Rote Fahne 01/2026

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Han Suyin – eine revolutionäre Schrift­stellerin und ihre Wandlung

Kürzlich jährte sich zum 13. Mal der Todestag von Han Suyin. Sie gehörte zu den kreativsten und schriftstellerisch begabtesten unter den fortschrittlichen Autoren, die zur Zeit des sozialistischen China Mao Zedongs dem westlichen Publikum die chinesische Revolution nahebrachten.

Von mz
Han Suyin – eine revolutionäre Schrift­stellerin und ihre Wandlung
Poster in der Kulturrevolution: „Revolution ist kein Verbrechen, Rebellion ist gerecht- fertigt“ (etwa) 1966 Foto: Screenshot chineseposters.net

In schlichtem Stil und natürlichem Fluss beschrieb sie, wie China nach 1949 begann, jedes andere Entwicklungsland der Welt in Gesundheitsversorgung, Alphabetisierung, industrieller und landwirtschaftlicher Produktion übertreffen.

Konkret und lebendig beschrieb sie, wie die revolutionäre Demokratie in der Großen Proletarischen Kulturrevolution Chinas beispiellose Höhen erreichte. Sie kritisierte offen die westlichen Medien, die in ihrer antikommunistischen Propaganda ein Zerrbild des revolutionären China zeichneten. Han berichtete ausführlich über die Landreformbewegungen, die Gründung von Volkskommunen, die Wandzeitungen und wie Arbeiter und Bauern ihre revolutionären Komitees leiteten.

Biografie über Mao Zedong

In „Die Morgenflut“ erzählt sie die ersten 61 Jahre im Leben Maos, von seiner Geburt im Jahr 1893 im beschaulichen Dorf Shaoshan bis zum Ende des Koreakriegs. Dabei orientiert sie sich immer an der Lage der Massen und Maos selbstgestellter Aufgabe, sie von Hunger, Ausbeutung und Unterdrückung zu befreien.


Als Zhou Enlai, Zhu De und andere spätere Führer der Revolution zum Studium nach Europa gingen, blieb er zu Hause, weil er das Gefühl hatte, noch so viel über sein eigenes Land lernen zu müssen.

 

Han Suyin beweist oft ein gutes Verständnis der komplizierten Linienkämpfe innerhalb der KP Chinas. So zum Beispiel, als Mao beim Zerbrechen der ersten Einheitsfront 1927 konsequent gegen die rechtsopportunistische Linie der Mehrheit des Zentralkommitees um Chen Duxiu¹ kämpft: Diese wollte sich ängstlich an den liberalen Flügel der Kapitalistenklasse anbiedern und fiel den kämpfenden Arbeitern und Bauern in den Rücken. Man kann mitverfolgen, wie Mao in den harten Zeiten des Guerillakampfs im Jinggang Gebirge und des langen Marsches nach und nach zu dem schöpferischen und prinzipienfesten – prak­tischen und theoretischen – Führer wurde, den die Welt später kennenlernen sollte.

Würdigung der Kulturrevolution

In „Der Flug des Drachen“, dem zweiten Teil der historischen Biografie über Mao, zeichnet Han detailliert und anhand vieler Originalquellen die Entwicklung Chinas direkt nach dem Volksbefreiungskrieg im Jahr 1949 bis zum Jahr 1975 nach, als das Buch geschrieben wurde. Die Errungenschaften der Kulturrevolution werden lebendig und begeistert geschildert. Aber auch Auswüchse und Fehler werden nicht verschwiegen. Hierbei wird jedoch die Schuld zu sehr bei einzelnen Personen gesucht, statt den komplizierten Linienkampf gerade in der zweiten Phase der Kulturrevolution und nach dem Tod Lin Biaos tiefer zu untersuchen. Auch Han Suyins Werke „Das China Mao Zedongs“ und „Chinas Sonne über Lhasa“ über die Befreiung Tibets sind sehr lesenswert.

 

Auch westliche Autoren wie Edgar Snow, Agnes Smedley, Jan Mydral und viele andere, haben die Geschichte und Errungenschaften der chinesischen Revolution einem westlichen Publikum zugänglich gemacht und sich dabei große Verdienste erworben. Han Suyins Vorzug ihnen gegenüber ist jedoch zum einen, dass sie Zugang zu den Archiven der KP Chinas hatte. Diese waren für ihre der chinesischen Schriftzeichen nicht kundigen westlichen Kollegen schon aus sprachlichen Gründen nicht nutzbar. Zum anderen kam ihr ihre tiefe Verwurzelung in der Seele, Kultur und Geschichte des chinesischen Volkes zugute – wo ihre Kollegen als Besucher kamen, war sie zu Hause.

Spätere Wandlung

Leider gelang es Han Suyin nach 1978 nicht, Chinas Weg zum Kapitalismus zu durchschauen. Sie wurde zu einer Unterstützerin Deng Xiaopings und ging sogar so weit zu behaupten, nur Maos Frau Jiang Qing habe Deng bekämpft, nicht Mao selbst. Wie konnte eine begeisterte Unterstützerin der Kulturrevolution wenige Jahre später das Gegenteil vertreten? So wie auch andere revolutionäre Künstler (siehe Artikel „Die Malerei des revolutionären Chinas und die Wandlung Chen Yifeis“ in Rote Fahne 11/2025), konnte Han Suyin unter der zielklaren revolutionären Führung Mao Zedongs gute Beiträge leisten. Als diese wegfiel, konnte sie sich aber nicht selbständig orientieren und folgte einfach weiter der – inzwischen bürgerlichen – Parteiführung.


Willi Dickhut, Vordenker und Mitbegründer der MLPD, zog aus dieser Zerstörung des Sozialismus unter anderem den Schluss, dass die Mitglieder nicht nur die Herren der Partei sein und eine starke Kontrolle von unten ausüben müssen, sondern sich durch immer bessere und tiefere ideologisch-politische Arbeit auch dazu befähigen müssen. Parteimitglieder, die unkritisch der Führung in allem folgten, ohne den eigenen Kopf zu benutzen oder Führer, die sich für unkritisierbar hielten – das war für ihn mit kommunistischen Prinzipien unvereinbar. Auch unter diesen Leitlinien wurde die MLPD als Partei neuen Typs aufgebaut. In diesem Sinne ist uns Han Suyin – in ihren großen Leistungen wie auch mit ihren späteren Fehlern – eine Anregung und Mahnung, stets wachsam den eigenen Kopf zu benutzen und den Marxismus-Leninismus lebendig anzuwenden.