Rote Fahne 23/2023

Rote Fahne 23/2023

Kommentar: Wie die „Sprachregelung“ der Medien zum Nahostkrieg funktioniert

Schon mal darüber gewundert, warum in allen Nachrichtensendungen das brutale Gemetzel der israelischen Armee in Gaza stets mit dem faschistischen Massaker vom 7. Oktober gerechtfertigt wird? Oder warum jede Palästina-Solidarität in den Geruch des „Antisemitismus“ gebracht wird?

Von ms
Kommentar:  Wie die „Sprachregelung“ der Medien zum Nahostkrieg funktioniert
Studio der "Tagesschau" (foto: Medea7 (CC BY-SA 4.0))

Aufschlussreich dafür ist ein ARD-internes Glossar zur Berichterstattung im Nahostkonflikt, das kürzlich an die Öffentlichkeit gelangt ist. Demnach gibt es eine „AG Sprache“, die sich „intensiv mit Begriffen und Beschreibungen zur Nahost-Berichterstattung“ beschäftigt und an die Redakteure Empfehlungen verschickt.

 

Das geschieht mit dem scheinbar hilfsbereiten Hinweis: „Damit vermeiden wir Missverständnisse oder Fehler.“ Doch welche(r) Journalist(in), der/die noch was werden will, wird einen solchen Fehler dann noch sehenden Auges machen? Also orientiert man sich doch lieber an den von der „AG Sprache“ zitierten Beispielen.

Aus „Angriff“ wird „Gegenangriff“

Etwa an folgender Sprachregelung der Tagesschau-Redaktion: „Was unbedingt vermieden werden muss, sind Worte wie ‚Gewaltspirale‘ – und auch ‚Eskalation in Nahost‘ beschreibt die aktuelle Lage seit Samstag nicht ausreichend. Die Situation ist komplexer.“ Es ist ja auch viel zu simpel, die israelische Regierung ebenfalls für die Eskalation im Nahen Osten verantwortlich zu machen. Da hält es die Tagesschau lieber mit der Devise: Wir sehen den Wald vor lauter komplexen Bäumen nicht mehr!

 

Wenn es um Fragen der Kriegsführung geht, sind die Anweisungen sehr eindeutig: „Bitte passt auch auf, wie wir das Wort ‚Angriff‘ genau verwenden: In dieser Situation sind es ‚Gegenangriffe von Israel auf Gaza‘. Es ist verkürzt, zu sagen oder schreiben ‚Angriffe auf Israel und Gaza‘.“ Wie war das nochmal in der Ukraine? Da war der Aggressor doch noch der, der das Land überfiel. Aber klar, in dem Fall macht der Überfall vom 7. Oktober die israelische Armee postwendend zur reinen „Verteidigungsarmee“ – oder gilt jetzt Gaza auch für die ARD schon als israelisches Gebiet?

Kontrafaktische „Fake News“

Durch Wiedergabe aller möglichen Zitate wird im ARD-Glossar berechtigte Kritik an der israelischen Politik mit faschistischer Demagogie in einen Topf geworfen und pauschal mit „Antisemitismus“ in Verbindung gebracht: „Die kontrafaktisch erhobenen Vorwürfe, Israel sei ein Apartheidstaat oder Zionismus sei Rassismus, reihen sich ein in die antisemitische Tradition, Israel als grundlegend rassistisch zu delegitimieren, mit dem Ziel, seine Existenz als jüdischer Staat zu beenden.“

 

Kontrafaktisch ist aber, aus der treffenden Qualifizierung der zionistischen Politik und Ideologie als rassistisch eine Leugnung des Existenzrechts Israels abzuleiten. Als ob Israel nur auf der Grundlage des Zionismus existieren könne!

 

Das sind nur einige „empfohlene“ Sprachregelungen. Sie zeigen, wie die bürgerliche Medienmanipulation unter dem Aushängeschild der scheinbaren „Medienvielfalt“ immer mehr den Charakter der inhaltlichen Gleichschaltung annimmt.