Rote Fahne 07/25

Rote Fahne 07/25

„Operationsplan Deutschland“ auf dem Weg in den Dritten Weltkrieg

Seit den Bundestagswahlen gibt es bei den bürgerlichen Politikern vor allem ein Thema: Bei der Aufrüstung müsse nun „Tempo“ gemacht werden. In Windeseile wurde ein gigantisches Finanzierungspaket auf Schuldenbasis noch durch den alten Bundestag ­gepeitscht. Angeblich muss das deshalb so schnell gehen, weil die US-Regierung unter dem Faschisten Donald Trump Europa „im Stich lässt“. Sicherlich geht der offene Machtkampf zwischen den USA und der NATO mit einer verstärkten europäischen Kriegsvorbereitung einher. Aber: Kernpunkte dieser Pläne sind gar nicht so neu. Seit 2022 arbeitet die ­Bundeswehrführung an einem streng geheimen „Operationsplan Deutschland“. Er soll den „Aufmarsch und die Versorgung verbündeter und eigener Streitkräfte in der Drehscheibe Deutschland“ für einen großen Angriffskrieg an der NATO-Ostflanke sicherstellen.¹

Von ms / fu / fh
„Operationsplan Deutschland“ auf dem Weg in den Dritten Weltkrieg

Friedrich Merz, Bundeskanzler in Wartestellung, wirbt für „Stärke gegen Russland“ und warnt vor der „Unterwerfung vor einer imperialistischen Macht.“² Ohne Zweifel versucht das neuimperialistische Russland unter Wladimir Putin seinen Einfluss vor allem in Osteuropa, aber auch weltweit, aggressiv auszudehnen. Doch nicht nur Russland will sich die Ukraine einverleiben. Auch die EU- und NATO-Staaten betreiben imperialistische Politik und haben ihren Machtbereich seit den 1990er-Jahren systematisch bis an die Westgrenzen Russlands ausgedehnt.

 

Der aggressiven NATO-Osterweiterung folgte die Aufrüstung an der Ostflanke der Militärbündnisses. Mittlerweile sind rund 40 000 Soldaten in osteuropäischen NATO-Staaten stationiert – von Estland bis Rumänien – zusätzlich zu den jeweils eigenen dieser Länder. Regelmäßig werden dort große Manöver abgehalten. Die neuen „Verteidigungspolitischen Richtlinien“ der Bundeswehr von 2023 sprechen von der „Kriegstüchtigkeit als Handlungsmaxime“. Weiter heißt es: „Vornepräsenz wird künftig für die Angehörigen der Bundeswehr die Norm.“ Umgesetzt wird das bereits mit der erstmals dauerhaft im Ausland stationierten Panzerbrigade 42 in Litauen. Man wolle die „Strukturen und Prozesse am Szenario des Kampfes gegen einen mindestens ebenbürtigen Gegner ausrichten“, fordern die „Verteidigungspolitischen Richtlinien“. Auf deutsch heißt das: Ausrichtung auf einen Krieg gegen Russland. Als Ziel dafür wird formuliert „Wir wollen diese Auseinandersetzung nicht nur gewinnen, sondern wir müssen.“³ Einen solchen Sieg im „hochintensiven Gefecht“ an der Front erringt man aber nicht durch defensive Operationen, sondern nur durch Eindringen auf das gegnerische Territorium.

 

Der aggressive, ebenfalls imperialistische Charakter der Bundeswehrpläne zeigt sich auch an den Waffenarten, die im Zentrum der gigantischen neuen Aufrüstung stehen. Geplant sind Hunderte neue Panzer, eine Drohnen-Armee und ein Raketenschild. Das alles braucht man gerade auch für den Überfall auf andere Länder. Der Raketenschirm soll dann einen – möglicherweise auch atomaren – Gegenschlag Russlands abwehren. Ein Spiel mit der Vernichtung der gesamten Menschheit, auch weil es stets die Möglichkeit unkontrollierter Entwicklungen enthält.

Übergang zur Kriegswirtschaft

Wesentliche Zielsetzung des „Operationsplans Deutschland“ ist es, die Mobilisierung und Verlegung großer Truppenkontingente der NATO durch Deutschland an die Ostflanke der NATO zu gewährleisten. Truppen, die man von Westen nach Osten führt, müssen immer durch Deutschland.

 

Die geplante Hochrüstung erfordert auch den Übergang zu einer Kriegswirtschaft (siehe Seite 20/21). Dem werden erkämpfte Umweltschutzmaßnahmen und soziale Errungenschaften weitgehend zum Opfer fallen. Im Gange ist auch eine allgemeine Militarisierung von Betrieben und Verwaltungen. Die Bundeswehr führt dazu bereits „Beratungen“ in allen Betrieben durch. Dazu gehören Tipps zur Vorhaltung von Lkw-Fahrern, zur Unterdrückung kämpferischer und klassenkämpferischer Kollegen sowie zur Notversorgung mit Strom, Wasser und Betriebsmitteln. Vorgesehen ist, dass der „Operationsplan Deutschland“ bis 2029 umgesetzt sein soll.

Manipulation der öffentlichen Meinung

Noch vor den Wahlen hat Friedrich Merz den Gedanken auch nur an minimale Neuverschuldung weit von sich gewiesen. Jetzt preist er sie als die „richtige Antwort auf die Zeit, in der wir heute leben“.⁴ 73 Prozent zeigen sich bei einer Umfrage für das „Politbarometer“ des ZDF empört über diese bewusste Wählertäuschung. Eine Mehrheit von 64 Prozent stimmt dennoch der Schuldenaufnahme für die Hochrüstung schweren Herzens zu. Allerdings wurde dies mit dem massiven Einsatz des Systems der kleinbürgerlichen Denkweise geschickt erkauft: Angeblich könne man sich nur so gegen Russland schützen; angesichts von Trumps Absage an das Bündnis mit Europa sei das nun alternativlos; ohne Schulden wären drastische Kürzungen bei den Sozialausgaben unumgänglich.

 

Doch kaum ist der neue Schuldenberg beschlossen, kommt Merz zur Sache: „Wir haben mittlerweile so überbordende Sozialausgaben, auch auf der kommunalen Ebene, dass wir das jetzt alles auf den Prüfstand stellen müssen“, sagte er im Interview mit RTL. Das müsse man „jetzt mit der SPD noch ausverhandeln“.⁵  Das lässt erheblichen Sprengsatz für die weiteren Koalitionsgespräche erwarten. Auch wenn versucht wird, die Folgen für die Massen noch etwas abzudämpfen, nimmt die reaktionäre Wende der Herrschenden auch in dieser Hinsicht Gestalt an.

 

Ähnlich verhält es sich mit den 500 Milliarden Euro für Infrastrukturprojekte. Viele Menschen hoffen auf mehr Geld für marode Schulen, Kitas oder Krankenhäuser. Doch allein die Reparatur der rund 4000 Brücken, die der Belastung durch militärische Schwertransporte nicht gewachsen sind, wird Hunderte Milliarden verschlingen. Dazu kommt noch die Aufrüstung des gesamten Autobahn- und Schienennetzes. Und welche „Infrastruktur“ man bei den Krankenhäusern so im Auge hat, zeigt das Beispiel des geplanten Großklinikums in Köln-Merheim. Da soll eine unterirdische Intensivstation gebaut werden, ganz in der Nähe des Militärflughafens Köln-Wahn, über den im Kriegsfall massenhaft Verletzte von der Front ankommen werden.⁶

Friedenspräsident Trump?

Die faschistische AfD tut so, als ob sie die „Partei des Friedens“ wäre. Bezeichnend ist ihre Verklärung von US-Präsident Donald Trump, der „als patrio­tischer Friedenspräsident in die Geschichte eingehen“ könne.⁷ Wie friedlich hat sich Trump in den wenigen Wochen seit seinem Amtsantritt gezeigt? Er will Panama, Kanada und Grönland einfach annektieren; militärische Mittel schließt er dafür nicht aus. Rohstoffe und geostrategische Lage sind seine Gründe, die auch für die Zukunft keine friedlichen Absichten erahnen lassen. Aus Gaza will er die Palästinenser einfach nach Afrika vertreiben. Und in der Ukraine will Trump einen Frieden erzwingen, der nur seinen eigenen Interessen dient: Er fordert von der Ukraine Rohstoffe in einem Gegenwert von einer halben Billion US-Dollar! Derweil verschärft er die Kriegsgefahr mit einem Wirtschaftskrieg und der Konzentration von US-Militär im Pazifik gegen China. Die führenden europäischen Imperialisten erheben ebenfalls ihren weltweiten Führungsanspruch und Deutschland will dabei vorne dran stehen.

Breiter Zusammenschluss der Friedenskräfte

Angesichts dieser bedrohlichen Entwicklung aufgrund der Verschärfung der akuten Weltkriegsgefahr braucht es eine breite und aktive Friedensbewegung, die sich gegen alle imperialistischen Mächte richtet – aber auch gegen die faschistische Gefahr, die reaktionäre Wende der Herrschenden und soziale Kürzungen. Vor allem die Jugend muss dafür gewonnen werden. Um ihre Zukunft geht es besonders beim Kampf gegen die gigantischen Hochrüstungsprogramme und die Militarisierung der ganzen Gesellschaft. Dem dient der Aufbau einer sozialistischen Jugendbewegung und das Eintreten für die Perspektive vereinigter sozialistischer Staaten der Welt – ohne imperialistische Kriege und Kriegsgefahr.

 

MLPD und REBELL haben in den letzten Wochen gemeinsam mit vielen anderen die Initiative ergriffen für koordinierte Widerstandsaktionen am Tag X, dem Vorabend der Beschlussfassung der Rüstungspläne im Bundestag. Sie haben dazu beigetragen, dass sich die frauenpolitische Stimme am 8. März dagegen erhob. Und sie haben das auf den gewerkschaftlichen Demonstrationen am 15. März zum Thema gemacht. Sie fordern „Weg mit den gigantischen Hochrüstungsprogrammen!“ und arbeiten an der Schmiedung der internationalen Einheitsfront gegen Krieg, Faschismus und Umweltzerstörung. Sie fördern breite Bündnisse und treten dafür ein, „Gräben zu überwinden“. In diesem Sinn gilt es auch die Ostermärsche und den 80. Jahrestag des Siegs über den Hitler-Faschismus am 8. Mai vorzubereiten.