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An die Hauptkoordinatorin

von Bolşevik Parti(Kuzey Kürdistan/Türkiye), 16. November 2016

An die Hauptkoordinatorin der ICC

von Bolşevik Parti(Kuzey Kürdistan/Türkiye) 16. November 2016

Werte Genossin,

(…)

Kurz zu den Fragen die in deinem Antwortbrief angesprochen werden:

Zur Frage des Charakters des türkischen Staates: Der Mainstream (auch in den bürgerlichen Medien!) in der westlichen Welt dazu ist: Die Türkei driftet von der „Demokratie zur Diktatur“, von der „Demokratie zum Faschismus“ „Von der parlamentarischen Demokratie zur ein Mann-Herrschaft/ zur ein Mann-Diktatur“ etc. Begleitet wird diese Meinung mit Übertreibungen, die die Erdogan-Diktatur mit der Hitlerschen-Herrschaft, Erdogan mit Hitler vergleichen, bzw. sogar gleichsetzen. Dieser Mainstream entspricht nicht der Realität der Türkei, sondern ist eine Wahrnehmungsoperation der Bourgeoisie in den westlichen imperialistischen Ländern, die - von ihrer Warte zurecht - mit Erdogan und der AKP- Regierung unzufrieden sind und diese unter Druck zu setzen versuchen. Sie sind mit Erdogan und der AKP Regierung unzufrieden, nicht weil diese faschistisch herrschen, sondern weil Erdogan und deie AKP Regierung ihrer direkten Kontrolle entglitten sind. Die Imperialisten treten als Kämpfer für die Demokratie gegen den Faschismus in der Türkei auf. Das ist eine pure Heuchelei, die von KommunistInnen entlarvt werden muss.

Die Türkei ist ein faschistischer Staat. Sie war vor dem Putschversuch am 15. Juli 2016 faschistisch und ist nach dem Putsch nach wie vor faschistisch. Der Unterschied zu der Zeit vor dem Putsch ist nicht, dass nach dem zerschlagenen Putschversuch von einer „Diktatur mit weitgehend eingeschränkten bürgerlich-demokratischen Rechten“ zu einer faschistischen Diktatur übergangen wurde, sondern dass Erdogan und die AKP den zerschlagenen Putschversuch als günstige Gelegenheit verwenden ihre bedrohte politische Macht weiter auszubauen. Das heisst in der Praxis, dass der Faschismus in der Türkei vertieft wird.

Mit eurer Formulierung „Internationale Ächtung des faschistischen Herrschaftssystems mit T. Erdogan an der Spitze“ wären wir einverstanden, aber der wirkliche Unterschied bei der Einschätzung der Lage in der Türkei bleibt bestehen.

Zur Frage an wen sich die Forderungen richten:

- Wir sind der Meinung, dass die kommunistische Bewegung heute, was die Taktik betrifft, vorsichtig agieren muss, weil sie nicht einmal einen wichtigen Teil der Vorhut des Proletariats für die Sache des Kommunismus gewonnen hat. Es ist in der gegebenen Situation sehr wichtig und vorrangig durch richtige Propaganda und Agitation die Vorhut des Proletariats zu gewinnen. Unter den gegebenen Bedingungen sollten unsere Forderungen vor allem an das Proletariat und vor allem an dessen Vorhut gerichtet sein, um diese in Bewegung zu setzen.

- Was die konkreten Forderungen an die imperialistischen Mächte betrifft, sollten diese gestellt werden auch mit dem Ziel ihren wahren Charakter bloßzustellen und um ihre Heucheleien zu entlarven. Eine Forderung, die praktisch die westlichen imperialistischen Bourgeoisien als demokratische Kraft, die gegen den Faschismus auftreten darstellt, ohne zugleich zu erklären, dass sie die abhängigen Länder wie zum Beispiel die Türkei im Kampf um Welthegemonie benutzen, dass sie faschistische Regime installieren und unterstützen, wenn diese ihnen passen, dient diesem Zweck nicht. Das heißt ihre „Demokratie-verteidigung“ in den abhängigen Ländern ist im Grunde eine Heuchelei. Wir sind nicht prinzipiell dagegen, dass Komunistinnen auch Forderungen an imperialistische Regierungen stellen, aber man muss es so machen, dass keine Illusionen über diese Regierungen geschürt werden.

Die Forderung, die an westliche imperialistischen Mächte gerichtet ist, sie sollen ihre diplomatischen Beziehungen zur Türkei kappen, mit der Politik Stalins in der Anti-Hitler-koalition zu vergleichen ist a-historisch und völlig falsch. Die SU unter Führung Stalins war eine sozialistische Staatsmacht, eine Weltmacht, die das Proletariat und die Völker um sich scharte, eine Macht, die taktisch die tatsächlich existierenden Widersprüche unter dem imperialistischen Mächten ausnützen konnte und ausnützte. Zum anderen war der Hitlerfaschismus, Vertreter einer faschistischen imperialistischen Großmacht.

Mit den vorgeschlagenen Erweiterungen wären wir einverstanden, aber auch da würde der Widerspruch an der Herangehensweise nicht aus der Welt geschafft.

Zum Selbstbestimmungsrecht: Die marxistisch-leninistische Forderung in dieser Frage lautet: „Selbstbestimmungsrecht der Nationen“. Dazu schlagen wir vor, die Auseinandersetzung Lenins mit Rosa Luxemburg und mit Bucharin noch einmal in die Diskussion einzubeziehen. Auch wenn Nation und Volk in manchen Texten teilweise gleich verwandt wurden, die richtige strategische Forderung in der nationalen Frage in den zentralen Schriften Lenins und Stalins lautet eindeutig so. Auch unser Genosse Ibrahim Kaypakkaya hat in dieser Frage in seiner Schrift „Nationale Frage in der Türkei“ eine ausführliche ideologische Auseinandersetzung gegen den Safak-Revisionismus geführt.

Wir sind nur mit diesen Vorbehalten, die auch allen ICOR Mitgliedern zugänglich gemacht werden sollten- mit der „Weiterentwicklung des Paktes“ einverstanden.

Mit revolutionärem Gruss

BP(NK/T) Z.K. i.A.

16.11.2016

 

 

 

 

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