Rote Fahne 26/2023
„Heilige Kuh“ der Regierung – Gigantische Konzernsubventionen
Wirtschaftsminister Robert Habeck war nach den Haushaltsverhandlungen mit Kanzler Olaf Scholz und Finanzminister Christian Lindner voll des Lobs für die Regierungskoalition. Sie habe „gezeigt, dass sie auch in schwierigen Fragen Einigungen erzielen kann“. Habecks Traum: „Das wäre doch ein guter Moment für einen Neustart.“¹ Kaum gesagt, brach die Empörung über das abrupte Ende der E-Autoprämie und der Agrardieselförderung über die „Ampel“ herein. Tatsächlich versinkt sie immer tiefer im Chaos des Krisenmanagements. Die Illusionen in ihre „sozial-ökologische Transformation“ scheitern auf breiter Front.
Das Bundesverfassungsgericht hatte die Verschiebung von 60 Milliarden Euro „Corona-Sondervermögen“ in den sogenannten Klima- und Transformationsfonds (KTF) für illegal erklärt. Nach wochenlangen nächtlichen Verhandlungen der Regierungsspitze verlangten die Präsidenten des BDA² und BDI³, Rainer Dulger und Siegfried Russwurm, ultimativ eine „schnelle Einigung“ mit dem Ziel, die Lasten der bürgerlichen Umweltpolitik noch stärker auf die Massen und die Natur abzuwälzen. Zu offenen Kürzungen im Sozialbereich überzugehen, hat sich die Regierung noch nicht getraut. Allerdings sind die „grün“ eingefärbten Steuer- und Preiserhöhungen durchaus geeignet, Teile der Massen gegen dringend notwendige Umweltschutzmaßnahmen aufzubringen, und leiten Wasser auf die Mühlen von deren reaktionären Gegnern. Dabei haben all diese Maßnahmen einschließlich der Streichung der E-Autoprämie nicht das Geringste mit Umweltschutz zu tun.
„Schieflage“ im Haushalt?
Einig waren sich Unternehmerverbände und Regierung über die „heiligen Kühe“, die auf keinen Fall geschlachtet werden dürfen: die gigantisch wachsenden Monopolsubventionen. Dulger im Originalton: „Der für das kommende Jahr vorgelegte Bundeshaushalt sieht ... mehr als fünfmal so hohe Ausgaben für Soziales, Personal und Zinsen vor wie für Investitionen. … Diese Schieflage im Haushalt muss beendet werden.“
Selbst das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) kommt zum Ergebnis, dass „von einem Euro in diesem Jahr mehr als 30 Cent in Finanzhilfen“ fließen, weitere „knapp 20 Cent ... in Bereiche wie den Ausbau der Infrastruktur oder Forschung und Bildung“, während „die Sozialausgaben ... mit knapp 30 Cent darunter“ liegen.⁴ Von den staatlichen Finanzhilfen sowie Forschungs- und Infrastrukturausgaben profitieren in erster Linie die Wirtschaft und die großen Konzerne.
Immer mehr staatliche Gelder für Konzerne
Zu den Subventionen für die Monopole gehören im Gegensatz zu Dulgers Behauptung keineswegs nur staatliche Investitionen etwa in Projekte wie „Stuttgart 21“. Die für Infrastrukturprojekte 2023 eingeplanten 12 Milliarden Euro sorgen für garantierte Maximalprofite, indem die Kosten dafür meist in schwindelerregende Höhen getrieben werden (siehe Seite 21). Die Monopole profitieren aber auch von umfassenden Steuererleichterungen wie jetzt der geplanten Senkung der Stromsteuer für Unternehmen in Höhe von 3 Milliarden Euro. Die 83,3 Milliarden Euro für die Gas- und Strompreisbremse im Jahr 2023 sicherten vor allem die steigenden Monopolprofite. Mit ihnen wurden die erheblich gestiegenen Konsumentenpreise gedeckelt, während die Energiekonzerne die Abnahmepreise ohne Limit erhöhen konnten. Eine weitere Hauptform sind steuerliche Abschreibungen, deren Gesamtumfang sich in Deutschland in den letzten 20 Jahren auf 792,7 Milliarden Euro mehr als verdoppelte. Ganz zu schweigen von den Verrechnungsmöglichkeiten von Gewinnen und Verlusten innerhalb von Konzernen. Geraten sie wie zuletzt der Erdgaskonzern Uniper in wirtschaftliche Probleme, werden sie kurzerhand vom Staat teilweise oder komplett übernommen, um sie auf Steuerkosten zu sanieren. Im Fall von Uniper waren dafür in diesem Jahr 15,2 Milliarden veranschlagt. Allein der Wirtschaftsstabilisierungsfonds der Ampelregierung hat ein Volumen von 100 Milliarden Euro. Und das ist nur eine Auswahl der umfassenden Instrumente zur staatlichen Subventionierung der Monopole, die es bisher schon gibt.
„Priorisierung“ auf Kosten der Massen
Angesichts gigantischer Subventionsprogramme etwa in den USA und China ist mittlerweile ein gnadenloser Überbietungswettkampf zwischen den Nationalstaaten entbrannt. Die staatsmonopolistische Umverteilungspolitik wird für diesen Konkurrenzkampf und den gestiegenen Finanzbedarf der internationalen Monopole auf die Spitze getrieben. Dafür aufkommen sollen die breiten Massen. Schon das, was bis jetzt von den Plänen der Regierung bekanntgeworden ist, hat es in sich: Die geplante Erhöhung der CO2-Steuer von 30 auf 45 statt wie bisher geplant auf 40 Euro je Tonne wird einen Durchschnittshaushalt mit einem jährlichen Gasverbrauch von 20.000 Kilowattstunden (entspricht einer vierköpfigen Familie) 60 Euro pro Jahr mehr kosten. Durch die wegfallende Gaspreisbremse fallen laut Check24 nochmal 90 Euro an.⁵ Dazu kommt ab März die erneute Erhöhung der Mehrwertsteuer für Gas und Fernwärme. Bei Heizöl geht das Vergleichsportal Verivox von jährlichen Mehrkosten in Höhe von 96 Euro für einen Durchschnittshaushalt aus. Die beschlossene Streichung der Zuschüsse für Netzentgelte wird je nach Berechnung eine solche Familie zwischen 100 und 170 Euro mehr kosten. Der Liter Benzin kann laut ADAC durch die Erhöhung des CO2-Preises um 11,3 Cent pro Liter und der Liter Diesel um 12,6 Cent pro Liter steigen.
Das Dilemma der Ampel-Regierenden liegt keineswegs daran, dass es zu wenig Geld gibt. Das Steueraufkommen steigt seit Jahren: von 467,2 Milliarden Euro im Jahr 2000 auf 530,6 Milliarden im Jahr 2010 und auf 895,7 Milliarden im Jahr 2022. Das eigentliche Problem ist, wie der Spagat gelingen soll, eine neue Stufe der Umverteilung von unten nach oben durchzusetzen und dabei die Bevölkerung trotz dieser „Zumutungen“ ruhigzuhalten, die Habeck nebelhaft angekündigt hat.⁶
Wirklich neue „Prioritäten“ im Sozialismus
Die Linkspartei fordert statt Umverteilung von unten nach oben ein „Zukunftsprogramm für die Mehrheit der Menschen“. Wie soll das aber unter der heute herrschenden Diktatur der Monopole möglich sein? Nach einer erfolgreichen sozialistischen Revolution werden ganz andere „Prioritäten“ bei den Staatsausgaben gelten. Rüstungs- und Kriegsprojekte und damit die heute drohende Weltkriegsgefahr werden gestoppt. Das wird enorme Mittel freisetzen, die den Maximalprofiten der Rüstungskonzerne entzogen werden und im Sinne der Völkerfreundschaft zum Einsatz kommen können.
Aber es wird nicht nur gespart werden. Die begonnene globale Umweltkatastrophe erfordert tatsächlich große Geldsummen und gewaltige gesellschaftliche Anstrengungen, um ihre Entfaltung zu bremsen oder, wo es noch möglich rückgängig zu machen und umfassende Schutzmaßnahmen zu ergreifen.
Eine sozialistische Plan- und Kreislaufwirtschaft, die auf die Erzeugung von Gebrauchswerten und auf die Lebensqualität der Menschen in Einheit mit der Natur ausgerichtet ist, setzt die Aufhebung der an Profit, Macht und ununterbrochenem Wachstum des Kapitals ausgerichteten kapitalistischen Warenproduktion voraus.
Dazu müssen auch die Lehren aus unvergänglichen Fortschritten aber eben auch aus Fehlern und Niederlagen beim Aufbau aller ehemals sozialistischer Länder und aus der Restauration des Kapitalismus dort gezogen werden.
Der Jahreswechsel zum neuen Jahr ist eine gute Gelegenheit, über eine solche sozialistische Perspektive als Alternative zum sich stetig verschärfenden Krisenmodus des Kapitalismus nachzudenken.