Rote Fahne 13/2024
Wie sich die AfD TikTok zu Diensten macht
Die AfD setzt seit Jahren auf die Videoplattform TikTok.
TikTok ist das von Jugendlichen heute am meisten genutzte Medium. Die AfD kam zwischen Januar 2022 und Dezember 2023 im Schnitt auf 430 000 Abrufzahlen pro Video. Im Vergleich: Die FDP erreichte im gleichen Zeitraum rund 53 000 „Impressionen“, die restlichen Parteien lagen noch weiter zurück. Von den 80 Bundestagsabgeordneten der AfD ist mehr als ein Drittel mit einem eigenen Account vertreten. Gezeigt werden in den kurzen Videosequenzen meist Zusammenschnitte aus Reden oder kurze Ansprachen.
„Fenster in das Gehirn“
Dazu arbeitet die AfD eng mit der von Erik Ahrens gegründeten Firma ALB Kommunikation zusammen. Ahrens ist eng verbandelt mit dem österreichischen Faschisten Martin Sellner, der beim Potsdamer Treffen im Landhaus Adlon für die massenhafte „Remigration“ von Flüchtlingen und anderen Menschen trommelte. Auch Ahrens nahm daran teil, um Werbung für die Finanzierung seiner Firma zu machen.
Er schwelgt über die Vorzüge von TikTok: „Es braucht eigentlich überhaupt keinen Produktionsaufwand – im Gegenteil. … Man muss viele, viele Inhalte veröffentlichen und allein die Wahrscheinlichkeit gebietet es schon, dass einige dieser Inhalte dann viral gehen. … Und das Schöne ist, … das hat der Algorithmus für mich gemacht. … Es konsumieren über die Hälfte der 14- bis 19-Jährigen in Deutschland TikTok – durchschnittlich übrigens 90 Minuten am Tag. Das heißt, man hat 90 Minuten am Tag ein Fenster in deren Gehirn, wo man reinsetzen kann.“¹
Dazu werden in Beiträgen „zufällig“ Bilder, Worte, Symbole und ähnliches eingeblendet, die die Nutzer – ohne dass sie das bewusst wahrnehmen – an faschistische Inhalte gewöhnen sollen. Während linke und revolutionäre Politik systematisch behindert wird, gibt es bei TikTok in der Regel freie Fahrt für Faschisten. Die Wirkung davon sah man, als die Reichweite von Maximilian Krah schlagartig zurückging, nachdem er von TikTok aufgrund der antifaschistischen Proteste eingeschränkt wurde.
„Mut zur Wahrheit?“
Die AfD setzt zudem auf ein Netzwerk von Unterstützer-Accounts, die ihre Reichweite bei TikTok und anderen „sozialen Medien“ zusätzlich vervielfachen. „Ein ganz klarer Vorteil dieser Drittaccounts ist, dass sie eine ganz andere Wahrnehmung erzeugen“, so Kommunikationsberater Martin Fuchs. „Sie treten nicht mit einem offiziellen AfD-Logo auf, vielleicht auch nicht mit dem schlechten Image der AfD.“² Auch verschiedene AfD-Abgeordnete wie Roger Beckamp oder Ulrich Siegmund verbergen jeden Hinweis auf Partei und Funktion. Der Account von Siegmund lautet anonym „@mutzurwahrheit90“. Sein Mut zur Wahrheit ist so groß, dass er nicht mal seinen Namen irgendwo erwähnt.