Rote Fahne 12/2024
„Der heutige Individualverkehr hat keine Zukunft“
Die Abkehr von allen mit fossiler Energie betriebenen Verkehrsmitteln ist angesichts der begonnenen globalen Umweltkatastrophe eine dringende Sofortmaßnahme. Zu den Alternativen für den Straßenverkehr führte die Rote Fahne ein Interview mit Professor Dr. Josef Lutz, der an der TU Chemnitz die Studiengänge Elektromobilität und regenerative Energietechnik eingeführt hat
Rote Fahne: Wie stehen Sie zu den bisher verwendeten Batterietechnologien?
Josef Lutz: Lithium-Ionen-Batterien sind heute dominierend. Anforderungen für die Mobilität sind unter anderem hohe Energiedichte, vor allem Energie pro Gewicht, hohe Leistungsdichte sowie viele Ladezyklen über die Betriebsdauer des Fahrzeugs. Das Hautproblem sind extreme Umweltschäden bei der Lithium-Gewinnung aus Salzseen in Chile, der als Raubbau erfolgt. Es sind aber auch andere Verfahren möglich, wie mittels Bergbau, oder Gewinnung aus Meerwasser, was aber weniger profitabel ist. Weiterhin ist ein hoher Energieaufwand für die Produktion der Batterien selbst notwendig. Aber auch wenn das alles eingerechnet wird, verbleibt ein deutlicher Vorteil gegenüber dem Verbrennungsmotor.
Gibt es bereits eine Batterietechnologie, die den Anforderungen an den Umweltschutz – einschließlich der Rohstoffgewinnung – erfüllt?
Natrium-Ionen-Batterien kommen seit 2023 zunehmend auf den Markt, kleinere Elektrofahrzeuge mit Natrium-Ionen-Batterien werden bereits aus China ausgeliefert. Diese Batterien erreichen aber weniger massenbezogene Energiedichte, etwa 75 Prozent im Vergleich zur Lithium-Ionen-Batterie. Sie brauchen keine seltenen Rohstoffe. Je nach Technologie können sie ohne Kobalt und Nickel auskommen.
Es wird erwartet, dass Natrium-Ionen-Batterien in Zukunft Bleisäurebatterien ersetzen werden. Die stationäre Energiespeicherung ist aufgrund der Leistungs- und Sicherheitseigenschaften eine zu erwartende Anwendung.
Kann die derzeitige Kfz-Flotte durch Elektrofahrzeuge ersetzt werden?
Nein. Der heutige Individualverkehr hat keine Zukunft. Es ist ein umweltverträgliches Verkehrssystem erforderlich, wobei der Schienenverkehr Vorrang hat und man verschiedene Systeme kombiniert.
Wo muss weiter geforscht werden?
Es gibt zahlreiche Forschungen an alternativen Elektrolyten und Elektrodenmaterialien, die sinnvoll sind. Der meiste Fortschritt ist aus China zu sehen. In Deutschland besteht ein Hype um die Wasserstofftechnologie, der vor allem von den Chemiekonzernen vorangetrieben wird. Aufgrund des schlechten Wirkungsgrads durch die mehrmalige Energiewandlung hat diese Technologie für nachhaltigen Verkehr keine Vorteile. Trotz gegenteiliger Behauptungen wird auf lange Zeit Wasserstoff aus Erdgas gewonnen und kein Beitrag zur Reduzierung der Treibhausgase geleistet. Für synthetische Treibstoffe fällt die Bilanz noch katastrophaler aus.
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