der Gesetze über den Verkauf von Land, über freien Alkoholverkauf, über die Privatisierung der kommunalen Dienste und viele andere Gesetze, die zur Verschlechterung der Lebensbedingungen führten, Zerstörung des Zusammenhalts der Bevölkerung, Differenzierung der Löhne nach Regionen. Das führte zu verbrecherischen gesellschaftlich-kommunalen Strukturen und zur Bildung regionaler Clan-Gruppen. Es war eine Depression des inneren Lebens des Landes.

Die Zerstörung der UdSSR und die Bildung unabhängiger Republiken hatte jeweils gemeinsame und besondere Züge in jeder Region des vereinten Landes.

In der Ukraine hatten die staatlichen Machtstrukturen einen demokratischeren und liberaleren Charakter , aber gleichzeitig waren die repräsentativen und ausführenden Organe des Staates korrumpiert und käuflich, wie im übrigen auch die staatlichen Strukturen der Macht und Justiz.

Die wirtschaftliche Grundlage war zerstört. Wenn am Anfang die staatlichen und kollektiven Formen des Eigentums absolut vorherrschten, So waren schon 4 Jahre nach dem Beschluss der Konstitution der ukrainischen Republik mehr als 60 % der Produktion in private Hände übergegangen. Diese Periode war bestimmt durch eine forcierte Schichtenbildung der Gesellschaft. Es tauchten die Klassen der großen und Kleineigentümer auf, es entstand eine Schichtung der proletarischen Schichten, der Lohnarbeiter und verstärkt formierten sich gesellschaftliche Bewegungen und Parteien mit schön klingenden Namen und verschwommenen ideologischem Gepäck, aber selbstverständlich mit Losungen über das soziale Wohlergehen.

Die weitere Entwicklung des Landes war bedingt durch den Zyklus der Wahlen, nach denen regelmäßig eine Umverteilung des Eigentums stattfand, ein Raub an den Resten des Staatseigentums.

Schon vor diesem Hintergrund wuchs eine Protestbewegung mit den klar entgegengesetzten Losungen „Europäisches Wertesystem“ und der orthodox-slawisch anderen Losung „Eurasisches Wertesystem“.

Beide Strömungen dröhnen von Fälschungen und leerer Phraseologie. Ihr Widerstand oder ihre Entgegenstellung ist mehr bedingt durch den Fluss finanzieller Mittel zu ihrem Selbsterhalt als durch reale Taten.

Bezeichnend und bestimmend für ihr Auftauchen und ihre Formierung waren ideologische Klischees, die traditionell sind für alte vorrevolutionäre gesellschaftliche Verhältnisse: Nationalismus, Chauvinismus, Klerikalismus, Liberalismus – und das geschieht im Euroapaintegrations- wie im Eurasienlager.

Als ein Besonderheit im gesellschaftlichen Bewusstsein der Ukraine kann man die Beziehung zur linken Ideologie bezeichnen, wie sie von den revisionistischen und chauvinistischen .Parteien KPU; PSMU, VKPBU, die zum zum Sprachrohr des eurasischen Segments für die ärmsten Schichten der Bevölkerung und die Kleinbourgeoisie wurden. Europa-Integrationisten tauchten unter den linken Kräften nicht auf, mit Ausnahme einzelner marginaler Personen.

Das Verhältnis Russlands zur Ukraine in der postsowjetischen Zeit war sehr exaltiert; neben dem Kontext des ökonomischen und politischen Bedarfs gab es noch einen anderen Unterton: die beharrrliche Nichtanerkennung des Bestehens der Ukraine als Land, als Kultur. Das alles ergoss sich Anfang 2014 in den blutigen Konflikt im Donbass und in der Annexion der Krim. Die inneren Aufteilungen der Oligarchen und der Mehrheit der Macht mit Präsident Janukowitsch an der Spitze führten zum Ausbruch der Unzufriedenheit der Volksmassen, zum Widerstand auf dem Maidan, zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und dem aufbegehrenden Volk, in deren Ergebnis Janukowitsch und seine nächsten Mitarbeiter aus dem Land flohen. Zur Macht kamen provisorische (bis zu den Präsidentenwahlen) Leute, die die exekutiven Aufgaben des Präsidenten und anderer staatlicher Ämter ausführten mit Turginov an der Spitze. Sie hatten eine offensichtlich propagandistische Orientierung in Bezug auf Politik und Wirtschaft.

Dies nutzend, beschloss Russland eine Aktion zur Eroberung der Krim zu beginnen, wozu Russland die 30 000 Mann, die es auf der Krim stationiert hat, nützte. Russland verstärkte sie mit ca. 3000 Leuten aus FSB, Gegenspionage und kosakischen Organisationen, die für solche Operationen eigens vorbereitet sind.

Häufig heißt es, dass der russisch-ukrainische Konflikt ein Gegeneinander von Ukraine und Nato ist. Wir meinen, dass es eher ein Komplott zwischen Russland, einem Teil der ukrainischen Oligarchen und ihrer westlichen Patronen zur Übergabe der Krim an Russland ist.

Betrachten wir die Fakten des Prozesses der Annexion der Krim:

1. Januar 2014: das 30 000 Mann umfassende Heer Russlands auf der Krim wird in militärische Bereitschaft versetzt.

2. Januar-Februar 2014: Auf die Krim werden Spezialisten für besondere Aufgaben geschickt, außerdem ein Kosakenregiment, zur Neutralisierung eventueller Exzesse.

3. 20. Februar: Die Regierung Russlands gibt eine Kriegsmdeaille heraus „Zur Rückkehr der Krim nach Russland“

4. 27. Februar: Der Tag wird erklärt zum Tag der Spezialkräfte aus Anlass der gelungenen Operation zur Rückkehr der Krim nach Russland, das ist 18 Tage vor dem Referendum auf der Krim. In Russland war man überzeugt – die Krim ist russisch.

5. Der Leutnant des FSB (russischer Geheimdienst) Girkin Strelkov, der an den Ereignissen auf der Krim beteiligt war, berichtete, dass er und seine Mitkämpfer gleich nach dem Krim-Referendum in den Donbass gegangen sind, um dort eine Operation durchzuführen, mit dem Ziel, die Aufmerksamkeit der Regierung der Ukraine von den Ereignissen auf der Krim abzulenken. Sie begannen dort Operationen zur Zerstörung von Polizeitruppen, der Justiz und gaben Waffen an russisch gesinnte Teile der Bevölkerung.

6. Seit dem 20. Februar waren in Kiew die ganze Zeit prowestliche Leute an der Macht. Außer Appellen an die internationale Gemeinschaft unternahmen sie nichts zur Erhaltung der Ganzheit des Landes. Außerdem verbot Turginov auf der Krim stehenden ukrainischen Truppen, den russischen Truppen Widerstand zu leisten, nicht einmal um sich selbst zu verteidigen. Außerdem erfüllte die Ukraine weiter ihre Pflichten aus dem Haushaltsplan und bezahlte die sozialen Ausgaben für die Krimbewohner bis zu den Präsidentenwahlen, obwohl aus der Krim Steuern und Bezahlung für Gas, Wasser und Elektrizität nicht mehr eingingen.

Zu noch seltsameren Geschichten kam es nach den Wahlen, nachdem Präsident Poroschenko zur Macht kam.

Der Kanal im Norden der Krim wird ein Jahr lang weiter mit Wasser versorgt und mit Elektrizität noch anderthalb Jahre. Nur unter dem Druck der Öffentlichkeit der Ukraine wird zunächst die Abgabe von Wasser, dann die von Elektrizität beendet.

Ein weiteres seltsames Ereignis: Die Krim wird weiter mit 70% des Nahrungsmittelbedarfs der Krimbewohner mit Lieferungen aus der Ukraine versorgt. Auch hier ist offensichtlich: die Macht in der Ukraine hat keine Logik in ihrer Politik.

Der Stopp der Lieferung von Wasser, Elektrizität und Lebensmitteln aus der Ukraine führte dazu, dass die Krim weder Licht noch Heizung hatte, ganze Zweige des Agrarsektors konnten nicht mehr produzieren, wie Fischwirtschaft, Reisanbau, weitere Zweige litten unter dem Wassermangel.

Für die Ukraine brachte der Regierungsantritt Poroschenkos nur einen positiven Faktor: Die bewaffneten Kräfte des Landes wurden in Gang gesetzt und stabilisierten binnen kurzer Zeit die Situation im Donbass, legten die Grenze für die russische Kontrolle bei in etwa 60 des Gebiets von Lugansk und Donezk fest. Doch dann traten die Minsker Abkommen in Kraft, die de explosive Situation offensichtlich auf lange Dauer konservierten. Denn in der Zone der Antiterror-Operation (Kiews) wird weiter geschossen, es wird weiter die kommunale und Produktions-Infrastruktur der Region zerstört, und dass hier Leute sterben, ist unwichtig.

In der Ukraine ist dieser Krieg nicht populär, viele fliehen vor dem Kriegsdienst nach Russland – in der Regel sind das Bewohner der westlichen Bezirke. Die Wirtschaft wird mit der Aufrechterhaltung der Armee nicht fertig. Die westlichen Tranchen und Milliardenkredite werden nach Meinung der Mehrheit der Bevölkerung geklaut.

Die Folgen der Krieges verschlimmerten die Lage der gesamten Bevölkerung des Landes- doch vor allem der Lohnarbeiter. Die Steuern wurden erhöht, die Preise für die kommunalen Dienste, Gas , Elektrizität, Verkehr stiegen

Es kamen eine Menge Flüchtlinge aus den Orten, an denen gekämpft wurde, und Migranten aus Russland. Man begann Unternehmen zu schließen, die mit dem russischen Markt verbunden waren, das waren nur wenige. Die Gesetzgebung der Ukraine wurde verschärft, die Folgen spürten viele.

Das Gesetz über die „De-Kommunisierung“ (Abriss von Denkmälern und Umbenennung von Straßen, die nach sowjetischen historischen Persönlichkeiten benannt waren) erlaubte es, die Bibliotheken vieler guter Bücher von auf der ganzen Welt berühmten Autoren zu berauben. Extremistische Organisationen tauchten auf, die diejenigen Organisationen bekämpften, die einen Kampf für soziale Rechte, würdige Bezahlung der Arbeit führten. Regelrechte Schlachten entfalten sich zwischen der Polizei und Leuten, die Bernstein suchen, da es andere Arbeit an diesen Orten nicht gibt.

Das ist der Hintergrund, vor dem der KSRD in der gegenwärtigen Ukraine arbeiten muss.

Die Situation ist für uns sehr schwierig. Dennoch festigen wir unsere Beziehungen zu den Arbeitern. So haben wir in letzter Zeit in verschiedenen Regionen Flugblätter vor Betrieben verteilt.

Noch etwas über Russland:

Ich beginne damit, dass die Nato nach anderthalbjährigem Abwarten sich doch entschied seine Truppen näher an Russland heranzurücken, in die Baltenstaaten, nach Polen und Rumänien. Es tauchten bescheidene Vertretungen in der Manöverzentren unter den Soldaten in den westlichen Regionen der Ukraine auf. Hat das Russland gestoppt? Natürlich nicht. Und das hauptsächlich, weil der Streit und die wirtschaftliche Konkurrenz nicht berührt waren. Aber Russland hatte seine Ziele erreicht und wird bisher nicht angegriffen. Russlands imperiale Ambitionen haben eine schwache ökonomische, aber einigermaßen mächtige militärische Basis, besonders wenn man das atomare Potenzial mit bedenkt. Das führt zu genügend großer Vorsicht der Konkurrenten, so dass Russland sich einige Freiheiten gegenüber seinen Nachbarn erlaubte.

Im weltpolitischen Prozess strebt Russland danach, eine aktive und klar bestimmte Rolle zu spielen. Nach der Zerstörung der hochtechnologisch und wissenschaftlich basierten Wirtschaftszweige, die es von der UdSSR geerbt hatte, und indem es sich einzig auf die Rohstoff-energie- und natürlichen Reichtümer stützte, auf Lieferungen von Waffen und Aggregaten für AKWs, konnte das russische Kapital im Konkurrenzkampf mit anderen internationalen Konzernen nicht bestehen. Deswegen ging es eine Allianz mit der bewaffneten Macht des russischen Staates ein und schlägt der Welt seine neuen Formen, wie man Krisen- und Konfliktsituationen löst, vor und tritt hervor als Lieferant von Kriegsdiensten zum Zweck von Spezialoperationen im Austausch gegen bestimmte territoriale Zugeständnisse, um den inneren Markt des Landes zu normalisieren und die wachsende soziale Angespanntheit in der russischen Gesellschaft zu stabilisieren. Innerhalb des Landes setzt das Kapital auf imperialen Chauvinismus, Klerikalisierung auf die Verstärkung der bewaffneten Systeme der Gendarmerie (s. Nationale Garde), auf die Einschränkung der Rechte der Bevölkerung auf Information, Freiheit des Gedankens , des Protests und der Vereinigungsrechte, besonders gegenüber internationalen Vereinigungen. Und alles das wird in der Gesetzgebung Russlands festgezurrt.

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