Rote Fahne 16/2024

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Das Märchen von den „primitiven“ Steinzeit-Menschen

Älteste Höhlenmalerei in Indonesien stellt bisherige Lehrmeinung infrage.

Von einem Korrespondenten aus Köln
Das Märchen von den „primitiven“ Steinzeit-Menschen
Älteste bisher entdeckte Malerei der Weltgeschichte: nicht in Europa, wie es bisher gelehrt wurde, sondern in Indonesien. Foto: Gri th Universit

Durch eine Neudatierung wurde eine 92 auf 38 Zentimeter große Zeichnung, die in den 1950er-Jahren in den sulawesischen Höhlen entdeckt wurde, auf rund 51.200 Jahre datiert. Das liegt mindestens 4000 Jahre weiter zurück als bisher angenommen . Es ist damit die älteste Höhlen­malerei weltweit!

 

Dieser Fortschritt wurde durch eine neue Lasertechnik möglich, die an einen Massenspektrometer gekoppelt ist. Kleinste Probenmengen können dabei abgetragen und altersmäßig detailliert bestimmt werden.

 

Noch bis in jüngste Zeit hat die bürgerliche Archäologie angenommen, dass diese gegenständliche steinzeitliche Felsenkunst jünger ist und sich vor allem mit der sogenannten „franko-kantabrischen Kunst“ in Europa entwickelte. Tatsächlich hat man in den letzten Jahren weltweit Höhlenmalereien gefunden.

 

Die indonesischen und australischen Forscher schreiben in ihrer Veröffentlichung im Fachmagazin „Nature“, dass es im indonesischen Sulawesi eine frühe Tradition solcher Geschichtenerzählungen mit Bildern gegeben hat, speziell zwischen Tieren und Menschen. Dies sei Tausende Jahre früher entstanden als in Europa, was die herrschende Lehrmeinung infrage stellt.


Diese berechtigte Korrektur wirft nur ein erneutes Schlaglicht auf die Krise der bürgerlichen Urgeschichtsforschung, die sie seit ihrem Entstehen begleitet. 1879 entdeckte M. Sautuola mit seiner Tochter die eiszeitlichen Höhlenmalereien in der spa­nischen Altamira-Höhle.

 

Sie wurden von der bürgerlichen Wissenschaft Jahrzehntelang als Fälschungen abgetan, weil die frühen Menschen angeblich so primitiv gewesen seien, dass sie unmöglich derart faszinierende Kunstwerke schaffen konnten.


Ganz im Gegensatz dazu erkannte Friedrich Engels zur gleichen Zeit mittels der bewussten Anwendung der dialektischen ­Methode bereits den Kern dieser Felsmalereien. In seiner 1881 entstandenen Schrift „Zur Urgeschichte der Deutschen“ würdigte er die „sehr lebendigen Zeichnungen“ von Tieren durch Frühmenschen und zog Verbindungen zu deren Lebensweise (Marx/ Engels, Werke, Bd. 19, S. 426).

 

Was die Höhlenmalereien von Altamira angeht, so entschuldigte sich der Archäologe Cartailhac erst 1902 in einem berühmten Artikel für die unberechtigten ­Vorwürfe gegen Sautuola. Da war dieser freilich schon seit 14  Jahren tot …