Rote Fahne 03/2024
Die Plünderung stoppen – Bergbauproteste in Lateinamerika
In immer mehr lateinamerikanischen Ländern entwickeln sich oft über Jahre mit großer Zähigkeit verfolgte Proteste gegen die Ausplünderung von Mensch und Natur durch internationale Bergbaukonzerne
Häufig geht die Initiative von indigenen Gemeinden aus. Sie widersetzen sich der Ausbeutung ihrer Arbeitskräfte, aber auch der Natur, der sie sich in ihrer Kultur und traditionellen Lebensweise besonders verbunden fühlen. Verfolgung und Morde gehören oft zum Alltag der Kämpferinnen und Kämpfer.
80 Prozent der plündernden Bergbauunternehmen stammen aus Kanada. Daneben sind Konzerne aus Südafrika, Japan, Australien, den USA und zunehmend auch aus China präsent. Auch der deutsche Imperialismus positioniert sich mit Kanzlerbesuchen und Initiativen zur Wiederbelebung des EU-Freihandelsabkommens mit dem Wirtschaftsbündnis Mecosur.1
Ein besonders mieses Spiel trieb SPD-Kanzler Olaf Scholz direkt vor dem Regierungswechsel in Kolumbien. In einem persönlichen Telefonat mit dem noch amtierenden, aber bereits abgewählten reaktionären kolumbianischen Präsidenten veranlasste er die bis 2034 gültige Genehmigung für eine Steigerung des Kohleabbaus in der weltweit größten Übertage-Kohlemine El Cerrejón bei deren Besitzer, dem Schweizer Bergbaukonzern Glencore.2 Aufgrund jahrelanger Proteste und einem großen Streik gegen schlechte Arbeitsbedingungen und katastrophale Umweltfolgen war die Kohleförderung zurückgegangen – jetzt explodiert sie auf das Dreifache und macht 16 Prozent der Kohleimporte zur Verbrennung in deutschen Kohlekraftwerken.
Ausbeutungsboom bei Rohstoffen
Laut Angaben der UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (CEPAL) verfügt die Region über 61 Prozent der Lithium-Reserven weltweit. Das hat bei diesem für die Elektrifizierung unerlässlichen „neuen Gold“ aus dem Länderdreieck Argentinien, Bolivien und Chile zu einem Ausbeutungs-Boom geführt. Chile ist schon jetzt der weltweit führende Lieferant für Kupfer, Brasilien der drittgrößte Eisenproduzent, Mexiko der größte Silberproduzent und Peru ist ganz weit vorne bei Silber, Kupfer, Gold und Blei.3
Seit der Kolonialzeit lieferte Lateinamerika Rohstoffe für den Aufstieg imperialer Mächte in Nordamerika und Europa. Lange Zeit wurde eine eigenständige wirtschaftliche Entwicklung blockiert – bis auch einheimische Konzerne vom Export von Rohstoffen – und mittlerweile auch industriell erzeugter Agrarprodukte – profitierten und sich die größten Länder wie Mexiko, Brasilien und Argentinien zu neuimperialistischen Mächten entwickelten.
Erbitterter Widerstand
Ein Beispiel – von vielen – ist der erbitterte Protest mit monatelangen Blockaden gegen das Bergbauprojekt Las Bambas in Peru, das dem chinesischen Konzern MMG Ltd gehört. Im Südwesten Kolumbiens haben Kleinbauern die Anlagen und Maschinen des südafrikanischen Konzerns Anglogold Ashanti demontiert, schleppten sie weg und übergaben sie unbeschädigt der Polizei. 13 Jahre lang hatten sie gegen den weltweit drittgrößten Goldproduzenten mit Demonstrationen und Gerichtsprozessen opponiert, der ihre landwirtschaftlich und touristisch genutzten Feuchtgebiete verseuchte. Alle Versuche, die ansässigen Gemeinden mit Bestechung und Erpressung zu spalten, scheiterten.
Teilnehmer der I. Internationalen Bergarbeiterkonferenz im peruanischen Arequipa im Jahr 2013 werden sich an die Proteste gegen das riesige Kupferbergbauprojekt Tía María erinnern, das der mexikanische Bergbaukonzern Southern Copper plante. Jetzt will die ultrarechte Regierungschefin Dina Boluarte (die für die bis heute anhaltende Inhaftierung des gewählten Präsidenten Pedro Castillo verantwortlich ist) das Projekt wiederbeleben. Dagegen formieren sich Protestaktionen.4
Erfolge in Panama
Nach monatelangen Kämpfen konnte das Bündnis „Pueblo unido“ in Panama einen großen Erfolg erzielen: Die Regierung musste einen Parlamentsbeschluss annullieren, der dem kanadischen Bergbaumonopol First Quantum die Fortsetzung und Erweiterung des Kupferabbaus erlauben sollte, der vor allem das Wasser verseucht. Bei einem Generalstreik beteiligten sich 250.000 Menschen an einer Protestdemonstration. An die Spitze hatten sich die größten Gewerkschaften der Bauarbeiter und Lehrer gestellt. Ihre Losung „Gegen die Zerstörung unserer Umwelt durch den Diebstahl unserer Ressourcen“. Sie griffen auch zu anderen Kampfformen: Mit vielen kleinen Schifferbooten blockierten sie die Kohlelieferung für den laufenden Kupferbergbaubetrieb, der wie alle diese Projekte sehr viel Energie verschlingt.5
Die III. nternationale Bergarbeiterkonferenz und die Konferenz der Einheitsfront gegen Krieg, Faschismus und Umweltzerstörung im Jahr 2023 stehen für den Weg, all diese Kämpfe miteinander zu verbinden und mit einer sozialistischen Perspektive höherzuentwickeln.