10 Jahre seit der Gründung der Kommunistischen Organisation Griechenlands
Die Kommunistische Organisation Griechenlands (KOE) wurde vor 10 Jahren auf ihrem ersten Kongress gegründet, der im Januar 2003 statt fand, nach einer langen Phase der vielgestaltigen Vorbereitungen seit den 80er Jahren.
Während dieser Jahrzehnte fanden national und international viele wichtige soziale und politische Bewegungen und auch Volksaufstände auf der ganzen Welt statt. Riesige politische, wirtschaftliche und soziale Veränderungen fanden nicht nur auf internationaler Ebene statt, sondern auch in unserm Land. Diese Veränderungen verschoben das internationale Kräfteverhältnis und die politische Landkarte unseres Landes. Das bedeutende an dieser Veränderungen war das Ausmaß, in dem das griechische Volk ein Hauptfaktor der politischen Veränderung wurde durch einen komplizierten Prozess des sozialen Kampfes und des politischen Selbstbewusstseins. In all diesen Jahren war die Haltung der KOE, die politischen Vorgänge zu verstehen und die zugrunde liegenden Ursachen welche die Volksbewegung formen und zugleich den Kurs einer politischen Aktion zu artikulieren, der den Kampf des Volks unter einer gemeinsamen Perspektive vereint.
Für unsere Organisation war das ein Jahrzehnt der ideologischen und politischen Reifung durch die Teilnahme an allen neuen Kampfformen und den wichtigsten politischen Mobilisierungen unseres Volkes:
-
Die KOE wurde im griechischen und europäischen Sozialforum aktiv, in der Anti-Globalisierungsbewegung und auf vielen internationalen Treffen.
-
Zugleich hat unsere Organisation feste Beziehungen mit wichtigen internationalen Bewegungen und Parteien geschmiedet, einerseits, um deren eigene politische Charakteristik in unserem Land bekannt zu machen und andrerseits, um die internationalistische Solidarität voran zu bringen.
-
Die KOE hat auch an vielen Solidaritätsreisen nach Palästina und anderswo teilgenommen. Ihre Mitglieder waren auf dem ersten Schiff, das sich 2008 gegen die israelische Blockade von Gaza stellte.
-
Seit 2008 organisiert die KOE jährlich das internationalistische Widerstandsfestival, einen Treffpunkt für die Ideen und die Kämpfe, die von den Bewegungen, Kollektiven und kämpferischen Kräften repräsentiert werden.
-
Jüngst hat sie ihre Verbindungen mit verschiedenen Bewegungen des arabischen Frühlings verstärkt und hat daran gearbeitet, ihre Position innerhalb der europäischen Linken zu verstärken.
Ein wichtiger Nutzen für die KOE ist, dass sie durch diesen Prozess in ihren politischen Ideen beeinflusst wurde und Erfahrungen sammelte.
2007 hat sich die KOE in Gefolge einer Resolution ihres 2. Kongresses mit den Kräften der Koalition der Radikalen Linken (Syriza) zusammengeschlossen zu einer, für die griechische politische Kultur einmaligen Bemühung zur Aktionseinheit der griechischen Linken. Bereits seit 2003 war KOE ein aktives Mitglied der Initiative für die Gemeinsame Aktion der Linken, die später zur Bildung von SYRIZA führte.
Seit 2010 spielt die KOE eine entscheidende Rolle bei der Herausgabe der Wochenzeitung “DROMOS tis Aristeras” (“Weg der Linken“), ein Beispiel für einen pluralistischen und offenen linken Journalismus, der zugleich eine konkrete Linie im Dienst der Interessen des griechischen Volks fördert.
Wir sind der Meinung, dass die Vereinigung des Volkswiderstands zu einer gemeinsamen, artikulierten Bewegung oberste Priorität hat. In dieser Hinsicht hat unsere Organisation seit 2008 eine entscheidende Rolle in der Schaffung und Entwicklung der „Nicht Bezahlen“-Bewegung gespielt, indem sie, neben anderen breiten Volksinitiativen, gegen die Bezahlung von Maut auf den privatisierten Autobahnen mobilisiert und inspiriert hat. Wir haben auch bedingungslos die griechische Jugendrevolte im Dezember 2008 unterstützt, die ein neuer Start für den politischen Kampf in Griechenland war, in dem Moment, als die Wirtschaftskrise begann unser Land zu treffen.
Durch diesen Kurs hat die KOE sich selbst zu einer Kraft entwickelt die einen Beitrag innerhalb der linken Bewegung leistet. Der Weg dahin war eine sorgfältige Analyse der heutigen Welt, die selbstlose und vorbehaltlose Teilnahme ihrer Mitglieder und Sympathisanten an den politischen und sozialen Kämpfen, die Solidarität mit den Volksbewegungen und linken Bewegungen im internationalen Maßstab und nicht zuletzt die Verstärkung der Vereinigung und Initiativen für eine Front mit der griechischen Linken.
Die KOE vermied die Falle der Selbstbezogenheit und Selbstgefälligkeit. Ihr politischer Kompass war nicht eine Haltung „alles in Ordnung“. Im Gegenteil, wir folgten ständig einem Denken “über den Tellerrand hinaus“, um uns von der nach Innen gerichteten Haltung zu lösen, die nur das Ergebnis hat, das Potential der linken und kommunistischen Bewegung einzuengen. Wir waren entschlossen, klare Schlussfolgerungen zu ziehen, welche die positiven und negativen Erfahrungen der griechischen und internationalen linken Bewegung berücksichtigen, und dabei immer die gegenwärtige Lage und die Bedürfnisse unseres Volkes im Auge zu haben. Das war ein Kurs weit weg von einer stereotypen Geisteshaltung. Zurzeit ist unser Ziel, die programmatischen Züge festzulegen, welche die Identität der linken und kommunistischen Bewegung im 21. Jahrhundert bilden, durch eine ernsthafte Untersuchung der Linken und ihrer verschiedenen ideologischen Strömungen und Modelle. Unser endgültiges Ziel bleibt es, einen Beitrag zur Wiedergründung der Linken auf ideologischem, politischem und organisatorischem Niveau zu leisten.
Die Geschichte der KOE bis heute war relativ kurz aber dennoch turbulent. Es war eine Geschichte von vielen Tests in der Gesellschaft und der Bewegung selbst. Wir anerkennen die Tatsache, dass Versuch und Irrtum miteinander einhergehen, aber wir haben nie den Kopf in den Sand gesteckt; im Gegenteil, wir sehen unsere Fehler als Quelle der Erkenntnis an. In dieser Hinsicht war unser 3. Kongress im März 2012 ein wichtiges Ereignis, was die tiefe und selbstkritische Bewertung angeht, während er gleichzeitig die Debatte über die Frage der Ideologie und die wechselseitigen Beziehungen innerhalb einer kommunistischen Organisation eröffnete.
Während der letzten 3 Jahre haben wir schnelle und radikale Veränderungen in unserem Land erlebt. Darunter sind die hauptsächlichsten:
-
die bedrohliche Gefahr der Zerstörung des Lands durch die Memoranden und die von der IWF-EU-EZB-Troika diktierten und von ihren gehörigen Lakaien umgesetzten Politik,
-
der Zusammenbruch des Zwei-Parteien politischen Systems,
-
das Aufkommen neuer politischer Formationen,
-
die Machtverschiebung innerhalb der Linken und der nachfolgende Aufstieg von SYRIZA und,
-
nicht zuletzt, wichtige Verschiebungen im sozialen Bewusstsein der breiten und radikalisierten Volksmassen.
Seit den frühen Stufen dieser schwierigen Periode haben wir die Notwendigkeit betont, uns von dem “Spezialregime” zu befreien, das unserem Volk und Land durch die Troika, die Memoranden und das verfaulte bürgerliche politische Establishment aufgezwungen wurde. Im Mai 2011, kurz vor dem Ausbruch der „Squares movement“1 Marktplatz-Bewegung formulierten wir die Linie eines dringenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Auswegs für unser Land.
Diese Linie schlägt einen Übergangskurs vor, der durch eine tiefgehende politische Veränderung gekennzeichnet ist, die Bildung einer neuen, echten Demokratie und den produktiven Neuaufbau des Landes. So konnten wir sofort reagieren auf die Bestrebungen und die Erwartungen der hunderttausenden empörter Bürger, die gegen die von der Troika aufgezwungene „Junta“ und gegen das sich weit und schnell ausbreitende Elend demonstrierten, das durch die Memoranden provoziert wurde. Die KOE nahm teil an allen Streiks und Demonstrationen während dieser letzten drei Jahre, und war immer im Kontakt mit dieser anwachsenden Radikalisierung des Volks gegen das Spezialregime eines modernen Protektorats innerhalb der EU. Wir haben auch an den kritischen Wahlschlachten im Mai-Juni 2012 zusammen mit SYRIZA teilgenommen und erreichten, dass 5 unser Mitglieder als Parlamentsvertreter in SYRIZA gewählt wurden.
Heute erleben wir die Notwendigkeit, aber auch unsere wachsende Erfahrung und Fähigkeit, dringend für den Aufbau einer breiten politischen Volksströmung zu arbeiten, die einen tiefgehenden Wandel durchsetzen und den Weg öffnen wird für einen Ausweg für das Land. Die Linie für einen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Ausweg für das Land, die jüngst angereichert wurde durch die Strömung, die die Notwendigkeit einer politischen Strömung unterstrich, die fähig ist, den dringenden Forderungen der griechischen Gesellschaft nachzukommen, das ist unsere Waffe im Kampf für den Übergang zu einem Land befreit von Troika und Memoranden, frei von ausländischer Vorherrschaft, frei von diesem verfaulten bürgerlichen politischen System.
-
An unsere Mitglieder die selbstlos arbeiteten und Beiträge leisteten für alle Bewegungen und den Widerstand, die in den letzten Jahren in allen wichtigen Kämpfen und historischen Momenten des griechischen Volks an vorderster Front standen...,
-
und an all unsere Freunde, die zusammen mit der KOE auf den Straßen kämpften und dabei halfen, unsere Organisation und unsere Identität zu formen...
...richten wir einen Aufruf, wobei wir genau wissen, wie hart die Bedingungen sind, unter denen wir alle leben und kämpfen:
Lasst uns weiter kämpfen!
Werfen wir das barbarische Troika Regime aus unserem Land!
Lasst uns ein wirklich demokratisches Griechenland aufbauen, ohne ausländische Herrscher und einheimische Tyrannen!
Für eine befreite Gesellschaft, frei von Unterdrückung, Entfremdung und Ausbeutung!
Athen, 8. Februar 2013
1 Wörtliche Übersetzung: Plätze-Bewegung; Anm.: Bewegung zur Besetzung zentraler Plätze, die in Griechenland mit der Besetzung des zentralen Syntagma Platzes in Athen begann.