Rote Fahne 07/2024

Rote Fahne 07/2024

„Die Arbeitsbedingungen im handwerklichen Bergbau sind furchtbar“

Divine Malaika, Delegierte der Gewerkschaft FOSYCO auf der 3. Internationalen Bergarbeiterkonferenz, sprach mit Gabi Fechtner, der Parteivorsitzenden der MLPD, über die Bergarbeiterinnen im Kongo

„Die Arbeitsbedingungen im handwerklichen Bergbau sind furchtbar“
Frauen im Bergbau im Kongo – neben der Arbeit unter Tage sortieren und waschen sie die oft giftigen Mineralien aus – Foto: Afrewatch 2020/CC BY-NC-ND 2.0 Deed

Gabi Fechtner: Kannst du über die Besonderheiten der Frauen im Bergbau im Kongo berichten?

Divine Malaika: Es gibt bei uns zwei Bereiche: den industriellen Bergbau und den handwerklichen Bergbau. In beiden arbeiten Frauen, meist junge Frauen.

 

Im industriellen Sektor sind die Arbeitsbedingungen noch recht ok, aber im handwerklichen Bergbau sind sie furchtbar. Hier stellen Frauen insgesamt 40 Prozent der Arbeitskräfte. Sie machen alles, was die Männer auch machen. Das fängt damit an, die Gruben auszuheben, dann Lasten zu tragen und das geförderte Gestein zu bearbeiten. Im handwerklichen Bergbau ist der Mineralgehalt nicht besonders hoch, man muss den Teil aus dem geförderten Gestein herausklopfen, der einen ausreichend hohen Gehalt hat.

 

Die Frauen und Kinder machen die gleiche Arbeit. In den Mineralien, mit denen sie umgehen, ist Kobalt, und das ist immer mit Radioaktivität verbunden. Aber die Frauen und Kinder arbeiten ohne Schutzkleidung. Es gibt auch keine geregelten Arbeitszeiten. Sie fangen frühmorgens an und arbeiten, bis sie müde sind. Wenn sie krank sind, gibt es keine Krankenversicherung oder Versorgungseinrichtungen. Wird eine Frau schwanger, kann sie die ersten Monate noch arbeiten, aber wenn sie ihr Kind bekommt, ist sie gezwungen, mit der Arbeit aufzuhören.

 

Das bisschen, was die Frauen sparen können, reicht nicht, um Rücklagen zu bilden für die Zeiten, wenn sie krank oder schwanger sind. Dann sind sie ganz auf sich allein gestellt.

 

Wie kann man sich die Arbeit konkret vorstellen?

Die Gruben, aus denen gefördert wird, sind bis zu 60 Meter tief. Man lässt sich an Seilen runter und gibt Signal, wenn man unten ist. Unten wird das Gestein mit Pickeln und Hämmern gewonnen.

 

Alles von Hand?

Ja. Die Arbeitsbedingungen sind sehr hart. Das gewonnene Gestein kommt in Säcke, die hochgezogen werden. Dann wird das auf dem Rücken oder auf dem Kopf zur Weiterverarbeitung getragen. Alles, was unten ausgegraben wird, muss hochgeholt werden.

 

Unten kann man nichts sortieren oder bearbeiten. Denn nur bei Tageslicht kann gesichtet werden, ob und welche Mineralien enthalten sind.

 

Wie machen es die Frauen mit ihren Kindern?

Allgemein gibt es keine Kinderbetreuung. Sobald die Kinder ins Schulalter kommen, gehen sie in die Schule.

 

Und die kleineren Kinder?

Ihre Mütter nehmen sie mit zur Arbeit. Wenn sie etwas stärker sind, können sie schon etwas tragen. Sie lernen direkt zu arbeiten. Auch gehen nicht alle älteren Kinder gleichzeitig zur Schule. Eine Frau hat vielleicht fünf bis sechs Kinder, da können immer nur zwei zur Schule gehen. Die anderen müssen mit zur Arbeit, um zu helfen.

 

Ich denke es hat zwei Seiten: Die eine Seite sind die brutalen Arbeitsbedingungen. Aber es ist auch ein Fortschritt, dass die Frauen Werte schaffen, indem sie arbeiten gehen und sich dann auch organisieren – zum Beispiel in der Gewerkschaft. Das ist die andere, die positive Seite.

 

Wir sind nicht dagegen, dass die Frauen arbeiten. Denn ihr Beitrag ist sehr wichtig. Das Problem, besonders für die Frauen, sind die fehlenden Schutzmaßnahmen für die eigene Gesundheit. Aber abgesehen davon gibt es keine Diskriminierung, Frauen und Männer arbeiten zusammen.

 

Man muss wissen: In unserem Land – ob im Bergbau oder in anderen Bereichen – sind es die Frauen, die die Familie ernähren – aufgrund des Mangels an Arbeit. Der Großteil der Männer hat keine Arbeit, sogar viele, die einen Master-Abschluss an der Uni haben, sind trotzdem arbeitslos.

 

Als die Bergleute, also die Frauen und Männer, gehört haben, dass wir hierher kommen zur Bergarbeiterkonferenz, haben sie uns darum gebeten, Kunsthandwerk aus Malachit zu verkaufen. Der Erlös soll in den Aufbau einer Nähwerkstatt für Schutzkleidung fließen. Und für unsere Gewerkschaftsarbeit kann das auch einen finanziellen Beitrag leisten. Denn wir können nicht akzeptieren, dass die Frauen und Kinder unter diesen Bedingungen arbeiten.

 

Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg für eure Arbeit!