Rote Fahne 14/2025
„Ein klarer Verstoß gegen das internationale Völkerrecht“
Der Essener Rechtsanwalt und Nahost-Experte Roland Meister legt dar, warum der Überfall Israels sowie der USA auf den Iran klar völkerrechtswidrig ist.
Rote Fahne: Die USA und Israel nehmen sich das Recht heraus, einen fremden Staat ohne Kriegserklärung anzugreifen, obwohl sie den russischen Angriff gegen die Ukraine empört verurteilen. Wie passt das zusammen?
Roland Meister: Bestandteil des internationalen Völkerrechts ist das Angriffsverbot. Bis zum Ersten Weltkrieg galt noch das sogenannte „freie Kriegsführungsrecht des Staates“, nach dem jeder Staat das Recht hatte, zur Lösung von Auseinandersetzungen nach eigenem Ermessen andere Staaten anzugreifen. Nach der Oktoberrevolution und dem Leid, welches der Erste Weltkrieg über die Völker brachte, hatte sich der sozialistische sowjetische Staat als erstes für ein Verbot von Angriffskriegen ausgesprochen. In dem vom II. Allrussischen Rätekongress am 8. November 1917 verabschiedeten Friedensdekret erklärte die sowjetische Regierung unter Lenin den aggressiven Angriffs- und Eroberungskrieg zum „größten Verbrechen gegen die Menschheit“.
Auch die imperialistischen Staaten mussten aufgrund der antimilitaristischen Aktivitäten breiter Teile der Volksmassen gewissen Maßnahmen zustimmen. Aufgrund der Bemühungen der Sowjetunion wurde 1928 der sogenannte Briand-Kellogg-Pakt geschlossen, in dessen Artikel 1 die vertragsschließenden Länder „den Krieg als Mittel für die Lösung internationaler Streitfälle verurteilen“.
Welche Rolle spielen die Bestimmungen der UNO?
Der Sieg über die Kräfte des Faschismus gab der Entwicklung des internationalen Völkerrechts einen neuen Anstoß. Die Bestimmungen über das Aggressionsverbot wurden in der Satzung der UNO weiterentwickelt. Nach Artikel 2 der UNO-Satzung „enthalten sich alle Mitglieder in ihren internationalen Beziehungen der Androhung von Gewalt oder ihrer Anwendung gegenüber der territorialen Integrität oder der politischen Unabhängigkeit irgendeines Staates …“¹
Insbesondere seitens der faschistischen Trump-Regierung der USA und des zionistischen israelischen Regimes erfolgt gegenüber diesen Errungenschaften eine gezielte Rollback-Politik.
Die Regierungen der USA, Israels und auch Deutschlands behaupten, beim militärischen Überfall auf den Iran handle es sich um einen legitimen „Präventivschlag“ und Akt der „Verteidigung“. Was ist davon zu halten?
Artikel 51 der UN-Charta erkennt dann ein Recht auf Selbstverteidigung an, wenn ein Staat einem bewaffneten Angriff ausgesetzt ist. Voraussetzung für die Ausübung dieses Rechts ist jedoch, dass der Angriff „unmittelbar bevorstehend, schwerwiegend und unabwendbar“ ist. Angesichts der Eindeutigkeit dieser Bestimmungen ist klar, dass die Angriffe Israels und der USA auf den Iran nicht als Selbstverteidigung betrachtet werden können.
Vielen Dank für das Interview!