Rote Fahne 19/2025
Der „Wohnungsbau-Turbo“ und die Immobilien-Spekulation
Die Ampelkoalition erreichte 2024 nicht einmal die Hälfte ihres Ziels von 400.000 neuen Wohnungen. Die neue Bauministerin Verena Hubertz (SPD) versprach schon für die ersten 100 Tage einen „Wohnungsbauturbo“ mit Förderprogrammen und der Streichung von Bauvorschriften.
Sozialwohnungen „für Investoren attraktiv“?
Die Mieten sind in Großstädten in den letzten zehn Jahren um 50 Prozent gestiegen – trotz Mietpreisbremse. In Berlin sogar um 105 Prozent¹. Die Miete in solchen Städten übersteigt dann selbst für eine 65-Quadratmeter-Wohnung das Nettoeinkommen eines Mindestlohnempfängers. Billige Sozialwohnungen gehen drastisch zurück. Wenn jetzt ein Immobilienfachblatt schreibt: „Sozialwohnungen sind für Investoren attraktiv“, dann bedeutet das, dass staatlich geförderte Sozialwohnungen wie in Hamburg bis zu 12,95 Euro pro Quadratmeter kosten können². Sehr sozial!
Der Wohnungslosenbericht der Bundesregierung 2024 stellt gegenüber dem ersten Bericht 2022 mit 531 600 wohnungslosen Menschen eine Steigerung um über das Doppelte fest – bei einer hohen Dunkelziffer. Das sind zu einem Teil mittellose Flüchtlinge, die von einem Einkommen noch unter dem als Existenzminimum festgelegten Bürgergeld in Zwangsunterkünften leben müssen. Dass mit solchen menschenunwürdigen Notunterkünften oft noch Riesengeschäfte gemacht werden, wird dann den Flüchtlingen angelastet, die uns angeblich die Haare vom Kopf fressen. Nach einer Erfassung der Wohnungslosenhilfe war die Ursache der Wohnungslosigkeit bei über 50 Prozent der Betroffenen Kündigung, Räumung oder Rämungsklage³. Es beginnt der Absturz in die Armut: Keine Wohnung, kein Job – kein Job, keine Wohnung.
Spekulation mit Immobilien treibt Mieten hoch
Die Ursache der extremen Mietsteigerungen in den Großstädten ist nicht absoluter Wohnungsmangel, sondern die Spekulation mit Immobilien. Das treibt die Grund- und Wohnungspreise und damit auch die Mieten nach oben. Ganze Stadtviertel, in denen man in alten Bürgerhäusern billig leben konnte, wurden „entmietet“. Anstatt die Wohnungen für die bestehenden Mieter mit den Mieteinnahmen zu renovieren, werden die Mieter, oft Migranten, für den zum Teil katastrophalen Zustand heruntergekommener Wohnhäuser verantwortlich gemacht, in die nichts mehr investiert wird. Die Altbauwohnungen werden entweder abgerissen, um Bürotürme zu bauen, oder zu Luxuswohnungen umgebaut. Unter dem Schlagwort Gentrifizierung wird das als Modernisierung schöngeredet.
Es fehlt nicht am Geld für Wohnungsbau
Die Immobilienspekulation stieg in Deutschland seit dem Beginn der Weltwirtschafts- und Finanzkrise ab 2018. So stieg der Kapitalbestand offener Immobilienfonds 2018 bis 2022 um 33 Milliarden Euro, eine Steigerung um 34 Prozent. Es fehlt also nicht am Geld für den Wohnungsbau. Die Zunahme der Spekulation ist die Folge eines gewaltigen Überschusses an Kapital, das in der industriellen Produktion keine maximalprofitbringende Abwendung mehr findet. Diese Spekulation, die Hunderttausende in die Not getrieben hat, ist jetzt selbst in die Krise geraten. Quadratmeterpreise in den Großstädten, die zuvor extrem hochgetrieben wurden und die Bilanzen der Immobilienspekulanten füllten, beginnen seit 2022 zu fallen.
7,4 Milliarden Euro aus dem Bundesbauministerium für Wohnungsbau dienen nicht den Menschen in Wohnungsnot. Sie sollen ein Platzen der Immobilienspekulationsblase verhindern, die schon 2008 ein Auslöser für eine weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise war. Sollen die Menschen, die unter der Bereicherung durch die Immobilienspekulanten gelitten haben, jetzt akzeptieren, dass sie Opfer des Platzens der Spekulationsblase werden mit unabsehbaren Folgen?
Hubertz entdeckt „soziale Frage unserer Zeit“
Wohnungsbauministerin Hubertz beteuert, Wohnen sei „die soziale Frage unserer Zeit“. Wohnraum müsse „bezahlbar sein, von der Auszubildenden bis zum Rentner“. Sie möchte „nicht in einer Gesellschaft leben, in der Wohnen zum Luxus“ werde. In welcher Welt lebt diese Frau? Wohnen ist doch längst für viele Menschen zu einem unerschwinglichen Luxus geworden! Solche frommen Wünsche sollen nur davon ablenken, die entscheidende „soziale Frage der Zeit“ ins Visier zu nehmen. Und das ist die Ausbeutung der arbeitenden Menschen durch eine kleine Zahl internationaler Monopole im Kapitalismus. Immer mehr Arbeiterinnen und Arbeiter, Arbeitslose oder Rentner können grundlegende Bedürfnisse wie Wohnen und Heizen nicht mehr finanzieren, weil dieses kapitalistische Ausbeutersystem immer mehr in allseitigen Krisen versinkt.
Wir müssen den Kampf für unsere Lebensverhältnisse selbst in die Hand nehmen. Ausreichender, umweltgerechter und preisgünstiger Wohnraum muss auf Kosten von Immobilienspekulanten und Wohnungshaien wie Vonovia erkämpft werden!