Rote Fahne 01/25

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Beethovens 5. Sinfonie und die Jugend Venezuelas

Das Jugendorchester Simón Bolívar von Venezuela zeigt, wie Straßenkinder zu Orchestermusikern werden. Ein Hoffnung machendes wie auch umkämpftes Projekt

Von einem Korrespondenten aus Frankfurt
Beethovens 5. Sinfonie und die Jugend Venezuelas
Das Jugendorchester Venezuelas (2007 in Zulia)

Bei der Lektüre des Buches „Die Krise der bürgerlichen Gesellschaftswissenschaften, der Religion und der Kultur“ über Ludwig von Beethoven, bin ich auf eine interessante Aufnahme der 5. Sinfonie gestoßen. Sie wurde 2006 in Caracas mit dem Simón Bolívar Youth Orchestra of Venezuela unter Leitung des weltbekannten Dirigenten Gustavo Dudamel bei der Deutschen Grammophon zusammen mit der 7. Sinfonie eingespielt.

Beethovens Musik ist Weltkulturerbe

Für Dudamel hat Beethoven eine ganz besondere Bedeutung für die Jugend: „In Caracas haben wir jedes Jahr ein Beethoven-Festival. Beethoven ist ein Symbol für uns in Venezuela. Seine Musik ist sehr wichtig für junge Leute. Natürlich für alle Menschen, aber besonders für junge Leute. Ein Berufsorchester hat diese Sinfonien schon hundertmal gespielt. Für uns ist es neue Musik. In der 5. Sinfonie geht es nicht allein um die Töne. Jeder kennt das Eingangsmotiv. Es repräsentiert das Schicksal, und das ist für alle Menschen von Bedeutung. Man braucht es nicht zu erklären. Die Sinfonie beginnt im Zorn. Aber wenn man sie ganz spielt und der Entwicklung folgt, kommt man zum letzten Satz, der hoffnungsvoll endet. Man hört zu und kann es in der Musik spüren. Viele der Kinder kommen von der Straße. Sie haben all diese schreck­lichen Dinge erlebt, Kriminalität und Drogen und Familienprobleme. Aber wenn sie diese Musik spielen, besitzen sie etwas ganz Besonderes. Sie alle teilen diese Hoffnung und sie wird zu etwas Wunderbarem.“ (Booklet zur CD)

Landesweite Musikbewegung

Das Simón Bolívar Orchester wurde 1978 von dem fortschrittlichen Wirtschaftswissenschaftler und Musiker José Antonio Abreu als sozialpolitisches Projekt gegründet. Es wurde zum Ausgangspunkt einer staatlich geförderten landesweiten Musikbewegung mit dem Ziel, Kindern und Jugendlichen aus allen Schichten eine kostenlose, fundierte musikalische Ausbildung zu ermöglichen und ihre kulturelle Entwicklung zu fördern.

 

Vor dem Hintergrund der anhaltenden Wirtschaftskrise versuchte die revisionistische Regierung von Nicolás Maduro immer wieder die engagierte Musikbewegung für eigene Zwecke zu instrumentalisieren und mit Auftrittsverboten zu diziplinieren. So etwa 2018 bei einer geplanten USA-Tournee, nachdem Gustavo Dudamel Maduro aufgefordert hatte, seinen politischen Kurs zu ändern und die Stimme des Volkes zu hören. 2025 konnte Dudamel dann wieder mit dem Orchester in der Berliner Philharmonie gastieren.