Rote Fahne 21/2025

Rote Fahne 21/2025

Gesetzesänderung: Zwangsverpflichtungen für den Krieg umfassend möglich

Ein Leser aus Hamburg schreibt zur Rolle des Arbeitssicherstellungsgesetzes für die Umstellung zur Kriegswirtschaft:

Von einem Korrespondenten aus Hamburg
Gesetzesänderung: Zwangsverpflichtungen für den Krieg umfassend möglich
Die Docker im Hamburger Hafen sind selbstbewusst

Vielen Dank für den sehr gut recherchierten Artikel „Kriegswirtschaft – Zeitenwende in den Dritten Weltkrieg“ in Rote Fahne 18 / 2025. Ich hatte mich auch schon mit dem Arbeitssicherstellungsgesetz (ASG) beschäftigt, welches einer breiten Öffentlichkeit kaum bekannt ist. Seine Auswirkungen auf die Masse der Menschen sind im Anwendungsfall drastisch, wie im Artikel gut dargelegt wird. Angewendet werden kann es, wenn der Bundestag nach Artikel 80a des Grundgesetzes den „Verteidigungsfall“, den „Spannungsfall“ oder die „besondere Zustimmung“ dazu mit Zweidrittelmehrheit beschließt.

Gesetz „modernisiert“ und ausgeweitet

Der Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit wie auch dem Artikel im Rote Fahne Magazin ist aber noch entgangen, dass das ASG nicht nur Teil der Notstandsgesetzgebung von 1968 war, sondern gerade erst noch modernisiert und dabei auch ausgeweitet wurde. Kurz vor dem Bruch der Ampelkoalition brachte der alte wie auch neue „Verteidigungsminister“ Boris Pistorius am 23. 10. 2024 das „Gesetz zur weiteren Stärkung der personellen Einsatzbereitschaft und zur Änderung von Vorschriften für die Bundeswehr“¹ ein.

 

Mitten im Chaos der offenen politischen Krise wurde es ein Stück weit unter dem Radar der öffentlichen Berichterstattung am 31.1.2025 vom Bundestag beschlossen² und dann nach der Bundestagswahl am 27. 2.2025 von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier unterzeichnet.³ Damit wurden, wie der Titel dieses Gesetzes verrät, verschiedene Gesetze und Vorschriften für die Bundeswehr weiter auf Kriegswirtschaft getrimmt. Zum ASG ändert dieses Gesetz insbesondere den Anwendungsbereich⁴ durch eine Ausweitung der Gesellschaften, Betriebe und anderen Einrichtungen, für die Arbeitskräfte nach dem ASG zwangsverpflichtet werden können.

 

Die Modernisierung legt Wert darauf, dass auch alle Betriebe erfasst sind, die „Leistungen zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit oder der Sicherheit der Informationstechnik gegenüber Betrieben oder Dienststellen“ erbringen, welche sonst im ASG als Anwendungsbereich genannt sind.⁵ Während reaktionäre Politiker eine Wehrpflicht für Frauen erst fordern, so musste dies an dem Arbeitssicherstellungsgesetz nicht mehr geändert werden. Es sieht von Anfang an neben der Zwangsverpflichtung für wehrpflichtige Männer auch eine Zwangsverpflichtung für Frauen zwischen dem 18. und 55. Lebensjahr vor – letzteres bisher nur im „zivilen Sanitäts- oder Heilwesen sowie in der ortsfesten militärischen Lazarettorganisation“.⁶

Raus aus der „juristischen Nische“?

Wie ein Artikel von Anika Würz im Hamburger Abendblatt⁷ berichtet, übten 75 Mitarbeiter der Agentur für Arbeit im Rahmen des Manövers „Red Storm Bravo“ eine Woche lang gemeinsam mit der Bundeswehr, das Arbeitssicherstellungsgesetz anzuwenden. Reinhold Wellen von der Agentur für Arbeit sagte dem Hamburger Abendblatt dazu, die Arbeitsagentur Hamburg wolle das ASG damit „erstmalig aus der juristischen Nische herausholen und eine praktische Umsetzung testen“.⁸

 

Politiker von der CDU / CSU und auch der SPD erzählen uns die Lebenslüge, dass die gigantische Hochrüstung nur zur Abschreckung da wäre, damit Russland „uns“ nicht angreift. Wer aber das Arbeitssicherstellungsgesetz zuerst modernisiert und erweitert und dann gleich seine praktische Umsetzung testet, der will nicht abschrecken, der bereitet die Führung eines Dritten Weltkriegs ganz konkret vor. Die Zwangsverpflichtungen, die hier getestet werden, sind schon nicht mehr weit von Verhältnissen wie in der Ukraine entfernt. Dort werden junge Männer von Greiftrupps direkt von der Straße weg gefangen und als Kanonenfutter an die Front geschickt.

Widerstand wächst

Gegen die Umstellung auf Kriegswirtschaft und das Manöver „Red Storm Bravo“ entwickelte sich mit einem guten Auftakt am Antikriegstag ein zunehmend breiterer Widerstand in Hamburg.

 

Das Bündnis „Kein NATO-Hafen“, an dem die MLPD mitarbeitet, organisierte vor und während des Manövers weitere Aktionen, Kundgebungen und Demonstrationen.⁹