Rote Fahne 03/25

Rote Fahne 03/25

„Wir kämpfen um die Köpfe und Herzen der Menschen“

Nam Duy Nguyen wurde 1996 in Dresden geboren und wuchs in Riesa auf. Seit 2024 sitzt er für die Partei Die Linke im sächsischen Landtag als deren Sprecher für Gewerkschafts- und Arbeitspolitik, Sport, Asyl- und Migrationspolitik und ostdeutsche Belange. Als parlamentarischer Beobachter in Riesa wurde er dort brutal von einem Polizisten angegriffen

„Wir kämpfen um die Köpfe und Herzen der Menschen“
Nam Duy Nguyen (foto: Pressefoto Die Linke)

Rote Fahne: Wie geht es Dir heute und was ist der Stand des Ermittlungsverfahrens?

Nam Duy Nguyen: Mir geht es inzwischen wieder gut und ich habe keine bleibenden Verletzungen davongetragen. Den Schock habe ich auch so weit überwunden. Ich habe Anzeige erstattet und weiß, dass das Ermittlungsverfahren läuft. Aber mehr weiß ich noch nicht.

 

Wie bewertest Du die weitere Entwicklung der faschistischen Gefahr sowie des antifaschistischen Widerstands und welchen ­Beitrag hat Riesa dazu geleistet?

Ich denke, die Gefahr von rechts, insbesondere durch die AfD, wächst rasant. Bei der Bundestagswahl sind nicht nur hohe Zustimmungswerte für die AfD zu erwarten, sondern auch die übrigen Parteien ­rücken immer stärker in einen rechtspopulistischen und rassistischen Diskurs, allen voran die CDU. Friedrich Merz‘ Annäherung an die AfD und seine Bereitschaft zu radikaler Abschiebepolitik lassen Schlimmes erahnen.

 

Mit der Wiederwahl Trumps wird die internationale Lage zusätzlich düsterer. Umso wichtiger sind Aktionen wie „widersetzen“ in Riesa. Es geht darum, den Faschisten den Raum auf zwei Ebenen zu nehmen: einerseits physisch, durch Blockaden von Veranstaltungen, bei denen sie ihre Ideologie verbreiten, andererseits im Diskurs. Wir kämpfen um die Köpfe und Herzen der Menschen. Bleibt der öffentliche Diskurs ohne Widerspruch gegen rechts, erscheint der Rechtsruck für viele als normal und alternativlos. Doch das darf nicht passieren. Die Menschen müssen hören, wie gefährlich rechte und konservative Politik ist, und sehen, dass sich andere öffentlich und aktiv dagegenstellen. Die schleichende Normalisierung der AfD darf nicht weitergehen.

 

In dieser Hinsicht war Riesa sehr erfolgreich. Natürlich sollte antifaschistische Politik nicht allein bei Blockaden stehenbleiben, aber ohne sie wird sie nicht erfolgreich sein.

 

Wie kann der Protest zu einer breiten, antifaschistischen Einheitsfront höherentwickelt werden?

Es braucht erstens eine breitere und proaktivere Mobilisierung. Verschiedene gesellschaftliche Gruppen wie Beschäftigte, Eltern und bestehende Initiativen wie „Omas gegen Rechts“ oder lokale Bündnisse müssen stärker einbezogen werden.

 

Dabei geht es nicht nur darum, sie einzuladen, sondern aktiv in die Organisation und Gestaltung der Proteste einzubinden. Zweitens braucht es aber neben Bündnissen wie „widersetzen“ auch eine langfristige gemeinsame Organisierung. Bündnisse sind temporäre Möglichkeiten zur Aktion und ja, sie können sehr unterschiedliche gesellschaftliche Akteure zusammenschließen.

 

Den Kampf gegen rechte Kräfte werden wir aber nur dann nachhaltig gewinnen, wenn es uns gelingt, eine starke linke Organisation aufzubauen. Um eine faschistische Partei niederzuringen, braucht es eine sozialistische Partei, die die Abwehrkämpfe in eine gemeinsame Vision für eine bessere Gesellschaft überführt. Meiner Meinung nach ist das Die Linke.

 

Vielen Dank für das Interview!