Rote Fahne 20/2025

Rote Fahne 20/2025

Wie Ministerin Reiche den Klimaschutz vollends über Bord werfen will

Dürren, Hitzewellen und Überschwemmungen folgen im beschleunigten Wechsel. Doch statt schnellstmöglicher vollständiger Ersetzung fossiler Brennstoffe durch erneuerbare Energien will Wirtschaftsministerin Katherina Reiche deren viel zu langsamen Ausbau vollends abwürgen und rücksichtslos auf fossile Energieträger setzen.

Von dr
Wie Ministerin Reiche den Klimaschutz vollends über Bord werfen will
Die Umweltfrage gehört auch auf Friedensdemonstrationen (beim Ostermarsch 2025 in Stuttgart)

Die Förderung privater Solaranlagen soll nach dem Willen der Ministerin komplett wegfallen. Mit der Streichung der Einspeisevergütung und der Beteiligung an Netzgeldkosten will sie Millionen Besitzer von Kleinsolaranlagen zu Gunsten der Energiemonopole vom „Markt“ verdrängen. Auch den Ausbau neuer Offshoreanlagen und Übertragungsnetze will Reiche an die von ihr selbst willkürlich gesenkte Bedarfsprognose „anpassen“ – also ebenfalls drastisch zurückfahren.


Geplant sind stattdessen neue klimaschädliche Gaskraftwerke mit einer Leistung von 20 000 Megawatt. Damit sich das rentiert, will Reiche auch das Heizen mit Erdgas ohne Limit ermöglichen. Vor allem soll der Import des noch schädlicheren Frackinggases aus den USA erheblich ausgebaut werden. Hunderte Millionen Euro aus dem „Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität“ werden dafür in neue LNG-Terminals¹ investiert.

Erfüllungsgehilfin des „Deals“ von Trump mit der EU

Die Ministerin macht sich damit zur Erfüllungsgehilfin des „schmutzigen“ Deals von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit US-Präsident Donald Trump. Bis in die EU-Kommission hinein stieß das auf Empörung und Unverständnis. Experten rätselten, was die EU mit den vereinbarten gigantischen Öl- und Gasimporten in Höhe von 750 Milliarden Dollar innerhalb von drei Jahren anfangen soll. 2024 betrug der Wert des Imports fossiler Brennstoffe aus den USA gerade mal 65 Milliarden Dollar.² Reiche gibt die Antwort: Die Energiegewinnung aus erneuerbaren Quellen soll dafür rigoros zurückgefahren werden. Bei ihren Freunden in der Gasindustrie knallen die Sektkorken. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und der Verband der Chemischen Industrie (VCI) loben ihre Pläne.


Schon die Ampel-Regierung riss ständig die CO2-Ziele bei Verkehr, Wärme und Industrie, fuhr die Subventionen für erneuerbare Energien herunter und ordnete die Umweltpolitik mehr und mehr dem Kriegskurs unter. Die Merz/Klingbeil-Regierung treibt diesen umweltpolitischen Kahlschlag auf die Spitze. Sie will den Klimaschutz endgültig in die Tonne treten.

 

Im Gegensatz dazu wünschen sich in einer Umfrage von „pollytix Politikmonitor“ 73 Prozent der Befragten mehr Investitionen in erneuerbare Energien. 71 Prozent fordern die Fortsetzung der Förderung von Photovoltaik-Anlagen auf Hausdächern und 59 Prozent lehnen fossile Projekte wie den Bau neuer Gaskraftwerke ab.³

Eiskalte Managerin der Energiekonzerne

Katherina Reiches Politik geht in die Richtung dessen, was die Bewegung der Leugner der Klimakatastrophe unter ihrer Galionsfigur Donald Trump vertritt. Sie hält den Ausbau der erneuerbaren Energien für „überzogen“, hetzt gegen den „Zwang zur Wärmepumpe“, den es so nie gab, und verteidigt vehement die Atomenergie als angeblich „CO2-frei“. Reiche betätigt sich damit als eiskalte Interessensvertreterin der Energiemonopole. Schließlich war sie jahrelang Vorstandsvorsitzende der Westenergie, einer hundertprozentigen Tochter von E.on. Der E.on-Konzern ist unter anderem Betreiber einer der größten CO2-Dreckschleudern, des Kohlekraftwerks Datteln.


Damit schließt sich auch der Kreis zum Faschisten Donald Trump als Vertreter der am meisten reaktionären Kreise des Finanzkapitals in den USA.


Die neue Regierung setzt auf die Nutzung der unterirdischen CO2-Speicherung (CCS⁴). Bis frühestens 2033 soll abgespaltenes CO2 durch ein circa 700 Kilometer langes Pipeline-Netz fließen – von Köln über das dichtbesiedelte Ruhrgebiet bis ins niederländische Rotterdam. Dort soll es dann unter dem Meeresgrund verpresst werden. Betreiber sind die BASF, die niederländischen Konzerne Tennet und Gasunie sowie die aus dem E.on-Konzern hervorgegangene Open Grid Europe GmbH. Kritische Experten warnen vor größten Risiken der Pipeline-Technologie und bezweifeln, dass das gespeicherte CO2 dauerhaft und vollständig in den unterirdischen Speichern bleibt.⁵

Von wegen „zu schneller Ausbau“

Mit dem Märchen vom „zu schnellen und damit zu teuren Ausbau“⁶ erweckt Ministerin Reiche den Eindruck, als gehe es ihr auch um den Geldbeutel der kleinen Leute. Ihr geplanter Ausbau von Gaskraftwerken, betrieben maßgeblich mit dem teuren Frackinggas aus den USA, wird die Energiekosten für die Verbraucher noch weiter in die Höhe treiben. Angeblich will Reiche am 80-Prozent-Ziel für Strom aus erneuerbaren Quellen festhalten.⁷ Das sei kein Problem, weil viel weniger Energie als bisher prognostiziert gebraucht würde. Es ist ein billiger Bilanztrick, mit dem sie den Energiebedarf massiv herunterrechnet. Angesichts des real stark wachsenden Energiebedarfs – unter anderem durch KI und dafür benötigte Supercomputer auch für militärische Zwecke – wird das schon unzureichende 80-Prozent-Ziel noch weiter verfehlt, als es ohnehin der Fall gewesen wäre.


Eine pseudowissenschaftliche Studie mit manipulativen Monitoringvorgaben, die Reiche an das industriefreundliche Energiewirtschaftliche Institut der Universität Köln vergab, sollte mit einem „Realitätscheck“ ihre Behauptungen untermauern.


Selbst das ging voll daneben. Im Gegensatz zu Reiche stellten die Gutachter fest, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien weiter in hohem Umfang erforderlich ist und ein riesiger Handlungsbedarf besteht.

Weltweite Widerstandsfront und gesellschaftsverändernder Umweltkampf

Die verschärfte reaktionäre Wende in der Umweltpolitik vertieft die begonnene Umweltkatastrophe. Noch verbliebene Umweltschutzmaßnahmen werden rigoros dem ökonomischen, politischen und militärischen Konkurrenzkampf der Imperialisten untergeordnet. Das setzt den Aufbau einer internationalen Widerstandsfront gegen die Folgen der Umweltkatastrophe auf die Tagesordnung, die sich eng mit dem Kampf gegen die faschistische Gefahr und die akute Weltkriegsgefahr verbindet. Die Marxisten-Leninisten werden alles daran setzen, dass immer mehr Menschen erkennen, dass der Kampf für eine sozialistische Gesellschaft die einzige Rettung vor der drohenden Ausreifung der globalen Umweltkatastrophe bietet.


Sowohl bei den großen Friedensdemonstrationen am 3. Oktober in Berlin und Stuttgart als auch bei weiteren geplanten Protestaktionen gegen den Krieg in Gaza und in der Ukraine gehört die Umweltfrage unbedingt dazu. Die Umweltgruppen der MLPD werden dort breit das Buch „Die globale Umweltkatastrophe hat begonnen! Was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur?“ anbieten und verkaufen. Ein wichtiges Projekt ist der Internationale Umweltratschlag (IEC) Ende 2026.