Rote Fahne 09/25

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Trumps Zollpolitik – Geisterfahrt einer angeschlagenen Supermacht

Es vergeht kaum ein Tag ohne neue Wendungen im dramatischen Zollkrieg, den der faschistische US-Präsident Donald Trump vom Zaun gebrochen hat.

Von mas/ms
Trumps Zollpolitik – Geisterfahrt einer angeschlagenen Supermacht
Trumps Zollpolitik bedeutet steigende Preise für die Menschen (foto: Heute.at/CC BY 4.0 DEED)

„Alles hat sich genau wie geplant entwickelt“, jubelte Trumps Zollberater Peter Navarro am 10. April – kurz nachdem sich die weltweiten Aktienkurse von dem tiefsten Absturz seit Jahren einigermaßen erholt hatten. Trump selbst beruhigte: „Bleibt cool! Alles wird gut werden!“ Dem voraus ging eine wahre Geisterfahrt des selbsternannten obersten „Deal Makers“ der USA.

 

Am 4. April verkündete Trump zehnprozentige Einfuhrzölle gegen alle anderen Länder. Mit Strafzöllen von 20 Prozent und mehr belegte er vor allem Länder, die die USA angeblich »geplündert und vergewaltigt« hätten. Errechnet waren sie nach einer Formel, mit der das Handelsbilanzdefizit der USA mit dem jeweiligen Land auf Null gebracht werden sollte. Das führte zu absurden Zöllen wie 49 Prozent für das kleine Kambodscha. Ganz zu schweigen von den Zöllen, die unerbittlich auch gegen nur von Pinguinen und Robben bewohnte Inseln verhängt wurden. Vor allem der Zollkrieg mit dem Hauptrivalen China schaukelt sich immer weiter hoch.

Genialer Plan?

Trump und seine Berater erhoffen sich davon zusätzliche Zolleinnahmen von 400 bis 600 Milliarden US-Dollar. Mit schnellen Mehreinnahmen will er unter anderem seinen Haushalt mit Steuergeschenken an die Konzerne und Superreichen durchbringen. Es sollte auch der Ausgabe neuer Staatsanleihen und dem weiteren Anstieg der weltweit höchsten Staatsverschuldung von rund 36 Billionen US-Dollar entgegenwirken. Der Hauptgläubiger ist China. Trump will die US-Wirtschaft durch Zölle schützen, um Exportüberschüsse zu erreichen. Die Zölle dienen zugleich der Erpressung sowohl der imperialistischen Konkurrenten als auch der kleineren kapitalistischen und neokolonial abhängigen Länder zu direkten, vorteilhafteren »Deals« für die USA. Nicht zuletzt geht es um die Rückholung von industrieller Produktion in den USA.

 

Doch der „geniale“ Plan hat gleich mehrere Pferdefüße. Er treibt weltweit und auch in den USA selbst die Inflation in die Höhe. Das allerdings nehmen Trump und Co. bewusst in Kauf. „Realistisch betrachtet bleibt der USA nach ... einem Anstieg der Staatsschulden seit Donald Trumps ersten Amtseintritt von 80 Prozent gar keine andere Möglichkeit, als die Schuldenlast des Staates mittels Inflation zu entwerten“, schreibt dazu Finanzexperte Wolfgang Müller.¹

 

Vor allem führt eine solche Abschottungspolitik in einer internationalisierten kapitalistischen Produktion letztlich ins Debakel. So produzieren die mit Trump eng verbundenen Techkonzerne wie Microsoft, Apple und Nvidia selbst im internationalen Produktionsverbund und sind auf Zulieferungen vor allem aus China angewiesen. Sie sind damit von den Zollpolitik direkt betroffen.

 

Nicht eingepreist war offenbar auch der Ausbruch einer internationalen Börsenkrise mit massiven Kursverlusten. Anleger stießen massiv US-Aktien und auch US-Staatsanleihen ab. Vor allem letzteres sorgte für Panik in den Konzernzentralen und bei Trump selbst. Hedgefonds-Manager Bill Ackman, der Trump zuvor noch als „brillant“ gelobt hatte, warnte vor einem „ökonomischen nuklearen Winter“. Trump musste zugeben: „Einigen Leuten wurde etwas mulmig.“ Kein Wunder, führt doch das Abstoßen von US-Staatsanleihen dazu, dass die Zinsen für die Aufnahme neuer steigen, womit sich die Gefahr eines offenen Staatsbankrotts erhöht. Trump zog eine Notbremse und setzte die über den zehnprozentigen Basiszoll hinausgehenden Abgaben für 90 Tage aus – außer für China. Auch Smartphones und Computer wurden ausgenommen. Zugleich eskaliert der Handelskrieg mit China, zumal China sich nicht einfach der Erpressung beugt und selbst wichtige Asse gegenüber der US-Monopolwirtschaft im Ärmel hat. China erhöhte die Zölle auf 125 Prozent und beschränkte die Ausfuhr von seltenen Erden, die für die Elektronik- und Rüstungsindustrie der USA unverzichtbar sind.

Trump agiert aus der tiefen Defensive

Der von Trump ausgelöste Handels- und Wirtschaftskrieg ist alles andere als Ausdruck der Stärke des US-Imperialismus. Die USA verloren mit stagnierender Industrieproduktion bereits ihre Rolle als stärkste Wirtschaftsmacht an China. Im Auftrag der reaktionärsten Kräfte des US-Imperialismus soll die Trump-Regierung hier eine Wende herbeiführen.

 

Ausgangspunkt ist die Zäsur der tiefen Weltwirtschafts- und Finanzkrise von 2008 bis 2014. Davon ausgehend verschärfte sich der Konkurrenzkampf zwischen den alten imperialistischen Ländern und den aufstrebenden neuimperialistischen Ländern sprunghaft. Die in den 1990er-Jahren begonnene Neuorganisation der internationalen kapitalistischen Produktion geriet in eine tiefe Krise. Die seitherige internationale Arbeitsteilung ist infrage gestellt, während sie gleichzeitig unverzichtbare Notwendigkeit für die monopolistische Industrieproduktion bleibt. Die große Gefahr ist, dass sich der Zoll- und Handelskrieg zur Beherrschung der Einflussspähren und Märkte bis zu einem neuen Weltkrieg ausweitet, auf den sich mehr oder weniger alle imperialistischen Länder intensiv vorbereiten.

 

Zugleich zeigt dies, „dass der Imperialismus an eine relative Grenze seiner historischen Entwicklung stößt. Die modernen Produktivkräfte verlangen nach Produktionsverhältnissen, die ihrem internationalen Charakter entsprechen, aber diese sind nur in vereinigten sozialistischen Staaten der Welt zu verwirklichen«.²