Rote Fahne 16/2025
Autozulieferer schlittern immer tiefer in die Krise
Die in Deutschland ansässigen Autozulieferer befinden sich in einem radikalen Umbruch, dem Zehntausende Arbeitsplätze zum Opfer fallen. Das wird die ganze Branche radikal verändern. Welche Rolle spielt dabei die Umstellung auf Kriegswirtschaft – welche Schlüsse müssen die Belegschaften ziehen?
„Die Transformation der Automobilindustrie erfordert schmerzhafte Einschnitte, um wettbewerbsfähig zu bleiben“, so der Chef des Autozulieferers Mahle.
„Schmerzhafte Einschnitte?“ – vor allem für die Kolleginnen und Kollegen, ihre Familien und die Daseinsfürsorge in den Kommunen. Die Vernichtung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen, Verlagerungen, Stilllegungen von Abteilungen, ja ganzer Standorte in der Zulieferindustrie hat eine neue Dimension erreicht
Die Autozulieferindustrie ist neben Weltmarktgewichten wie Bosch, ZF, Continental¹ vor allem durch mittelständische und Familienbetriebe geprägt. Sie fallen zu Hunderten dem gnadenlosen Konkurrenzkampf und der Umstellung auf die neuen Technologien zum Opfer.
Rüstung – Rettungsanker für die Zulieferindustrie?
In dieser Situation machen bürgerliche Medien wie der Münchner Merkur Werbung für die Rüstung: „Boom in der Rüstungsindustrie als Rettungsanker?“
Ob Stahl, Auto, Chemie – keine Branche, die nicht auf Aufträge aus dem Füllhorn der unbegrenzten Rüstungsausgaben hofft. Peter Leibinger, Präsident des Unternehmerverbands BDI, sagte auf der Münchner Sicherheitskonferenz: „Auch wir in der Wirtschaft müssen unseren nötigen Beitrag zu einer wehrhaften Demokratie neu bewerten und damit den Wert der Verteidigungsfähigkeit und der notwendigen Güter innerlich bejahen.“²
Mit „wehrhafter Demokratie“ meint er zum einen die Aufrechterhaltung der Diktatur der in Deutschland ansässigen internationalen Monopole. Zum anderen geht es ihm um die Entwicklung der „Kriegstüchtigkeit“ im gnadenlosen Kampf um Rohstoffe, Weltmarktanteile und Macht. Ob VW, Daimler oder Porsche – alle sind dabei, ihre Produktion auf Kriegswirtschaft auszurichten.
Rafaela Kraus, Professorin für Unternehmens- und Personalführung an der Bundeswehrhochschule in München, sieht in der Zusammenarbeit der Autozulieferer mit Rüstungsunternehmen große Chancen. Schaeffler liefert bereits Komponenten für Militärhubschrauber in die USA und sucht aktiv nach Partnerschaften in der Rüstungsindustrie. ZF zieht gegenwärtig in Betracht, unrentable Antriebssparten abzuspalten und Synergien mit Rüstungsunternehmen zu schaffen, um neue Geschäftsfelder zu erschließen. Auch der Autozulieferer Continental zeigt zunehmendes Interesse am Rüstungsgeschäft.
Umstellung auf Kriegswirtschaft
Die Hoffnung auf neue Arbeitsplätze durch Kriegsgerät soll Vorbehalte und Kritik vieler Arbeiterinnen und Arbeitern an der Hochrüstung entkräften. Dabei wissen die Unternehmer selber, dass die Zahl der durch die Erweiterung der Rüstung erhaltenen bezeihungsweise neu geschaffenen Arbeitsplätze nur ein Bruchteil derjenigen ausmacht, die vernichtet werden.
Wer trotzdem noch Einwände gegen die Hochrüstung hat, dem hilft der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann aus Baden-Württemberg auf die Sprünge: „Pazifismus heißt, jetzt aufrüsten“. Diese Art von grünem Pazifismus soll uns glauben machen, der Aufrüstungswahnsinn könne kriegsabschreckend wirken. Das Gegenteil ist der Fall: Es geht um die Vorbereitung eines Krieges um die Neuaufteilung der Welt und die Arbeiterschaft soll das mittragen.
Die Ankündigung einer „Zeitenwende“ durch den ehemaligen Bundeskanzler Olaf Scholz war bereits der Startschuss. Noch der alte Bundestag hat mit dem Beschluss, unbegrenzt Schulden für die Hochrüstung machen zu können, die finanziellen Voraussetzungen für die Umstellung auf Kriegswirtschaft geschaffen. „Verteidigungs“minister Boris Pistorius hat mit seiner Forderung, Deutschland müsse „kriegstüchtig“ werden, die politische Begründung geliefert.
Das vom Kabinett am 23. Juli 2025 verabschiedete „Bundeswehr-Beschleunigungsbeschaffungsgesetz“ (BwBBG) ist ein erster Schritt zur Schaffung gesetzlicher Grundlagen bei der Umstellung auf Kriegswirtschaft.
Kriegsgefahr wird unterschätzt
In vielen Betrieben ist eine wachsende Bereitschaft der Kolleginnen und Kollegen da, gegen die Pläne zur Arbeitsplatzvernichtung, Verlagerung und Lohnverzicht auf die Straße zu gehen. Doch die Umstellung auf Kriegswirtschaft und damit die Verschärfung der Kriegsgefahr wird noch weitgehend unterschätzt.
Arbeitsplatzvernichtung und Lohnkürzungen, das Streichen sozialer Leistungen, die ultrareaktionäre Migrationspolitik, die faschistische Gefahr und die Vorbereitung eines Kriegs zur Neuaufteilung der Welt sind zwei Seiten derselben Medaille. Deshalb bildet auch der Kampf zur Verteidigung der Arbeitsplätze und der sozialen Errungenschaften sowie gegen die faschistische Gefahr eine Einheit mit dem Kampf gegen die akute Weltkriegsgefahr – mit der Perspektive einer von Ausbeutung, Kriegen und Umweltzerstörung befreiten Welt!