Rote Fahne 23/2025
Run auf Rohstoffe –im Zeichen von globaler Umweltkatastrophe und Weltkriegsgefahr
Kaum hatte die chinesische Regierung Exportbeschränkungen für Seltene Erden verhängt, ist die Empörung der westlichen Imperialisten groß. Das EU-Parlament warnt davor, dass China „seine Versorgungsketten für kritische Rohstoffe als Waffe einsetzt“.¹ Ist China der Spielverderber für den „freien Welthandel“? Wie passt das damit zusammen, dass vor allem die Trump-Regierung einen bisher nicht gekannten Wirtschaftskrieg vom Zaun gebrochen hat?
Unter der Regie des alleinherrschenden internationalen Finanzkapitals wird die Plünderung der Rohstoffe der ganzen Welt immer rücksichtsloser vorangetrieben. Laut UN-Umweltprogramm verfünffachte sich seit 1970 die weltweite jährliche Rohstoffförderung.
Neue Stufe des Kampfs um Rohstoffe
Die Fördermenge von Lithium soll bis 2050 um das Neunfache gegenüber 2020 gesteigert werden. Fünf Milliarden Dollar investiert die US-Entwicklungsbank DFC in neue Rohstofflizenzen, um den dominierenden Einfluss Chinas in Afrika zurückzudrängen. „Wir sichern die Freiheit unserer Industrien an der Quelle“, verkündete US-Präsident Donald Trump dazu offenherzig.² Er meint damit die „Freiheit“ der mit ihm verbündeten Megakonzerne zum rigorosen Raubbau und zur weiteren hemmungslosen Vergiftung von Mensch und Natur.
Die chinesische Regierung kontert mit Geschäften, bei denen sie billig an die Rohstoffe etwa in Äthiopien, Kenia und Tansania herankommt – im Gegenzug für Projekte zum Aufbau der Infrastruktur, aus denen sie ebenfalls Profite zieht. Auch mit Sambia und Mosambik schloss sie neue Erzverträge. China nutzt seine Monopolstellung bei Seltenen Erden, um die Erpressung durch Strafzölle seitens der USA nun mit eigenen Exportauflagen zu kontern. Das richtet sich insbesondere gegen die Pläne der USA zur Eigenverarbeitung von Seltenen Erden. Trump schimpfte und drohte, musste aber einen Kompromiss schlucken. Gleich danach ordnete er eine milliardenschwere öffentlich-private Partnerschaft zwischen dem US-Kriegsministerium und MP Materials zum Ausbau der US-Kapazitäten für Seltene Erden an. Der Konflikt schwelt weiter.
Mit der EU-Verordnung für kritische Rohstoffe mit „wirtschaftlicher Bedeutung und hohem Versorgungsrisiko“ (CRMA) richten auch die in Europa ansässigen Monopole ihren Herrschaftsanspruch über die Rohstoffe der ganzen Welt neu aus. Die EU gibt mit den „Omnibusbeschlüssen“ jeglichen Standard über die Einhaltung von Umwelt- und Menschenrechten für die beschleunigte Beschaffung der Rohstoffe auf. Der Schwerpunkt der strategischen Projekte ist der Ausbau der Lithiumgewinnung. Vor allem in Serbien im Jadartal, in der Extremadura in Spanien und in Naturschutzgebieten im Norden Portugals droht dadurch die Vergiftung von Wasser, Land und Luft. Doch die Massen wollen die Zeche dafür nicht zahlen. In Serbien hält der Widerstand gegen diese Pläne seit 2021 bis heute an (siehe Seite 23).
Der enorm verschärfte Konkurrenzkampf um Rohstoffe hat einen wesentlichen Ausgangspunkt in der Krise der Neuorganisation der internationalen Produktion (siehe Seite 16/17). Diese Neuorganisation war an die Politik der offenen Märkte gebunden. Im Mittelpunkt stand die Methode der ökonomischen Durchdringung. Seit der Weltwirtschaftskrise 2008 bis 2014 und dem Aufkommen einer ganzen Reihe neuimperialistischer Länder ändert sich das. Die Vernichtungsschlacht zwischen den Monopolen verschärft sich aufs Äußerste. Der Kampf um Rohstoffquellen und Absatzmärkte wird zunehmend mit Kriegen ausgetragen. Die Errichtung faschistischer Regimes in immer mehr Ländern und die Förderung reaktionärster Spielarten der bürgerlichen Ideologie schaffen die Bedingungen dafür.
Globale Umweltkatastrophe verschärft sich
Mit der Zerstörung der tropischen Regenwälder in Asien, Afrika und Lateinamerika durch neue Bergbauprojekte verschwindet eine bedeutende Kohlenstoffsenke, ein wichtiger Sauerstoffproduzent und eine außerordentliche Artenvielfalt. Die Nickelgewinnung in Indonesien fördert die Bodenerosion, vergiftet Wasser und Luft. Tausende Menschen wurden wissentlich mit Chrom-6-haltigen Wasser vergiftet. Abnehmer von Nickel wie Daimler und VW stehen zu Recht in der Kritik von Umweltschützern und Menschenrechtsorganisationen.
Brandbeschleuniger für die Weltkriegsgefahr
Trumps koloniale Herrschaftsansprüche in Grönland, Kanada oder Venezuela verschärfen die akute Weltkriegsgefahr. Unverblümt erpresste er die Ukraine mit Waffenlieferungen gegen Rohstofflizenzen. Kriegsvorbereitung und -führung benötigen ihrerseits immer mehr Rohstoffe, was das Problem verschärft. Pläne für Gas- und Ölbohrungen in Naturschutzgebieten, zum Bau von neuen Atomkraftwerken und Abwürgen erneuerbarer Energien stoßen weltweit auf Widerstand. Dass sie darauf keine Rücksicht mehr nehmen wollen, ist ein weiterer Grund, warum die Herrschenden verstärkt auf faschistische Methoden setzen.
Die AfD begründet mit der angeblichen Bekämpfung der Inflation demagogisch ihren Einsatz für die „Versorgungssicherheit deutscher Unternehmen mit Rohstoffen“. In ihrem seitenlangen Antrag an den Bundestag vom 5.11.2024 findet sich ansonsten aber kein Wort zur Inflation. Umso wichtiger ist ihr die „Beteiligung deutscher Unternehmen an der Erschließung neuer Rohstoffquellen im In- und Ausland“ und ihre Befreiung von „sachfremden Auflagen oder Forderungen, wie etwa Lieferkettensorgfaltspflichten“. All das ist fast wortgetreu beim Unternehmerverband BDI abgeschrieben.
Es gibt die Erde nur einmal
Ein System, dass die natürlichen Ressourcen vergeudet und zerstört, hat keine Zukunft. Der immer rücksichtslosere Raubbau an den Naturstoffen ist heute ein Hauptfaktor für den drohenden Untergang der Menschheit in der globalen Umweltkatastrophe. Der Zwang zur Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen ist systemimmanent.
Was wäre heute schon möglich, um Rohstoffe sparsam einzusetzen und sie zu recyceln? Ein gesamtgesellschaftlicher Paradigmenwechsel kann nur Wirklichkeit werden, wenn die kapitalistische Profitwirtschaft durch eine sozialistische Weltwirtschaft ersetzt wird. Dann wird es möglich sein, die Förderung und Verarbeitung von Naturstoffen planmäßig in Übereinstimmung mit den Bedürfnissen von Mensch und Natur zu organisieren. Wegwerfkonsumtion durch vorzeitigen Verschleiß von Produkten oder die Schaffung künstlicher Absatzmärkte wird dann genauso der Vergangenheit angehören wie Rohstoffvergeudung für imperialistische Kriege. Stattdessen werden neue Methoden erforscht, um Produkte möglichst langlebig zu machen und im Rahmen einer Kreislaufwirtschaft wiederzuverwerten.
Diese Perspektive wird ein Thema beim internationalen Umweltkampftag am 15. November sein, der in vielen Städten vorbereitet wird. Dort geht es auch um den Protest gegen den Betrug der 30. UN-Klimakonferenz im brasilianischen Belém. Sie wird genauswenig wie alle vorhergehenden der Entfaltung der globalen Umweltkatastrophe etwas Wirksames entgegensetzen. Für die kämpferische Alternative steht der Aufbau einer internationalen Einheitsfront gegen Faschismus, Krieg und Umweltkatastrophe.