Rote Fahne 06/25

Rote Fahne 06/25

Wohin geht die „Letzte Generation“?

Die Begleitmusik der aggressiven Leugnung der Umweltkatastrophe und der Hetze gegen Umweltaktivisten liefert derzeit die bürgerliche Justiz. Insbesondere Umweltaktivisten der Bewegung „Letzte Generation“ werden für Straßenblockaden, die Farbbesprühung eines Privatjets auf Sylt oder Aktionen mit Bannern über Autobahnen mit drakonischen Strafen bedroht und verfolgt.

Von js
Wohin geht die „Letzte Generation“?
Protest gegen die Kriminalisierung der „Letzten Generation“, Stuttgart, 31.05.2024

Gabi Fechtner, Vorsitzende der MLPD, schrieb vor kurzem an eine Aktivistin: „Ich habe erfahren, dass du für 15 Tage ins Gefängnis musstest, weil du nicht akzeptierst, dass du für einen Protest … Strafe wegen Nötigung bezahlen solltest. Du bist mit anderen Aktivisten der ‚Letzten Generation‘ auch einer Anklage wegen ‚Bildung einer kriminellen Vereinigung‘ nach §129 ausgesetzt. Mit diesem Paragrafen wurden in der Weimarer Republik die Sozialdemokraten, im Hitler-Faschismus die KPD und heute der berechtigte kurdische Befreiungskampf unterdrückt. Ich möchte dir und deinen Mitstreiterinnen und Mitstreitern die volle Solidarität der MLPD gegen diese Versuche eurer Kriminalisierung aussprechen! ... Es ist legitim und unbedingt notwendig, Bewusstsein über die begonnene globale Umweltkatastrophe zu schaffen und den Kampf dagegen aufzunehmen. … Die … Herrschenden … nehmen die wahren Umweltverbrecher in den Konzernetagen der Monopole in Schutz. Mühsam verteidigen sie das kapitalistische Gesellschaftssystem, das nicht anders kann, als rücksichtslos Mensch und Natur auszubeuten.“

Aktiver Widerstand oder Einrichten im „System“?

Mit einem Paukenschlag gab Carla Hinrichs, Mitbegründerin der Bewegung „Letzte Generation“ Ende 2024 im Spiegel-Interview¹ bekannt: „Wir sind nicht mehr die Letzte Generation.“ Darin kündigte Hinrichs reichlich nebulös an, es werde „etwas Neues entstehen, etwas Großes“.² Sicherlich sind die Hoffnungen der „Letzten Generation“, durch spektakuläre Aktionen die Politik der Herrschenden in Frage zu stellen und dadurch große Massen zu mobilisieren, nicht eingetroffen. Stattdessen wurden ihre Aktivisten zunehmend mit Strafen und Repressalien überzogen. Aber welche Schlussfolgerungen sind daraus zu ziehen?

 

Anfang März verspricht die jetzt umbenannte „Neue Generation“, es sei „Zeit für eine gewaltfreie, demokratische Revolution“. Daraus spricht einerseits die wachsende Einsicht, dass der Kampf zur Rettung der menschlichen Lebensgrundlagen gesellschaftsverändernd sein muss. Was Raphael Thelen, Autor und Aktivist der „Neuen Generation“, an „neuer Strategie“ anbietet, läuft aber in der Konsequenz darauf hinaus, den Kampf gegen die Zerstörung der menschlichen Lebensgrundlagen aufzugeben. Ende Mai sollen auf der Bundestagswiese „Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft zusammen (kommen), um zu beraten, wie der Einfluss von Geld und Lobbyismus zurückgedrängt werden kann.“ Solch „ein Parlament der Menschen“ könne es „in jeder Stadt geben“.³ Sicherlich sind breite demokratische Beratungen notwendig. Aber es ist eine Illusion, die Macht des internationalen Finanzkapitals „zurückdrängen“ zu können. Dass die herrschenden Monopole über den Machtapparat verfügen, das haben die Aktivisten der „Letzten Generation“ doch am eigenen Leib erfahren. Warum sollte sich das nun verändert haben?

Kleinbürgerliche Umweltbewegung in der Krise

Eine kämpferische Umweltbewegung mit gesellschaftsveränderndem Anspruch wird von den Herrschenden angefeindet und steht deshalb auch im Fokus liquidatorischer⁴ Kräfte. Während sich einige Aktivisten der „Letzten Generation“ aktiv an der Vorbereitung der Umwelt-Strategiekonferenz im Frühjahr 2024 beteiligten, sorgten andere dafür, dass die Zusammenarbeit aufgekündigt wurde.

 

In Chat-Gruppen kursierten manipulierte Bildchen, die in diffamierender Weise antikommunistische Mantras der Geheimdienste verbreiten: Da wird der MLPD zum Beispiel „Fremdbestimmtheit“ ihrer Mitglieder unterstellt oder die überparteiliche Umweltgewerkschaft als ihr „Anhängsel“ dargestellt. Wer Leute aus der MLPD kennt, weiß, dass diese alles andere als „fremdbestimmt“, sondern selbständige denkende und handelnde Menschen sind. Dass sie mit überparteilichen Organisationen wie der Umweltgewerkschaft respektvoll zusammenarbeiten und wie viele andere auch darin gleichberechtigt mitarbeiten, das wollen die Nachbeter der „Verfassungsschutz“-Propaganda auf keinen Fall wahrhaben.

Weg der solidarischen Zusammenarbeit ausbauen

Die kämpferische Umweltbewegung hat allen Grund, sich nicht von dieser krisenhaften Entwicklung in der kleinbürgerlichen Umweltbewegung beeinflussen zu lassen. Die Überschreitung von Kipppunkten ist nicht das Ende der Menschheit. Wo sie eingetreten sind, „muss der Kampf zur Eindämmung der katastrophalen Entwicklungen und um einschneidende Schutzmaßnahmen entschlossen aufgenommen“⁵ werden. Zugleich ist es möglich und notwendig, für das Stoppen oder gar die Umkehrung von Entwicklungen zu kämpfen, die den qualitativen Sprung zu irreversiblen und unkontrollierten Prozessen noch nicht vollzogen haben.

 

Die gemeinsame Vorbereitung eines breiten überparteilichen internationalen Umweltratschlags bietet dazu eine gute Plattform.