Rote Fahne 02/25

Rote Fahne 02/25

Die Arbeit innerhalb der Arbeiterklasse – eine strategische Aufgabe

Gastbeitrag des marxistisch-leninistischen Schriftstellers Yusuf Köse zur Entwicklung der Arbeiterbewegung in der Türkei:

Die Arbeit innerhalb der Arbeiterklasse – eine strategische Aufgabe
Gewerkschaftliche Massenkundgebung gegen die Erdoğan-Regierung im Oktober 2024 in Ankara

Obwohl die Streiks und der Widerstand der ­Arbeiter in der Türkei weit verbreitet sind, ist es nicht gelungen, diese Kämpfe zu vereinheitlichen. Dies ist der wichtigste Mangel des Arbeiterwiderstands. Obwohl verschiedene Gewerkschaften von „Einheit“ sprechen, kann die berechtigte entschlossene Wut der Arbeiter nicht in einen großen Widerstand umgewandelt werden, weil die großen Gewerkschaften staatsfreundlich und die fortschrittlichen Gewerkschaften reformistisch und klassenkompromissbereit sind. Während die staatstragenden Gewerkschaftsbürokraten versuchen, den Widerstand der Arbeiter zu beschwichtigen und ihn auf das niedrigste Niveau zu reduzieren, stehen sie auch als Hindernis vor einem vereinigten Kampf.

 

Die Aktivität der türkischen revolutionären und kommunistischen Parteien und Organisationen in der Arbeiterklasse ist schwach. Obwohl einige Parteien sagen, dass „die Arbeit innerhalb der Arbeiterklasse wesentlich ist“, organisieren sie sich nicht ernsthaft innerhalb der Arbeiterklasse mit einer sozialistischen Perspektive und mit dem Verständnis, dass sie gewinnen wird. Anstatt die Arbeit und Organisation unter den Arbeitern (besonders in den Fabriken) als Grundlage zu nehmen, gehen sie das Problem nur auf der Ebene der Propaganda und oberflächlich an.

 

Die Organisation und Arbeit unter den Arbeitern muss strategisch angegangen werden, nicht als kurzfristiges taktisches Problem. Solange die radikal-revolutionäre Dynamik der Arbeiterklasse nicht ins Bewusstsein gerückt und entsprechende Organisations- und Kampfformen geschaffen werden, kann die revolutionäre Dynamik der Arbeiterklasse auch in den tiefsten Krisenzeiten des Kapitalismus nicht organisiert entfesselt werden.

Widerstand gegen verstärkte Ausbeutung

Der imperialistische türkische Staat befindet sich in einer schweren Finanz- und Wirtschaftskrise. Im Jahr 2023 verließen mehr als 50 Milliarden US-Dollar an Kapital die Türkei. Die Auswirkungen der dadurch entstandenen Wirtschafts- und Finanzkrise schlagen sich für die Arbeiter und Werktätigen in Form von schwerer Ausbeutung und hoher Inflation nieder.

 

In der heutigen Türkei gibt es Aktionen der Arbeiter an der Widerstandsfront. Der Widerstand der Fabrikarbeiter an erster Stelle, der Beschäftigten in großen Krankenhäusern, der Büroangestellten und der Frauen bildet die klassenbasierte revolutionäre und fortschrittliche politische Atmosphäre der Türkei. Die gesamte Klasse der Arbeiter und Werktätigen erhebt überall ihre Stimme unter dem Motto „Wir können nicht leben“. Die nationalistischen und imperialen Träume des türkischen Staates, die „Kurdenfeindlichkeit“ haben nicht die gewünschte Wirkung auf die Massen. Denn Tausende von Arbeitern und Werktätigen nehmen an den Kundgebungen teil.

Revolutionäre Arbeit in den Gewerkschaften

Die Vereinheitlichung und Organisierung des Kampfs der Arbeiterklasse kann nicht nur durch gewerkschaftliche Arbeit erreicht werden, sondern durch die Stärkung und Ausweitung der revolutionären Arbeit in den Reihen der Arbeiter. Statt der Spaltung der Arbeiterklasse durch die Gründung kleiner Gewerkschaften zu dienen, muss die revolutionäre Arbeit unter den Arbeitern in den bestehenden und selbst in den reaktionärsten Gewerkschaften durchgeführt werden.

 

Aufgrund des Drucks der Arbeiterklasse mussten sogar die staatsfreund­lichen Gewerkschaften wie Türk-.I¸sİş und Hak-.I¸sİş „Wir können nicht leben“-Kundgebungen organisieren. Trotz der zunehmenden faschistischen Unterdrückung des Staates wächst der Widerstand der Arbeiter. Das schafft für kommunistische Organisationen und Parteien die Voraussetzungen, diesen gerechten Kampf der Arbeiterklasse im Licht der Perspektive des Sozialismus weiterzuführen. Dies kann nur mit einem marxistisch-leninistischen Verständnis von Arbeit und Organisation erreicht werden.

Kleinbürgerliche Tendenzen überwinden

Eine revolutionäre Organisation innerhalb der Arbeiterklasse kann nicht mit einer kleinbürgerlichen Denk- und Arbeitsweise geschaffen werden. Nicht-sozialistische, „populistische“, kleinbürgerlich-reformistische Tendenzen müssen aufgegeben werden. Der sich entwickelnde Kampf der Arbeiterklasse muss entschlossen verteidigt werden. Auf der Grundlage des Widerspruchs zwischen Arbeit und Kapital müssen alle Widersprüche des faschistischen türkischen Staates aufgedeckt und er an seinem schwächsten Punkt getroffen werden. Die Arbeiterklasse ruft die Slogans: „Wir können nicht leben“, „Wir wollen uns gewerkschaftlich organisieren“ und „Vereinigt euch, vereinigt euch, wir werden siegen“. Dies ist heute der schwächste Punkt des Systems. Das Verbot von Streiks an einem Punkt, an dem die revolutionäre Dynamik der Klasse zum Vorschein kommt, wird nicht ausreichen, um die Ausbreitung des Arbeiterwiderstands zu verhindern.