Rote Fahne 07/25

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Kuba: Von der antiimperialistischen Revolution zum bürokratischen Kapitalismus

Mehr als eine Million Kubaner – ein Zehntel der Bevölkerung – haben ihr Land seit Anfang 2022 verlassen. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 25 Prozent.¹ Wie konnte es in einem angeblich sozialistischen Land dazu kommen? Das stellen wir zwei Artikeln in loser Folge zur Diskussion. Der erste Teil befasst sich mit der Geschichte Kubas.

Von gos
Kuba: Von der antiimperialistischen Revolution zum bürokratischen Kapitalismus
"Freie Presse - Havanna, Januar 1959: Batista flieht" (Poster im Revolutionsmuseum in Havanna( (foto: travelmag.com / CC BY 2.0)

Anfang der 1950er-Jahre wurde Kuba beherrscht von Großgrundbesitzern, die seit Jahrhunderten die Kubaner auf Zuckerrohr- und Tabakplantagen ausbeuteten.

 

Wie in vielen anderen Kolonien zu der Zeit entstand auch hier eine Freiheitsbewegung. Fidel Castro begann seine erste Guerilla-Aktion gegen das faschistische Batista-Regime 1953. Die damals noch sozialistische Sowjetunion riet der Sozialistischen Volkspartei PSP, sich von Castro abzugrenzen; Arbeiter hätten in seiner Bewegung nichts zu sagen.

 

Erst nachdem in der Sowjetunion der Kapitalismus wiedereingeführt war, trat die kleine PSP dem Bündnis gegen Batista bei. Eine Rolle spielte dabei auch, dass Castro von immer mehr Kubanern unterstützt wurde und die USA ihren Lakaien Batista fallen ließen. Batistas Regime wurde von den Volksmassen in einer antiimperialistischen Revolution gestürzt.

Sozialismus „nur auf dem Papier“

Fidel Castro wurde nach dessen Sturz 1959 Präsident. Er war ein fortschritt­licher Rechtsanwalt und seine „Bewegung des 26. Juli“ setzte sich vor allem für die Wiedereinsetzung der bürgerlichen Verfassung von 1940 ein. Castro wollte politisch neutral sein, kaufte dazu Öl auch von der Sowjetunion. Aber die Öl-Raffinerien auf Kuba gehörten US-Firmen. Als die sich weigerten, sowjetisches Öl zu verarbeiten, enteignete sie Castro im Sommer 1960. Daraufhin kürzten die USA ihre Zuckerkäufe. Castro enteignete im Gegenzug im August 1960 die übrigen US-Firmen und entwickelte gegenüber den USA eine anti­imperialistische Politik.

 

Ab Oktober 1960, ein Jahr nach der Revolution, wurden auch kubanische Unternehmen verstaatlicht. Das war jedoch keine sozialistische Verstaatlichung, sondern von vornherein eine auf bürokratisch-kapitalistischer Grundlage.

 

Nicht die Arbeiter und Bauern wählten und kontrollierten die Leitungen dieser Betriebe, sie wurden von Ministerien eingesetzt. Auch die Gewerkschaften hatten dabei nichts zu sagen. Alle Kubaner außer Kleinbauern und kleinen Selbständigen sind Staatsangestellte; die Löhne werden von der Regierung festgelegt. Ich fragte: „Warum streikt ihr nicht für höhere Löhne?“ Mit einem angedeuteten Schlagstock haut mir der Kollege über den Kopf. „Aber ihr nennt euch doch sozialistisch?“ „Das steht nur auf dem Papier!“

Weitgehende soziale Leistungen

Castro ordnete Kuba 1960 der sozialimperialistischen Sowjetunion unter und verzichtete auf eine eigene Industrie, die das Land hätte unabhängig und selbständig machen können. Anfang der 1970er-Jahre stellte er sogar den begonnenen Aufbau einer Computerindustrie wieder ein, da der Kreml die Produktion in diesem Sektor nach Bulgarien verlegt hatte. Castros langjähriger Kampfgefährte Ché Guevara hat diesen revisionistischen Kurs kritisiert. Er nannte auch öffentlich die Erfolge der chinesischen Revolution und Mao Zedongs als Vorbild. Die Unterordnung unter die sozialimperialistische Sowjetunion machte er nicht mit und verließ Kuba 1965.

 

Allerdings wurden in Kuba weitgehende soziale Zugeständnisse eingeführt. So eine kostenlose Bildung für alle. Jedes Kind geht neun Jahre zur Schule, danach folgt oft die Hochschule. Jede Provinz hat eine.

 

Kuba hat das höchste Bildungsniveau in Lateinamerika. Elektrizität, Telefon, Fernsehen sind umsonst, ebenso die Gesundheitsversorgung. Ein Existenzminimum bewahrt jeden davor, zu verhungern. Kuba ist das einzige Land Lateinamerikas ohne unterernährte Kinder! Frauen sind gleichberechtigt, in allen Leitungen allerdings unterrepräsentiert.

 

Die Ursache für Kubas Misere werden in einer weiteren Korrespondenz genauer untersucht.