Rote Fahne 26/2024

Rote Fahne 26/2024

„Die Kandidatur einer revolutionären Kraft soll verhindert werden“

Der Bundeswahlausschuss hat am 14. Dezember mehrheitlich einen Beschluss gefasst, der darauf abzielt, der MLPD die Parteieigenschaft abzuerkennen und sie nicht zur Bundestagswahl zuzulassen. Roland Meister, Rechtsanwalt mit langjähriger Erfahrung im Einsatz für demokratische Rechte und Freiheiten, geht auf Zusammenhänge und Hintergründe ein:

„Die Kandidatur einer revolutionären Kraft soll verhindert werden“
Rechtsanwaltskanzlei Meister und Partner, Gelsenkirchen

Rote Fahne: Was hat es mit diesem Beschluss­ ­auf sich?

Roland Meister: Der Bundeswahlausschuss hat auf dieser Sitzung noch nicht über die Parteieigenschaft der MLPD entschieden. Er hat jedoch deutlich gemacht, dass er dies mehrheitlich vorhat. Die Bundeswahlleiterin stellte folgende Formulierung zur Abstimmung: „Der Vorstand kann die MLPD nicht wirksam vertreten, da er keine Vertretungsberechtigung hat.“

 

Dafür stimmten die fünf Vertreter von CDU/CSU, Grünen, AfD sowie die beiden Richter am Bundesverwaltungs­gericht. Dagegen stimmten – mit teils guten Begründungen in der vorherigen Diskussion – die beiden Vertreter der SPD und der Vertreter der FDP. Von einer fehlenden „Vertretungsberechtigung“ kann natürlich keine Rede sein. Das Zentral­komitee der MLPD wurde vom letzten ­Parteitag demokratisch gewählt und genießt das volle Vertrauen der Mitgliedschaft.

 

Bereits früher gab es vergebliche Versuche, der MLPD die Parteigenschaft streitig zu machen – was wurde daraus?

1986 versuchte der Bundeswahlleiter im Vorfeld der Bundestagswahl 1987 schon einmal, der MLPD durch eine Weiterfassung des Parteibegriffs die Parteieigenschaft streitig zu machen. Auch damals ging es darum, dass die MLPD ihre Parteitage alle vier Jahre durchführt und diese nicht öffentlich stattfinden. Das würde angeblich gegen das Parteiengesetz verstoßen.

 

Die MLPD hat erfolgreich den breiten Protest dagegen organisiert und dabei stets deutlich gemacht, dass in einer kommunistischen Organisation die Mitglieder und nicht die Herrschenden entscheiden. Gleichzeitig wurde Verfassungsbeschwerde eingereicht. Der Bundeswahlausschuss musste die MLPD am 28.11.1986 einstimmig zur Bundestagswahl zuzulassen.

 

Was steckt hinter dem erneuten, dreisten Versuch des Bundeswahlausschusses?

Die Bundestagswahl findet in Zeiten einer erheblichen Destabilisierung des herrschenden Systems statt, Arbeiterkämpfe nehmen zu und die MLPD als revolutionärer Faktor gewinnt deutlich an Bedeutung. Die Herrschenden sind deshalb zu einem offenen Bruch ihrer Gesetze bereit, aber auch ihrer bisherigen Praxis, über viele Jahre die Parteieigenschaft der MLPD anzuerkennen. Alles, um in der jetzigen Situation die bundesweite Kandidatur einer revolutionären Kraft zu verhindern.

 

In einer Auswertung des Kampf um die Verteidigung der Parteienrechte der MLPD von 1986 hatten wir festgestellt: „Unterhalb der Schwelle eines offenen Verbots wurden der Partei eine Reihe demokratischer Rechte und Freiheiten verwehrt, um die Parteiarbeit zu behindern. … Richteten sich die Angriffe auch in erster Linie gegen die MLPD, so sind die schwerwiegenden Eingriffe des Staatsapparates in innerparteiliche Angelegenheiten im Grunde auch Angriffe auf alle nichtmonopolistischen Parteien.“

 

Vielen Dank für das Interview!