Rote Fahne 01/2024
„Abschaffung des ‚Agrardiesels‘ trifft die Falschen“
Maik Dünow (49) ist Schäfer in Wesel – „schon immer“, sagt er. Direkt nach der Schule hat er die Lehre gemacht. Im Interview mit der Roten Fahne äußert er sich zur Abschaffung der Beihilfe für landwirtschaftliche Fahrzeuge („Agrardiesel“) und zu den Protesten dagegen
Rote Fahne: Was denken Sie über die Abschaffung des sogenannten „Agrardiesels“?
Maik Dünow: Man muss sich überlegen, wie weit man die Leute noch gängeln will. Hier jedenfalls geht man die Falschen an. Die Probleme in der Landwirtschaft sind politisch gewollt. Man sollte sich nicht über die Kleinen aufregen, sondern diejenigen für die Krisen zahlen lassen, die mehr als genug haben.
Wie sind Sie selbst davon betroffen?
Wir Schäfer haben zwar auch einige Landmaschinen, aber der Großteil des Kraftstoffverbrauchs ergibt sich bei uns aus der Fahrt zu den Herden. Die machen wir mit Pkw oder Geländewagen – und dafür gab es noch nie eine Entlastung. Wir kommen also kaum in den „Genuss“ des „Agrardiesels“.
Was hat es damit auf sich, dass „Agrardiesel“ als eine Steuervergünstigung bezeichnet und somit der Eindruck verbreitet wird, es sei ein „Privileg“?
Der „Agrardiesel“ war eigentlich keine Subvention, sondern eine Kompensation für die geringen Preise bei steigenden Kosten. Von Subventionen zu sprechen, ist in Bezug auf die Landwirtschaft meistens falsch. Wenn wir Mittel für den Naturschutz erhalten, dann weil wir Naturschutzmaßnahmen umgesetzt haben. Wer, denken Sie denn, fährt jetzt Sandsäcke aus, um in den Flutgebieten zu helfen? Das sind auch Landwirte mit ihren Traktoren! Man muss auch sehen, dass die Landwirtschaft insgesamt ein großer CO2-Speicher ist, und nicht nur Diesel verbrennt.
Was meinen Sie zu den Protesten der Landwirte, zuletzt in Berlin?
Ich bin schon dafür. Was sollen die Leute machen? Es geht dabei auch nicht nur um den „Agrardiesel“ – der hat das Fass nur zum Überlaufen gebracht! Man kann jetzt schon sehen, dass im nächsten Jahr wieder eine Missernte kommt, weil die Saat auf den nassen Feldern nicht ausgebracht werden konnte. Man kann seine Rechte nur durchsetzen, wenn man auf die Straße geht. Die Leute haben immer weniger Geld in der Tasche, weil die Lebensmittel teurer werden, und das Gros der Landwirte hat immer weniger Geld in der Tasche, weil die Erzeugerpreise sinken. Stadt und Land liegen in der Denkweise mittlerweile viel zu weit auseinander, wir müssen wieder näher zusammenkommen und einsehen, dass unsere Probleme dieselben Ursachen haben!
Vielen Dank für das Interview!