Rote Fahne 22/2023

Rote Fahne 22/2023

Weltkriegsgefahr – jetzt auch in Nahost?

„Ich wünsche auch den palästinensischen Familien, dass so etwas nicht mehr passiert“, so ein israelischer Vater, dessen Tochter am 7. Oktober von der faschistischen Hamas entführt wurde. Sehnsucht nach Frieden bewegt viele Menschen auf der ganzen Welt. Erst trauerten Hunderttausende um die Opfer unter den israelischen Zivilisten des faschistischen Terroranschlags der Hamas, nun gibt es weltweite Empörung über die brutale Kriegsführung der israelischen Regierung und Hunderttausende gehen dagegen auf die Straße. Im Kampf um ihre Vorherrschaft verwandeln imperialistische Mächte nach der Ukraine jetzt die Nahostregion in einen ­weiteren offenen Brennpunkt der Weltkriegsgefahr.

Von fh
Weltkriegsgefahr – jetzt auch in Nahost?
(foto: Al Araby Q25453791 / CC BY-SA 3.0 Deed)

Die USA ziehen Kriegsschiffe vor der Küste zusammen, die Bundesregierung stellt Kampfdrohnen zur Verfügung. Beide predigen die „uneingeschränkte Solidarität“ gegenüber Israel. Gemeint ist damit die uneingeschränkte Unterstützung der zionistischen Regierung Benjamin Netanjahus, die durch Abriegelung des Gazastreifens und Bombardierung der Zivil­bevölkerung das Völkerrecht mit Füßen tritt; uneingeschränkte „Solidarität“ mit Faschisten wie dem israelischen Verteidigungsminister Yoav Gallant, der vom Kampf „gegen menschliche Tiere“ bezogen auf die Palästinenser spricht.

 

Schon bisher haben sich die israelischen Regierungen über alle UN-Resolutionen hinweggesetzt: Seit 2015 hat die UN-Generalversammlung 140 Resolutionen gegen Israel beschlossen.¹ Die USA verhinderten im UN-Sicherheitsrat mit ihrem Veto jetzt erneut eine Resolution, die auch Israels Kriegsführung kritisierte.

Gerechte „Vergeltung“?

Der tödliche Feldzug der israelischen Armee gegen die Masse der palästinensischen Bevölkerung in Gaza wird in westlichen Medien als gerechte „Vergeltung“ für das Massaker der Hamas vom 7. Oktober hingestellt. Unter „Vergeltung“ wird in der Regel eine „adäquate“ Bestrafung verstanden. Davon kann hier keine Rede sein. So berechtigt die Forderung nach Bestrafung der Verantwortlichen für das Massaker ist, bedroht Israels Kriegsführung nun jedoch zwei Millionen Menschen mit dem Tod. Begründet wird das auch mit der „Befreiung“ der israelischen Geiseln. Tatsächlich wird deren Tod damit eiskalt riskiert. Notwendig ist die sofortige Freilassung der Gefangenen! Das Massaker dient als Vorwand für eine neue Stufe der Vertreibung und Vernichtung der palästinensischen Bevölkerung. Im September zeigte Netanjahu in der UN-Vollversammlung provokativ eine Karte von „Groß-Israel“, auf der die palästinensischen Autonomiegebiete komplett einverleibt waren.

 

In der westlichen psychologischen Kriegsführung wird der imperialistische Charakter Israels verschwiegen. Wer die heutigen Angriffe auf Gaza als Fortsetzung der zionistischen Besatzungspolitik der letzten Jahrzehnte kritisiert, wird als antisemitisch oder gar als Hamas-Anhänger diffamiert. Bei der Eröffnung der Buchmesse in Frankfurt erntete der slowenische Philosoph Slavoj Zizek tumultartige Beschimpfungen, nur weil er sagte, man müsse „auch den Palästinensern zuhören und deren Hintergrund beachten".

Die Ursache der jetzigen Zuspitzung ...

… liegt in der verschärften Rivalität der imperialis­tischen Mächte und ihrer ungleichmäßigen Entwicklung. Der Kampf um die Vorherrschaft im Nahen und Mittleren Osten mit gewaltigen Öl- und Gasvorkommen und bedeutenden Versorgungswegen stand mehrfach im Zentrum brutaler imperialistischer Kriege, wie der US-geführten Aggressionen gegen den Irak und Afghanistan.

 

Mit der Neuorganisation der internationalen kapitalistischen Produktion kamen neue Imperialisten auf, die eigene Ansprüche anmelden: Neben Israel der Iran, Saudi-Arabien und die Türkei, aber auch Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate und Ägypten. Saudi-Arabien hat zuletzt engere Beziehungen mit China entwickelt. Unter Vermittlung Chinas hat das Land mit dem lange verfeindeten Iran diplomatische Beziehungen aufgenommen. Gleichzeitig nahm Saudi-Arabien in Konkurrenz zum Iran zeitweilig Gespräche mit Israel auf. Israel strebt ebenfalls eine regionale Führungsrolle im Nahen Osten an. 2022 haben die USA und Israel ein neues Militärbündnis gegen den Iran (MEAD) initiiert.Es wurden in den letzten Jahren zahlreiche Stellvertreterkriege wie im Jemen oder in Syrien geführt, aber jetzt droht ein Aufeinandertreffen imperialistischer Staaten und Blöcke.

 

Vor allem die Volksmassen in den arabischen Ländern sind zunehmend in Bewegung. Zahlreiche Protestierende fordern von ihren reaktionären Regierungen, die Beziehungen zu Israel abzubrechen.

 

Die Entwicklung in der Ukraine wie nun auch in Nahost ist Ausdruck davon, dass wir uns in einer Phase der beschleunigten Destabilisierung des imperialistischen Weltsystems befinden. In dieser Phase gibt es nur zwei Optionen: Ausbruch eines Dritten Weltkriegs oder internationale sozialistische Revolution.

Dauerhafter Frieden nur im Sozialismus

Der palästinensische Befreiungskampf muss sich mit der demokratischen Massenbewegung in Israel unter Führung der Arbeiterklasse zusammenschließen. Beide müssen Vorbehalte gegeneinander und gegenüber dem Sozialismus überwinden, die sowohl von zionistischen als auch von islamistisch-faschistischen Kräften geschürt werden.

 

Die MLPD sieht die Perspektive für das israelische und das palästinensische Volk in einem gemeinsamen demokratischen Staat, in dem Gleichberechtigung, gegenseitiger Respekt und Vertrauen herrschen. Letztlich und in aller Konsequenz kann das heute nur ein sozialistischer Staat sein. Als möglichen, wenn auch deutlich erschwerten Zwischenschritt tritt sie für eine „Zwei-Staaten-Lösung“ unter Rückgabe der von Israel besetzten Gebiete ein.

 

Das ist ein mühsamer Weg, aber er setzt Vertrauen in die Massen. Mehr und mehr Menschen suchen nach einem grundlegenden Ausweg. Die revolutionäre Weltorganisation ICOR und viele Kräfte mit marxistisch-leninistischem und fortschrittlichen Anspruch in der Region, auch in Israel und Palästina, tragen zur Orientierung bei. In der ICOR arbeiten sie im Rahmen der Nahost-Konferenz zusammen, einige wurden Mitglied der United Front.

 

Die Stärkung dieser Parteien und der weitere Aufbau der internationalen antiimperialistischen Einheitsfront ist das Gebot der Stunde: Kein Kampf darf mehr alleine stehen! Die United Front ruft auch zu Spenden für die Menschen im Gazastreifen auf. Frieden im Nahen Osten und die Überwindung imperialistischer Kriege insgesamt erfordert die vereinigten sozialistischen Staaten der Welt.

Klare Kante gegen antikommunistische Unterdrückung

Bundesregierung, CDU/CSU und AfD trommeln für die weitere Einschränkung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit. In verschiedenen Städten werden bereits pauschal alle Demonstrationen zur Solidarität mit Palästina verboten. Hysterisch wird jede Kritik an Israels Politik als „antisemitisch“ diffamiert. Obwohl es sehr viele Proteste gibt, die nichts mit der Hamas zu tun haben, obwohl die klare Abgrenzung der MLPD von der Hamas bekannt ist, richten sich Unterdrückungsmaßnahmen besonders gegen marxistisch-leninistische Kräfte. In Halle wurde einem Vertreter der MLPD bei einer Kundgebung das Wort verboten, eine Kundgebung der Montagsdemo wurde aufgelöst. In Berlin wurde eine Kundgebung der MLPD untersagt.

 

Die MLPD verbindet ihre unverbrüchliche Solidarität mit dem berechtigten Kampf für nationale und soziale Befreiung der Palästinenser mit der Absage gegen jede „Querfront“ auch mit islamistisch-faschistischen Kräften. Hamas oder Dschihad sind nicht Teil des paläs­tinensischen Widerstands, sondern faschistische Unterdrücker, aufs engste mit (neu)imperialistischen Mächten wie dem Iran oder Katar verbunden. Ähnlich wie in der Ukraine können sich friedliebende Menschen in so einem Krieg nicht auf eine der beiden Seite stellen.

 

Die Perspektive des Kampfs zur Verhinderung eines Weltkriegs und zur Vorbereitung der internationalen sozialistischen Revolution liegt in der Arbeitereinheit über Ländergrenzen hinweg, gegen alle Imperialisten, um die Ursachen imperialistischer Kriege zu beseitigen. Konkret muss es heute darum gehen, einen sofortigen Waffenstillstand im Nahen Osten durchzusetzen.

 

Forderungen der MLPD gegen die weitere Eskalation des Flächenbrands in Nahost:

  • Schluss mit den Vorbereitungen der Bodenoffensive!
  • Einstellung der Bombardierungen des ­Gazastreifens und des Raketenbeschusses auf Israel! Sofortige Waffenruhe!
  • Rückzug der Flugzeugträger und Lenkwaffenkreuzer der USA! Stopp der Mobilmachung von US-Militär!
  • Nein zu militärischer Unterstützung der israelischen Streitkräfte durch die deutsche Bundesregierung!
  • Umgehende Freilassung aller zivilen Geiseln durch die Hamas!
  • Aufklärung der Massaker vom 7. Oktober. Strenge Bestrafung der Schuldigen!
  • Sofortige Öffnung der Grenze zu Ägypten für alle Hilfsgüter!