Rote Fahne 21/2024
Wie Arzneimittel Mensch und Natur vergiften
Die Pharmakonzerne sind eine der umweltschädlichsten Industrien, obwohl unsere Gesundheit angeblich ihr oberstes Ziel ist
Unbestritten gibt es Fortschritte in der Behandlung von Krankheiten, auch durch Medikamente. Aber oberstes Ziel der Pharmakonzerne ist das Erreichen von Maximalprofiten. Arzneimittel tragen daher erheblich zur Vergiftung der Biosphäre bei und beschleunigen die begonnene globale Klimakatastrophe Allein die Emissionen der Pharmaindustrie übersteigen die der Automobilindustrie um 55 Prozent.1 Jetzt geben sie sich grün. Sanofi zum Beispiel verkündet im „Planet Mobilization Programm“, dass sie die Emissionen drastisch senken wollen. Doch das ist Greenwashing. Tatsächlich treiben alle Pharmakonzerne mit ihren Marketingstrategien den Verbrauch der Arzneimittel unnötig hoch.
Vergiftung des Trinkwassers
Ungefähr 2500 Arzneimittelwirkstoffe sind für den menschlichen Gebrauch zugelassen. Eine Prüfung auf Umweltverträglichkeit ist in Deutschland nur verpflichtend für Präparate, die ab 2006 zugelassen sind. Arzneimittel, die potenziell umweltschädlich sind, werden nach ihrer Zulassung nicht auf ihre Umweltwirkung überwacht.
85 Prozent der Arzneimittelrückstände gelangen über die Ausscheidung und das Duschwasser in die Kanalisation und die Klärwerke. Dann über das Oberflächen- und Grundwasser bis in das Trinkwasser. Der am häufigsten gefundene Wirkstoff in 89 Ländern ist das Schmerzmittel Diclofenac. Dessen Verbrauch lag 2020 bei 85 Tonnen. In Deutschland wurden bisher mindestens 414 verschiedene Arzneimittelwirkstoffe sowie deren Umwandlungsstoffe in Seen, Flüssen und Bächen nachgewiesen. Häufig vertreten sind neben Schmerzmittel Präparate gegen Epilepsie und Diabetes, Antibiotika, Blutdrucksenker und Hormone der Anti-Baby-Pille.
Gefahr resistenter Keime
In der Tiermedizin gibt es über 400 Wirkstoffe, wobei besonders umweltschädliche Antiparasitika und Antibiotika in der Massentierhaltung eingesetzt werden. Sie werden nicht vollständig in leicht abbaubare Stoffe umgewandelt und mit der Gülle auf Äcker getragen. 80 bis 90 Prozent der Antibiotika-Wirkstoffe werden in Indien und China unter niedrigen Umweltvorschriften produziert.
Aus Profitgründen wird Abwasser der Produktion verantwortungslos in Flüsse und Seen entsorgt, wodurch sich lebensgefährliche resistente Keime bilden. Antibiotika hemmen das Wachstum von Umweltbakterien und Algen; Schmerzmittel schädigen die Organe von Fischen; Blutdrucksenker stören die Fortpflanzung bei Wasserinsekten; Diabetesmedikamente lassen Fische verweiblichen und Epilepsiemedikamente schränken die Fortpflanzung wirbelloser Tiere ein. Narkosegase und Treibmittel aus Sprühdosen sind erheblich klimaschädlicher als CO2.2
Forderungen der MLPD sind unter anderem:
Verpflichtung der Pharmakonzerne zu umfassenden Studien zur Umweltverträglichkeit aller Medikamente auf ihre Kosten! Strenge Auflagen zur Reinigung industrieller Abwässer!
Weltweiter Bau von Kläranlagen mit mindestens Stufe vier zur drastischen Reduktion von Arzneimitteln und ihrer Abbauprodukte!
Kampf der monopolistischen Agrarindustrie! Stopp der Gülle- und Klärschlammausbringung auf Felder!
Kampf um gesunde und umweltverträgliche Arbeits- und Lebensbedingungen!