Rote Fahne 07/25

Rote Fahne 07/25

Auf der Suche nach dem „Großen Bruder“ – DKP vor 26. Parteitag

Die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) stand immer fest zur Sowjetunion – bis zu deren Ende und egal was sie tat. Ohne Großen Bruder musste sie dann selbst klarkommen. Oder?

Von dw
Auf der Suche nach dem „Großen Bruder“ – DKP vor 26. Parteitag
Großer Bruder China - im Kreis seiner neuimperialistischen Partner? Dilma Rousseff (Brasilien), Manmohan Singh (Indien), Wladimir Putin (Russland), Xi Jinping (China) und Jacob Zuma (Südafrika) beim Gipfel der BRICS-Staaten 2013 in St. Petersburg (foto: Roberto Stuckert Filho PR / Agencia Brasil / CC BY 3.0 br)

Nachdem zunächst ein sogenannter Erneuerungskurs die DKP bis zur Unkenntlichkeit an die PDS/Linkspartei anpasste, wollte sie ab 2013 mit Patrik Köbele klassenkämpferischer werden, für Sozialismus eintreten. Was daraus im Vorfeld des 26. Parteitags (Juni 2025) geworden ist?

 

Der Parteivorstand hat zur Vorbereitung zehn Leitgedanken und einen Antrag zur „Handlungsorientierung“ veröffentlicht.¹ Immerhin – die DKP formuliert einige Aufgaben, in denen eine Aktionseinheit möglich ist: „Gegen die Stationierung neuer US-Raketen, gegen Atomwaffen, gegen Bundeswehrauftritte/Militärbasen/Kriegstransporte, gegen Militarisierung in Betrieben und Verwaltungen“ und so weiter.² Schwierig wird nur, wie negativ die DKP an die Arbeiter herangeht: „Zustand der Arbeiterklasse: wenig Klassenbewusstsein, schlecht organisiert“.³

Skepsis prägt die Einschätzung der Weltlage

„Zeitenwende des Imperialismus – Das Monopolkapital bereitet zur Verhinderung seines Abstiegs den Krieg vor“ ist Titel der Leitgedanken. Eine Zeitenwende im marxistischen Sinne könnte nur im Übergang vom Kapitalismus/Imperialismus zum Sozialismus bestehen. Die MLPD hat schon vor 20 Jahren die Einleitung einer historischen Umbruchphase vom Kapitalismus zum Sozialismus auf der Grundlage der Neuorganisation der internationalen Produktion festgestellt. Da sah die DKP nur den Niedergang des „Ostblocks“ und wertete das fälschlich als Niederlage des Sozia­lismus. Die globale Rechtsentwicklung, Umweltkatastrophe und Vorbereitung eines Dritten Weltkriegs kann höchstens das Zeiten-Ende bedeuten, das es doch zu verhindern gilt.

 

Nach dem marxistisch-leninistischen Verständnis rebellieren auf einem gewissen Stand der Entwicklung die revolutionären Produktivkräfte (Produktionsmittel und die sie bedienenden Arbeitskräfte) gegen überkommene Produktionsverhältnisse (Eigentums- und Aneignungsverhältnisse). Dieser Gegensatz führt zu Revolutionen und „Zeitenwenden“. Heute stellt der Konflikt der internationalisierten Produktion und des nationalstaatlich organisierten Kapitalismus/ Imperia­lismus einen epochalen Konflikt dar.

Woher kann eine fortschritt­liche Lösung kommen?

Marx und Engels weisen im Kommunistischen Manifest darauf hin, dass die „Geschichte aller bisherigen Gesellschaft die Geschichte von Klassenkämpfen“ ist und der Klassengegensatz von Unterdrückern und Unterdrückten „jedes Mal mit einer revolutionären Umgestaltung der gesamten Gesellschaft endete oder mit dem gemeinsamen Untergang der kämpfenden Klassen.“ Die Arbeiterklasse als einzig revolutionäre Klasse im Weltmaßstab muss ausgehend vom internationalen Industrieproletariat die Führung aller Unterdrückten übernehmen, um die Menschheit vor den Krisen des sterbenden imperialistischen Weltsystems zu retten.

 

Die DKP sucht jedoch die Weltenrettung in genau den bürgerlichen Nationalstaaten, die ihr entgegenstehen. Als Kraft gegen den Imperialismus sieht sie den „Aufbruch zahlreicher bisher neokolonial und halbkolonial unterdrückter Länder. Mit BRICS … oder der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) haben einige dieser Länder Zusammenschlüsse gebildet, die beginnen, Alternativen zu den derzeit vom Imperialismus dominierten beziehungsweise genutzten Strukturen (wie IWF, Weltbank, SWIFT) zu schaffen. … Eine herausragende Rolle spielt dabei die VR China … Mit seinen diplomatischen und ökonomischen Initiativen erlangt China weltweit zunehmend Anerkennung und ist damit der Motor für die Herausbildung einer multipolaren Weltordnung.“⁴

 

Die DKP leugnet alle Fakten über Ausbeutung und Unterdrückung im heutigen China und hält unbeirrt daran fest, dass dieses Paradies der Milliardärevv und Investoren ein sozialis­tisches Land be­ziehungsweise ein Land auf dem sozialistischen Weg sei. Tatsächlich ist China längst eine neuimperialistische Macht, die sich anschickt, von einer bereits ökonomischen Supermacht zu einer umfassenden – auch militärischen – Supermacht zu werden. Die multipolare Weltordnung, der der Parteivorstand der DKP das Wort redet, macht den Imperialismus um keinen Deut friedlicher – schon gar nicht entstehen daraus „Alternativen“ zu imperia­listischen Strukturen. In ihr kämpfen in den letzten Jahrzehnten entstandene neuimperialistische Länder mit den alten Imperialisten um die Vorherrschaft auf der Welt. Das verschärft die Weltkriegsgefahr enorm. Diese Weltordnung ist nicht die Lösung der Probleme, sondern Teil ihrer Ursache! Weil sie ja gerade aus der ungleichmäßigen Entwicklung, dem imperialistischen Konkurrenzkampf bis zur gesetzmäßigen Kriegsgefahr entstanden ist und entsteht.

 

Einen neuen Großen Bruder hat die DKP aber wenigstens gefunden. Wenn sie ihm genauso kritiklos folgt wie einst der Sowjetunion, dürfte sich ihre Tragödie als Farce wiederholen.