Rote Fahne 05/2024

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„SOS Kitas“ – Was ist den Herrschenden frühkindliche Bildung wert?

Kaum ein Tag ohne Meldungen über kurzfristige Schließungen von Kitagruppen aufgrund von fehlendem pädagogischen Personal und Krankheitswellen. Stress für die Eltern, traurige Kinder und Kitapersonal am Limit.

Von einem Korrespondenten aus Gelsenkirchen
„SOS Kitas“ – Was ist den Herrschenden frühkindliche Bildung wert?
Seit Jahren machen Erzieherinnen und Erzieher auf die zugespitzte Situation aufmerksam (Bochum, 5.4.2022, ver.di-Streiktag der Beschäftigten im Erziehungswesen). Foto: RF

Ver.di-Kolleginnen und -Kollegen hatten im November und Dezember im gesamten Bundesgebiet immer wieder Mahnwachen vor Rathäusern, Landes- und Bundesministerien organisiert, um auf die prekäre Situation aufmerksam zu machen – stellvertretend für die 722 000 pädagogischen und leitenden Beschäftigten in den Kitas. „Schon jetzt bestehe eine erhebliche Gefährdung für Kinder und Beschäftigte in den Einrichtungen. Dem Bildungs- und Betreuungsauftrag könne man nicht mehr im notwendigen Umfang gerecht werden und die Beschäftigten würden häufig erkranken oder das Arbeitsfeld verlassen“, so Christine Behle, stellvertretende ver.di-Vorsitzende.

Dramatischer Personalmangel

Konkret sieht das dann so aus, dass der Personalmangel auf Kitas trifft, die ohnehin schon seit Jahrzehnten mit Personalschlüsseln ausgestattet sind, die nicht kindgerecht sind. Ver.di berichtet: „In den westdeutschen Ländern fehlen demnach 385 900 und in Ostdeutschland 44 700 Kita-Plätze ... Gleichzeitig zeigt der Fachkräfte-Radar, dass sich an der brisanten Fachkräftesituation und der Belastung des Personals in absehbarer Zeit nichts ändern wird. Nur in den  ostdeutschen Ländern ließe sich die demografische Entwicklung – die sinkenden Kinderzahlen – dafür nutzen, die Personalschlüssel zu verbessern.“

 

Berechtigt fordert ver.di: „Der Bund muss sich dauerhaft finanziell am Betrieb der KiTas und der Ausbildung sozialpädagogischer Fachkräfte beteiligen. Ein Gute-KiTa-Gesetz nach dem anderen hilft da nicht weiter. Die Kommunen brauchen eine verlässliche Unterstützung“, so Christine Behle.

Der Bund ist in der Pflicht

Seit Jahrzehnten gehört Deutschland in Europa zu den Ländern, die mit 4,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Bildung nicht gerade Spitzenreiter sind. Spitzenreiter ist Deutschland allerdings in der Umverteilung der Finanzen – zugunsten der Konzerne und zulasten der breiten Massen und der öffentlichen Kassen. Die Krise der frühkindlichen Bildung reiht sich ein in die vielen anderen gesellschaftlichen Krisen, die alle wie in einem Brennglas auch in den Kitas ankommen.

 

Die pädagogische Aufgabe der Kitas liegt vor allem darin, den Kindern in dieser schwierigen Situation Halt, Verlässlichkeit und Zuversicht zu geben, damit sie sich zu selbstbewussten Menschen entwickeln, die sich für eine bessere Zukunft einsetzen. Die Kinder und wir haben diesen Kapitalismus nicht verdient! Wir müssen uns Klarheit verschaffen und uns über gesellschaftliche Alternativen wie den echten Sozialismus auseinandersetzen. Und neben diesem großen Ganzen müssen pädagogische Fachkräfte und die Eltern sich einsetzen für die Schaffung von ausreichend Kitaplätzen mit einem Betreuungsschlüssel, der diesen Namen auch verdient, für bessere Arbeitsbedingungen, Wertschätzung und höhere Bezahlung der Fachkräfte.