Rote Fahne 26/2025

Rote Fahne 26/2025

Ein Denkmal für die Opfer von Faschismus und Krieg

Das Oorlogsmonument im Volkspark Enschede – ein Besuch ist zu empfehlen

Von einem Korrespondenten aus Dresden
Ein Denkmal für die Opfer von Faschismus und Krieg
Das Denkmal

Während eines Urlaubs im nordrhein-westfälischen Münsterland unternahmen wir einen Tagesausflug nach Enschede in Holland. Dorthin gelangt man problemlos von Münster mit der Regionalbahn. Bis Enschede gelten das Deutschlandticket sowie alle anderen in Deutschland gültigen Fahrscheine. Die Bahn benötigt circa 80 Minuten.

 

Vor 700 Jahren, im Jahre 1325, erhielt Enschede offiziell die Stadtrechte durch den Utrechter Bischof Jan van Dienst verliehen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Stadt zum bedeutendsten Standort der Textilindustrie in den Niederlanden, wovon auch die angrenzende Stadt Gronau nachhaltig profitierte. Während der Blütezeit zählte Enschede 75 Textilfabriken.

Unter deutscher Besatzung

Während des Zweiten Weltkriegs war Enschede aufgrund ihrer grenznahen Lage eine der ersten niederländischen Städte, welche von der deutschen Wehrmacht eingenommen wurde. Unter dem Eindruck einer Razzia im September 1941, bei der 105 Juden aus Twente verhaftet und in das KZ Mauthausen verbracht wurden, brachte Leendert Overduin (1900 – 1976), ein Prediger der Gereformeerde Kerken in Hersteld Verband, einer kleinen reformierten Kirche, eine Gruppe von etwa 50 Judenrettern zusammen.


Der Groep Overduin gelang es, etwa 1000 Juden aus Twente vor ihrer Deportation und damit vor dem Holocaust zu bewahren. So überlebten etwa 500 der rund 1300 Juden, die 1940 in Enschede lebten, die deutsche Besatzung. Die meisten Widerstandskämpfer Enschedes fanden kurz vor der Befreiung der Stadt den Tod, als sie von einem mutmaßlich mit der deutschen Oberhoheit sympathisierenden Spion verraten wurden. Dieser hatte den Besatzern einen Kellerraum als geheimen Treffpunkt des Widerstands genannt. Die Deutschen suchten daraufhin diesen Treffpunkt auf und warfen Granaten in den Kellerraum, wodurch die meisten der Anwesenden getötet wurden.


Enschede wurde von der Royal Air Force bzw. von der US Air Force 61 Mal bombardiert – unter anderem weil Enschede irrtümlich für eine deutsche Stadt gehalten wurde. Durch die Luftangriffe der Alliierten kamen in Enschede 356 Menschen ums Leben, die Stadt trug immense Kriegsschäden davon. Enschede wurde am 1. April 1945 durch britische Truppen befreit.¹

Mahnmal für die Opfer

Nahe des Stadtzentrums befindet sich der Volkspark, der zum Flanieren einlädt. In diesem steht ein beeindruckendes Mahnmal für die Opfer von Krieg und faschis­tischer Besatzung. Ein Denkmal, bestehend aus sechs Skulpturen. Erschaffen wurde es von dem niederländischen Bildhauer Mari Andriessen (1897 – 1979). Das Denkmal wurde am 4. Mai 1953 vom damaligen Ministerpräsidenten der Niederlande, Dr. W. Drees enthüllt. Die Skulpturen bestechen durch ihre sehr einprägsame, realistische Gestaltung, die den dargestellten Personen Individualität verleiht. Der entschlossene Blick der dreiköpfigen Widerstandsgruppe, einer Frau vornweg. Ebenso die KZ-Häftlinge, deren Gesichter ausdrücken: Wir geben nicht auf. Das Leid der Frau mit dem toten Kind auf ihren Armen, die Opfer eines Bombenangriffs wurden. Der Soldat mit dem Gewehr und seinem wachsamen Blick. Der Gefangene, das Buch in der Hand, drückt aus, dass er sich nicht zum Schweigen bringen lässt. Bei jeder einzelnen der dargestellten Personen lohnt es sich zu verweilen. In ihren Gesichtern zu lesen, was sie empfinden, was sie bewegt. Der Bildhauer hat es geschafft, seinen Statuen, seinen Denkmälern tatsächlich neues, dauerhaftes Leben zu geben. Am Rande stehend, die Gruppe verlassend aufgestellt, und dadurch gerade auch Aufmerksamkeit erregend, findet sich die Skulptur der jüdischen Frau mit Kleinkind. Nur ein kleines Bündel mit Habseligkeiten in der Hand – auf dem Weg ins Konzentrationslager. Auch der ihr verliehene Gesichtsausdruck und der ihres kleinen Kindes, das noch nicht verstehen kann, was da um es herum passiert, prägen sich ein.

Erinnerungen wachhalten

Nicht nur jungen Leuten sei ein Besuch der Gedenkstätte ans Herz gelegt. Die Erinnerung an die damaligen Geschehnisse, das Wachhalten dieser Erinnerungen, stellt ein wichtiges Moment für unseren heutigen Kampf gegen Faschismus, gegen Kriege und Weltkriegsgefahr, für eine lebenswerte Zukunft dar.