Rote Fahne 06/25

Rote Fahne 06/25

Müslüm Elma: „Bevölkerung und Arbeiter­klasse überzeugen und die proletarische Denkweise tief verinnerlichen“

Mitte Februar sprach Gabi Fechtner mit dem türkisch-kurdischen Revolutionär Müslüm Elma. 2020 wurde er im Rahmen eines antikommunistischen Urteils des Oberlandesgerichts in München mit neun Kommunistinnen und Kommunisten aus der Türkei/Nordkurdistan verurteilt. Ihnen wurde die Mitgliedschaft in einer „terroristischen Vereinigung“ im Ausland (§§ 129a/b) vorgeworfen

Müslüm Elma: „Bevölkerung und Arbeiter­klasse überzeugen und die proletarische Denkweise tief verinnerlichen“
Solidarität mit Müslüm Elma und der Kampf für seine Freilassung aus der Haft waren Gegenstand internationaler Kampagnen, an denen sich die MLPD aktiv beteiligte (Protestaktion beim Prozess in München, 2.12.2019)

Dabei ist die TKP/ML nur in der Türkei, nicht aber in der EU oder in Deutschland verboten. Nur wegen ihrer marxistisch-leninistischen Weltanschauung wurden die neun zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Müslüm Elma darf sich seitdem nur im Radius von 30 Kilometern von seinem Wohnsitz bewegen, muss sich zweimal in der Woche bei der Polizei melden. Diese skandalösen Repressionen gelten für 20 Jahre!

„Faschisierung des Staatsapparats nicht aus den Augen verlieren“

Müslüm Elma verfolgt die Entwicklung in Deutschland und diskutiert mit Gabi Fechtner, welche Schlussfolgerungen gezogen werden müssen: „Wir dürfen nicht vergessen, dass der Faschismus nicht nur in Form der AfD besteht. Dahinter steckt das Finanzkapital. Wir müssen deshalb auch auf die Bekämpfung des Staatsapparats orientieren und die Massen für den Klassenkampf überzeugen.“ Müslüm Elma berichtet über Erfahrungen revolutionärer Kräfte in der Türkei in den 1980er-Jahren: „Kurz vor dem Militärputsch haben wir die faschistische MHP als Gegner bekämpft, auch mit bewaffneten Auseinandersetzungen. Das war einseitig. Denn wir haben dadurch die Faschisierung des Staatsapparats, das kapitalistische System dahinter aus den Augen verloren.“

„Wir müssen eine Einheitsfront organisieren“

Die antifaschistische Einheitsfront gewinnt enorm an Bedeutung. Müslüm Elma führt aus: „Wir müssen eine Einheitsfront organisieren, auch angesichts der Gefahr eines Dritten Weltkriegs. Wir müssen ein großes antifaschistisches und antiimperialistisches Bündnis aufbauen.“ Dazu sind aktionistische Einflüsse oder Skepsis in die Massen in der antifaschistischen Bewegung zu diskutieren und überwinden: „Die Antifa organisiert nur den Widerstand gegen AfD-Veranstaltungen, rennt hin und her. Wir müssen die Bevölkerung und die Arbeiterklasse überzeugen. Jede Attacke auf das System hat seine Berechtigung, aber man darf sich nicht auf Blockaden reduzieren. Wir müssen auf die Revolution hinarbeiten.“ Weiter merkt er an: „Es gibt genug Kräfte, die die Nationalitäten- oder Religionsfrage thematisieren. Wir müssen die proletarische Denkweise einbringen. Wenn diese nicht tief verinnerlicht ist, besteht die Gefahr jederzeit, die Arbeit unter der Arbeiterklasse zu verdrängen.“

 

Müslüm Elma führt zur internationalen Tendenz zum Faschismus aus: „Ausgehend von der Weltwirtschaftskrise kommt es in immer mehr Ländern zu faschistischen Regierungen. Es ist Aufgabe der Marxisten-Leninisten, den Kampf dagegen zu organisieren. Das können nur sie wirksam. Ich teile nicht, dass wir subjektiv dafür zu wenige Kräfte haben. Wir müssen die Kräfte, die wir haben, in Bewegung bringen, uns ständig mit dem Marxismus-Leninismus bilden, kämpferisch organisieren und gemeinsam mit der Bevölkerung den Kampf gegen das imperialistische System aufnehmen.“

„Wir werden mit dem Einfluss der bürgerlichen Denkweise fertig werden“

Die gegenwärtige Situation ist eine hohe Anforderung. Der Kampf um die Denkweise entfaltet sich um die richtige Verarbeitung der Veränderungen in der objektiven Wirklichkeit, zum Teil verschärft er sich. Deswegen legt die MLPD so viel Wert auf die theoretische Arbeit und darauf, den Kampf um die Denkweise wissenschaftlich auszutragen. Müslüm Elma unterstreicht: „Wenn man keine ideologisch-politische Klarheit in der Partei schafft und stabilisiert, besteht die Gefahr, dass die Denkweise der Herrschenden eindringt. Ich bin überzeugt, dass es notwendig ist, das auszutragen und dass wir Marxisten-Leninisten es schaffen werden, mit dem Einfluss der bürgerlichen Denkweise fertig zu werden.“ Müslüm Elma macht sich viele Gedanken, wie sich dazu revolutionäre Parteien verändern müssen, und betont, dass sie sich gegenseitig austauschen und die sozialistische Perspektive immer wieder neu durchdenken und auf heute anwenden müssen. Er führt aus, dass dazu der Kampf gegen den Dogmatismus bedeutend ist.

„Proletarische Grüße“ an die MLPD

Müslüm Elma schickt „proletarische Grüße“ an die Genossinnen und Genossen der MLPD: „Gemeinsam zu kämpfen, müssen und werden wir erweitern. Wir sollten nicht nur im Wahlkampf so eng zusammenarbeiten. Es kann unterschiedliche Positionen geben, aber in vielen Fragen haben wir den gleichen Standpunkt. Die Punkte, in denen wir Differenzen haben, müssen nicht immer ganz oben stehen auf der Tagesordnung, aber wir werden sie weiter diskutieren. Wir müssen gemeinsam den Klassenkampf führen. Wir haben eindeutig Fortschritte in der Zusammenarbeit gemacht. Dazu haben wir viele Auseinandersetzungen geführt, darum gekämpft. Wichtig ist, die Zusammenarbeit positiv weiterzuentwickeln. Lasst uns unsere Prinzipien festigen."

 

Das Gespräch hat den proletarischen Internationalismus, den Zusammenhalt und gegenseitiges Verständnis gestärkt. Viele Grüße an Müslüm Elma!