Rote Fahne 23/2025

Rote Fahne 23/2025

„Wir wünschen uns eine antikapitalistische Gesellschaft“

Ein Korrespondent aus Friedrichshafen berichtet vom Besuch bei dem 21-jährigen Klimaaktivisten und Waldbesetzer Samuel Bosch aus Ravensburg:

„Wir wünschen uns eine antikapitalistische Gesellschaft“
Samuel in seinem geliebten und umkämpften Altdorfer Wald

Seit 2021 besetzt Samuel Bosch mit einigen anderen einen Teil des Altdorfer Waldes.¹ Dort will die Firma „Meichle+Mohr“ Kies abbauen und dafür einen Teil des Waldes roden.

 

Angekommen im Baumhaus-Dorf berichtet er von den letzten Jahren: den komplizierten Gerichtsverfahren, einer versuchten Räumung des Dorfes, aber auch viel Solidarität aus den angrenzenden Dörfern. Samuel hat mit 18 die Schule abgebrochen, um seine Zeit voll dem Umweltschutz zu widmen.

 

„Hier im Wald habe ich mehr gelernt als in der Schule“, sagt er. Tatsächlich hat er sich viel Wissen über die Funktionsweise des Waldes für die Wasserkreisläufe angeeignet. Aber auch über ökologische Bauweisen, die ohne weiteren Kiesabbau und Stahlbeton auskommen könnten. Es war ein Nachmittag des gegenseitigen Lernens, der die Grundlagen für eine weitere Zusammenarbeit legte. Im Interview schildert Samuel Bosch die Anliegen und Ziele der Waldbesetzer:

 

Hallo Samuel, was sind Eure Ziele mit der Besetzung und den Aktivitäten?

Zum einen, die Kiesgrube hier im Wald und weitere in der Region zu verhindern. Wir glauben, dass wir viel weniger Kies verbrauchen sollten, als es aktuell der Fall ist. Zum anderen geht es uns um Klimagerechtigkeit. Das heißt, dass wir vereinbar mit den planetaren Grenzen leben und als Gesamtgesellschaft unseren ökologischen Fußabdruck reduzieren. Dafür müssen große Hebel angepackt und eine Wende eingeleitet werden.

 

Welche Reaktionen kommen aus der Bevölkerung?

Zum großen Teil sehr positiv. Es gibt viel Solidarität, weil der Wald den Menschen sehr am Herzen liegt. Auch in anderen Zusammenhängen wie Aktionen gegen rechts, für Klimaschutz allgemein oder für eine Verkehrswende gibt es viel Sympathie und interessante neue Perspektive von Menschen, denen wir begegnen.

 

Wie siehst du die Verbindung der Umwelt­bewegung mit dem antifaschistischen Kampf aktuell?

Unter faschistischen Regierungen nehmen Umweltprobleme massiv zu. Die Allianz von Rechten und Reichen befeuert die Klimakrise und verbreitet menschenfeindliche Theorien.

 

Welche Vorstellungen und Diskussionen habt ihr über eine gesellschaftliche Perspektive?

Wir wünschen uns eine antikapitalistische Gesellschaft, denn unendliches Wachstum brauchen wir nicht, damit es allen Menschen gut geht. Wir wollen hier im Wald auch vorleben, wie man solidarisch und unter besserer Nutzung der Ressourcen leben kann.