Rote Fahne 11/25

Rote Fahne 11/25

AfD in den Betrieben: „Perfide Anbiederung und Spaltung der Belegschaften“

Andreas Buderus, seit über 30 Jahren engagierter Gewerkschafter, spricht im Interview über das Vordringen faschistischer Kräfte in Betrieben, Gewerkschaften und gesellschaftlichen Institutionen:

AfD in den Betrieben: „Perfide Anbiederung und Spaltung der Belegschaften“
Freiberuflicher Coach, seit 35 Jahren aktiver Gewerkschafter in ver.di und freier Autor zu Gewerkschaftsthemen, Antirassismus und Antifaschismus (foto: ISKRA)

Rote Fahne: Wie versucht die AfD, in den Betrieben Fuß zu fassen?

Andreas Buderus: Seit Jahren baut die AfD ein betriebliches Netzwerk auf. Sie tut das nicht allein – sondern über Vorfeldorganisationen wie „Ein Prozent“, Pseudogewerkschaften wie „Zentrum Automobil“, „alternative“ oder „blaue“ Listen bei Betriebs- und Personalratswahlen sowie Einzelkandidatinnen und Kandidaten auch auf DGB-Gewerkschaftslisten.

 

Die Taktik: Auftreten als bürgerliche „Alternative“, sich nahbar geben, „Kümmerer“ spielen. In Wirklichkeit sind diese Gruppen allerdings eng vernetzt mit dem nur formal aufgelösten völkischen „Flügel“ der AfD, mit Verschwörungsideologen, rechten Medien und Anti-Gewerkschaftskampagnen.

 

Welche Methoden nutzen diese Kräfte?

Das rechte Erfolgsrezept in den Betrieben ist oft perfide einfach: Sie kümmern sich um Dienstpläne, Einzelfälle, Konflikte – und bieten damit scheinbar pragmatische Hilfe. Doch das ersetzt kollektive Interessenvertretung durch paternalistische Einzelfallpolitik. Was wie Fürsorge wirkt, ist in Wahrheit Stabilisierung von Herrschaft – durch Herstellung von Abhängigkeit. Dabei bedienen sie sich rechter Rhetorik in gemäßigtem Ton: „Gesunder Menschenverstand“, „endlich Klartext reden“, „wir kümmern uns um euch.“

 

Wie steht die AfD zu Gewerkschaften,­ ­Tarifauseinandersetzungen und Streiks?

Feindlich. Gewerkschaften gelten der AfD als Teil des „linken Establishments“. Tarifauseinandersetzungen werden als „ideologisch motiviert“ diskreditiert. Streiks – das stärkste Mittel kollektiver Interessenvertretung – werden immer wieder in Frage gestellt. Kollektive Organisation und das Streikrecht sollen dadurch ausgehöhlt werden, dass Betriebsräte die Kompetenz erhalten sollen, „Tarifverträge“ auszuhandeln.

 

Was haben Konzerne wie Daimler zu befürchten?

Aus Unternehmenssicht wenig bis nichts. Denn Organisationen wie „Zentrum Automobil“ richten sich nicht gegen die Kapitalinteressen. Ihre Betriebsgemeinschafts-Ideologie ist ein maximal unternehmerfreundliches Weltbild. Ihre wirtschafts- und sozialpolitischen Forderungen laufen auf einen „nationalen Wettbewerbsstaat auf völkischer Basis“ hinaus.

 

Was können Gewerkschaftsmitglieder tun?

Fünf Punkte sind zentral: Erstens Aufklärung und Demaskierung, zweitens betriebliches Engagement und Nähe zu den Kolleginnen und Kollegen, drittens Haltung und Widerspruch, viertens emanzipatorische Bündnisse schmieden und fünftens betriebliche Wahlkämpfe mit autonomer Klassenperspektive führen. Die beste Antwort ist eine sichtbare kämpferische und solidarische Gewerkschaftsbewegung – insbesondere in den Betrieben.

 

Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg in unserem gemeinsamen antifaschistischen Kampf!