Rote Fahne 21/2025

Rote Fahne 21/2025

Massendebatte über Faschismus und Antikommunismus

Aus Anlass des Tags der deutschen Einheit am 3. Oktober würdigt die Frankfurter Allgemeine (FAZ) den großen russischen Revolutionär Lenin auf ihre Weise. In einem großen Artikel „Von wegen ‚Goodbye‘ “ listet Autor Philip Eppelsheim akribisch auf, wo überall in Deutschland noch Lenin-Statuen stehen. Da stieß er auch auf die Parteizentrale der MLPD und befragte Gabi Fechtner als Parteivorsitzende. Durchaus sachlich schreibt Eppelsheim: „Auch in Gelsenkirchen steht ein Lenin. Im Stadtteil Horst. Neben ihm steht Karl Marx. … Von einer ‚Riesendebatte‘ spricht die Parteivorsitzende Gabi Fechtner. ‚Viele Leute fanden das gut und haben sich mit Lenin beschäftigt. Es gab aber auch viel Gegenwind.‘ … Nun kommen Menschen hierher, um Lenin zu fotografieren oder Selfies zu machen. Es seien sozialistische Menschen aus der halben Welt, sagt die Parteichefin.“ Grundtenor des Artikels, in dem auch viele Anti­kommunisten zu Wort kommen, bleibt allerdings: „Man muss diesem Mythos entgegenwirken, dass alles ganz gut anfing“. Wenn die FAZ diesem Gedanken entgegenwirken will – dann muss dieser ganz schön verbreitet sein. Tatsächlich: Weltweit belebt sich die Diskussion über eine gesellschaftliche bis zu einer sozialistischen Alternative. Das auch deshalb, weil die international wachsende faschistische Gefahr die Kritik an ihren Wurzeln im Imperialismus belebt.

Von fh/ms
Massendebatte über Faschismus und Antikommunismus

An der Spitze steht dabei der Staatsumbau zu einer faschistischen Diktatur durch die US-Regierung unter Donald Trump. Trump und sein Kriegsminister – wie er jetzt ganz offiziell heißt – Pete Hegseth wüten dabei mit aggressivem Antikommunismus. Sie haben kürzlich 800 Generale und Admirale – die komplette Militärführung – auf den Stützpunkt Quantico beordert, um sie auf Krieg einzuschwören; gegen den äußeren und den inneren Feind. Zum „Feind im Innern“ zählte Trump schon in früheren Interviews vor allem „radikale linke Verrückte"¹ und meint damit alle Antifaschisten, Linken und Revolutionäre. Verrückt ist vor allem Trump selbst, der dem antikommunistischen Wahn vom Kreuzzug gegen alles Fortschrittliche verfallen ist.

 

Für den „Krieg von innen“ will Trump die ­Nationalgarde nach Los Angeles, Washington D.C. und Memphis nun auch in Portland (Oregon) und weiteren Städten einsetzen – mit Vorliebe in Zentren der demokra­tischen und kämpferischen Arbeiterbewegung. „Ich genehmige außerdem die Anwendung vollumfäng­licher Gewalt, falls erforderlich“, schrieb er dazu auf seinem Online-Dienst „Truth Social“. Vollumfängliche Gewalt? Das ist der faschistische Terror, der schon heute wütet, wenn Migranten mit Sturmtrupps von den Feldern oder aus Restaurants und Krankenhäusern verschleppt werden.

Breite Debatte um Faschismus und Antikommunismus

Immer mehr fortschrittliche Gewerkschafter, Autoren, Journalisten und Historiker in den USA wie Bill Fletcher Jr., Carl Davidson und Jason Stanley nennen inzwischen das Kind beim Namen: dass sich die USA stramm in Richtung Faschismus entwickeln. In Deutschland zieht die Süddeutsche Zeitung vom 27. September historische Parallelen zu Wellen der antikommunistischen Verfolgung in den USA. Im ganzen Artikel scheint durch, dass dies stets eine Reaktion auf das Erstarken der revolutionären Arbeiterbewegung und des Sozialismus war. Die Frankfurter Rundschau vom 30. September knöpft sich schon auf dem Titel die McCarthy-Ära vor und sucht Gründe für dessen Wüten: „Die Sowjetunion hatte 1949 erfolgreich Atomtests durchgeführt. … Und in China hatte ein gewisser Mao das Sagen, mit unabsehbaren Folgen für Amerika.“ Richtig! Doch der Zusammenhang gehört zu Ende gedacht. Die heutige antikommunistische Keule wird genauso gegen die wachsende Erkenntnis geschwungen, dass die Menschheit vor der Alternative steht: Sozialismus oder Barbarei! Kein Wunder, dass angesichts der Barbarei in Gaza der weltweite Massenwiderstand Hand in Hand mit wachsender Kritik am Antikommunismus aufbrandet.

Erst mal auf leisen Sohlen …

Wie die AfD trat auch Trump zunächst im Stil des modernen Faschismus auf. Trump prahlte bei seiner Amtseinführung: „Das Goldene Zeitalter von Amerika beginnt genau jetzt. Von diesem Tag an wird unser Land blühen und wieder auf der ganzen Welt respektiert werden.“² So verknüpfte er den neuen amerikanischen Traum vom Aufblühen der USA mit der Hoffnung auf eine Verbesserung der Lage der Massen – jedoch auf Kosten anderer Länder. Im August ist die Inflationsrate wieder auf 2,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen und damit so hoch wie vor Trumps Amtsantritt. Auch die Arbeitslosenquote klettert wieder nach oben – auf zuletzt 4,3 Prozent. Die Zustimmung zu Trumps Amtsführung ist mit knapp 42 Prozent auf einen neuen Tiefstand gefallen.³ Schon in den letzten Jahren wuchs die Sympathie für den Sozialismus in den USA, besonders unter der Jugend.

 

Es entwickelt sich ein Bewusstseinsumschwung aufgrund der Verarbeitung der Erfahrungen mit den realen Folgen seiner Politik. Das soll Trump im Auftrag der hinter ihm stehenden Kreise des US-Finanzkapitals mit aller Macht zurückdrängen. Dazu setzt der moderne Faschismus zunächst auf das Betrugssystem der kleinbürgerlichen Denkweise und gibt vor, sich für berechtigte Anliegen der Menschen einzusetzen – etwa gegen die Inflation, das korrupte „Establishment“, für Frieden. Auch Trump plusterte sich bisher als „Friedensstifter“ auf, um jetzt mehr und mehr auf aggressive Kriegsrhetorik umzuschalten.

 

Gleichzeitig missbraucht der moderne Faschismus die Anliegen der Menschen, um seine völkische, rassistische und nationalistische Demagogie zu verbreiten – vor allem gegen Migranten und die vermeintliche Bedrohung „von außen“. Im Fall Trumps wahlweise China, Iran, Europa oder Venezuela. Diese moderne Variante des Faschismus ist eine perfide Schlussfolgerung aus zahlreichen gescheiterten Versuchen, eine Massenbasis für offen faschistische Organisationen wie die frühere NPD zu gewinnen.

 

In den USA entpuppt sie sich nun allerdings als Durchgangsstadium zwischen bürgerlicher Demokratie und offen faschistischer Diktatur. Mit Faschisten an der Regierung kann man nicht durch „Entzaubern“ fertigwerden. Sie festigen ihre Position mit maximaler Gewalt, gerade wenn die Propaganda an Wirkung verliert. Selbst der demokratische Gouverneur von ­Kalifornien, Gavin Newsom, ist überzeugt, dass Trump keine Wahlen mehr abhalten will. Mit dem Übergang zu einer offenen faschistischen Diktatur tritt auch deren antikommunistisches Wesen immer deutlicher hervor.

„Brüder“ im antikommunis­tischen Geist

Auch in Deutschland wird die Aufwertung der faschistischen AfD und die Lockerung der „Brandmauer“ ihr gegenüber vor allem mit antikommunistischen Begründungen betrieben. Mit vornedran steht dabei Unions-Fraktionschef Jens Spahn. In der Generaldebatte zum Haushalt im Bundestag teilte er gegen die Linkspartei aus: „In ihrem Programm steht, sie wollen den Sozialismus. Der Sozialismus, das ist die Diktatur des Proletariats!“⁴ Man merkt, was Spahn fürchtet wie der Teufel das Weihwasser: dass die Arbeiterklasse eines Tages Schluss machen wird mit dem kapitalistischen Ausbeutersystem und damit auch mit den Privilegien für Karrieristen wie ihn. Da tut es auch wenig zur Sache, dass die Linkspartei das noch nie auf ihre Fahnen geschrieben hatte. Spahns Tiraden hauen in die gleiche Kerbe wie die AfD mit ihrer Forderung „Freiheit statt Sozialismus braucht das Land“.⁵

 

Der AfD geht es genauso wie Spahn um die hemmungslose „Freiheit“ zur Steigerung der kapitalistischen Ausbeutung, Umweltzerstörung und Kriegsvorbereitung. Dazu will Spahn mit der AfD umgehen „wie mit jeder anderen Oppositionspartei“.⁶ Von da ist es nicht weit dazu, ihr den Weg zur Regierungsbeteiligung zu ebnen. Als Regierungspartei wird die AfD nach dem Vorbild Trumps kaum noch eine Oppositionspartei dulden.

Antifaschistischer Gegenpol wächst

Dass der Faschismus in vielen Ländern an Boden gewinnt, lässt auch die Gegenbewegung bis ins bürgerliche Lager hinein wachsen. Sie verbindet sich mit wachsenden Protesten gegen imperialistische Kriege wie in Gaza und der Ukraine sowie zahlreichen Kämpfen auf der ganzen Welt. Dieser starke Gegenpol gewinnt zunehmend an Anziehungskraft. Die Positionierung zum Sozialismus und damit auch zum Antikommunismus rückt mehr und mehr ins Zentrum der gesellschaftlichen Debatte.

 

Es wird keinen erfolgreichen Kampf für den Sozialismus geben, wenn die faschistische Gefahr nicht gestoppt und zurückgeschlagen wird. Das Eintreten für den echten Sozialismus muss heute mehr denn je Bestandteil des Kampfs gegen Faschismus und Weltkriegsgefahr werden. Nur im Sozialismus können deren Wurzeln mit Stumpf und Stil beseitigt werden können.