Rote Fahne 01/25

Rote Fahne 01/25

Unverantwortliche Wunschträume der Kernkraftprofiteure

Weltweit ringt die Atomindustrie um eine Renaissance ihrer Milliardengeschäfte. Die EU unterstützt diesen Weg tatkräftig und verbreitet die Mär von der Klimarettung durch angeblich CO2-freie Atomkraftwerke

Von dr
Unverantwortliche Wunschträume der Kernkraftprofiteure

Das ist ein ausgemachter Betrug. Laut Energieprofessor Marc Jacobsen verursacht Strom aus Atomkraft 9- bis 37-mal so hohe Treibhausgasemissionen wie Strom aus Wind und Photovoltaik.¹

 

Statt alle Mittel auf die sofortige Umstellung zu erneuerbarer Energie durch Sonne-, Wind-, Wasser- und Wellenkraft sowie Erdwärme zu konzentrieren, werden im Interesse der Monopolprofite Milliarden Euro aus EU-Geldern für nukleare Luftschlösser verschwendet. Eine Atomkraft-Allianz aus 15 EU-Staaten will unter der Führung der Atommacht Frankreich mehr als 30 Reaktoren mit 50 Gigawatt Leistung für 250 bis 500 Milliarden Euro bauen. Der neue franzö­sische Reaktor Flamanville 3 in der Normandie kostete statt drei über 20 Milliarden Euro und ging dieses Jahr mit zwölf Jahren Verspätung ans Netz.

Für die Stromerzeugung unnötig

Dabei wird er für die Stromerzeugung nicht wirklich gebraucht. Längst haben Photovoltaik- und Windanlagen die rückläufige Kapazität von 371,5 Gigawatt aller AKW-Reaktortypen (2023) überholt. In der gleichen Zeit wurden 2010 bis 2023 weltweit allein 1600 Gigawatt Leistung an Photovoltaikanlagen installiert und seit 2000 über 1000 Gigawatt Windenergieleistung. Ohne massive staatliche Subventionen ist Atomkraft nicht überlebensfähig: zu langsam und zu teuer! Sie ist aber offensichtlich aus militärischen Gründen gewünscht. Denn der Zugriff auf das Rohmaterial für Atombomben ist von strategischer Bedeutung für die Weltkriegsvorbereitung.

„Technologieoffen“ in die Umweltkatastrophe?

„Technologieoffen“ will CDU-Chef Friedrich Merz die Energiepolitik „vom Kopf auf die Füße stellen“. Ganz schnell will er zwei Kernfusionsreaktoren und Atomkraftwerke der vierten und fünften Generation bauen. Bislang gelang es auch nach 50 Jahren an keinem Ort der Welt, mit Kernfusion nutzbare und bezahlbare Energie zu erzeugen. Und der staatliche französische Atomkonzern EDF hat nach vier Jahren Entwicklungsarbeit sein Projekt eines „Small Modular Reactors“ (SMR) wegen technischer Schwierigkeiten und ausufernder Kosten gestoppt. Doch Merz will die höchstprofitable Atomkraft um jeden Preis wieder hochfahren – und damit den Untergang in die globale Umweltkatastrophe beschleunigen.

Doppelmoral in Lingen

Trotz Embargo der EU bezieht die Brennelementefabrik in Lingen bis heute Uran aus Russland. Der französische Staatskonzern Framatome ANF arbeitet dort mit der russischen Rosatom, dem weltgrößten Atomkonzern, zusammen. Dieser will dort in die Brennelementeproduktion einsteigen, liefert schon vor Genehmigung Maschinen, testet sie und bildet Personal aus. Wenn das Geschäft winkt, ist die (doppel)-moralische Empörung über „autoritäre Aggressoren“ rasch verflogen.