Rote Fahne 25/2025

Rote Fahne 25/2025

Statt Roter Queer-AG: Quer durch MLPD und REBELL

MLPD solidarisch gegen jede Diskriminierung wegen sexueller Orientierung oder Identität:

Von Anna Bartholomé
Statt Roter Queer-AG: Quer durch MLPD und REBELL
Anna Bartholomé (rechts) und Nadja Schallenberg beim Infostand in Berlin am 19. Juli 2025

Noch nie gab es in Deutschland so viele CSD-Demonstrationen wie in diesem Sommer: Gezählt wurden über 228 Demons­trationen mit mindestens 2,1 Millionen Teilnehmenden, nicht nur in Groß- auch in Kleinstädten und Gemeinden, besonders in Ostdeutschland.¹ Ein wachsender Teil versteht sich der antifaschistischen Bewegung zugehörig. Dafür gab es eine breite Unterstützung aus der Bevölkerung, oft mit aktiver Beteiligung von MLPD und REBELL.

 

Extreme Frauenfeindlichkeit und besonderer Hass gegen Homosexuelle und Transpersonen sind ein gemeinsames Merkmal der modernen Faschisten – von Trump über Putin, Milei, Orban oder Erdo˘gan – bis zur AfD. Zweifellos löst das bei vielen Ängste und Besorgnis aus – es fordert aber auch zum Widerstand heraus. Die MLPD erlebt dabei ein wachsendes Interesse an einer sozialistischen Perspektive und schwindende antikommunistische Vorbehalte. Auch die Rote Fahne berichtete mehrfach: Eine klare Positionierung zum neuen Transgendergesetz der Bundesregierung wurde erarbeitet.

Vernachlässigung widerspricht Linie der MLPD

Für uns steht die Aufgabe, die von Kapitalismus und Imperialismus unterdrückten Menschen für den gemeinsamen antiimperialistischen und antifaschistischen Kampf zu gewinnen und zu organisieren, das Interesse für einen neuen Anlauf zu einer sozialistischen Gesellschaft zu wecken. Denn erst im Sozialismus werden Fragen der sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität wirkliche Privatangelegenheit werden.

 

Vor diesem Hintergrund hatte die MLPD im Mai 2025 mit dem Aufbau einer Arbeitsgruppe „Rote Queer-Politik“ begonnen. Anfang Juli wurde das im Rote Fahne Magazin bekanntgemacht und stieß in- und außerhalb von Partei und REBELL auf Zustimmung – womöglich auch, weil die Thematik längere Zeit in der Roten Fahne vernachlässigt worden war.² Eine solche Vernachlässigung steht aber im Widerspruch zur ideologisch-politischen Linie der MLPD. Schon in dem Buch „Neue Perspektiven für die Befreiung der Frau“ aus dem Jahr 2000 wird ausgeführt, dass im sozialistischen Aufbau unter Führung von Lenin unmittelbar nach der Oktoberrevolution in Russland Verbote von Homosexualität und Schwangerschaftsunterbrechungen aufgehoben wurden. Das wurde in den 1930er-Jahren unter Stalins Führung wieder aufgehoben, was das Buch prinzipiell kritisiert.

 

Die AG sollte in erster Linie eine Analysegruppe für die Aufklärungs- und Bildungsarbeit werden und Artikel schrei­ben über diese besondere Diskriminierung. Durch eine Gesprächsrunde und Unterschriftenliste auf dem Rebellischen Musikfestival wurde dann allerdings davon abgerückt und fälschlich bei einigen der Eindruck erweckt beziehungsweise bestärkt, als ob hier eine regelrechte Organisation aufgebaut werden solle.

Postmodernistischer Einfluss

Nach diesen ersten Erfahrungen wurde das Projekt einer AG innerhalb der Partei kritisch und selbstkritisch als falsche Entscheidung ausgewertet. Zum einen wurde festgestellt, dass der Beschluss ungewollt Spielräume eröffnete für einen postmodernistischen Einfluss und dafür, separatistische und tenden­ziell abkapselnde Organisationsformen zu entwickeln. Die Organisationsformen der MLPD richten sich im demokratischen Zentralismus aber nach Aufgabenfeldern in der Kleinarbeit oder Leitungstätigkeit, nicht nach sexueller Orientierung oder Identität! Das ist ein prinzipieller Fehler.

 

Deshalb wurde der Beschluss Ende August aufgehoben und ersetzt durch die Bekräftigung der Aufgabe, dass MLPD und REBELL als Ganzes im Einsatz für den Zusammenschluss aller Unterdrückten sich dieser Aufgabe annehmen müssen. Es muss Aufgabe der ganzen Partei sein, die berechtigten Anliegen in ihrer Kleinarbeit aufzugreifen, eine intensive weltanschauliche Auseinandersetzung mit postmodernistischen Einflüssen zu führen und dabei auch Neues zu lernen entsprechend der von der MLPD vertretenen Grundlinie: „Die Marxisten-Leninisten stehen auf der Seite aller vom Imperialismus Ausgebeuteten und Unterdrückten, was den Kampf um sexuelle Selbstbestimmung und gegen Verfolgung aufgrund des Geschlechts einschließt.“³

 

Bezogen auf die AG-Gründung wurde zudem nicht gründlich die im Buch „Die Krise der bürgerlichen Ideologie und des Opportunismus“ (REVOLUTIONÄRER WEG 37) aus dem Jahr 2024 entwickelte Polemik gegen eine „Queer-Theorie“ angeeignet und angewendet, mit der die sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität über die Klassenfrage gestellt wird. Auch das ist ein Einfluss des Postmodernismus, der die revolutionäre und führende Rolle der Arbeiterklasse leugnet.⁴

Schwerpunktausgabe der Roten Fahne geplant

Auch der Begriff „queer“ impliziert ein Abrücken von der Klassenfrage und wird deshalb so nicht mehr von uns verwendet. Demnach wird die Gesellschaft nicht mehr unterschieden nach Klassen und Schichten, stattdessen werden die einen, „die Heteros“ den anderen, „den Queeren“ gegenübergestellt. Damit wird eine künstliche Polarisierung gefördert, anstatt die Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung beziehungsweise Identität selbstverständlich gleichberechtigt zu behandeln und aus ihrer Klassenlage, Denkweise, ihren Meinungen und ihrem praktischen Verhalten zu verstehen und zu beurteilen. Angesichts der akuten faschistischen Gefahr muss dieser Arbeit ein größerer Stellenwert beigemessen werden. Die Rote Fahne plant, eine Schwerpunktausgabe zu dieser Thematik herauszubringen und freut sich über eine streitbare Auseinandersetzung, Korrespondenzen und Berichte.