Rote Fahne 21/2023
„Unsere Arbeit hat einen Sauerstoff-Schub bekommen“
Interview mit Boulbeba Makhlouf, Delegierter Tunesiens beim 1. Weltkongress der United Front
Rote Fahne: Was sind deine Eindrücke vom Kongress der United Front?
Boulbeba Makhlouf: Ich bin zum ersten Mal in Deutschland und nehme erstmals an einer solchen internationalen Konferenz teil.
Ich bin von der geleisteten Arbeit und ihrer Organisierung angenehm überrascht. Nur sie hat den Erfolg möglich gemacht. Ich möchte mich für die intensive und selbstlose Arbeit aller Beteiligten bedanken.
Es verstärkt sich die Tendenz nach rechts und zum Faschismus. Die Gefahr eines Weltkriegs nimmt von Tag zu Tag zu, besonders wegen der Spannungen zwischen den USA und der EU auf der einen Seite und China und Russland andererseits.
Die Entstehung einer Einheitsfront ist aus dieser Perspektive von größter Bedeutung. Es ist vielversprechend, wie das hier begonnen wurde.
Besonders beeindruckt hat mich die Fähigkeit, unterschiedliche Meinungen auszutragen und trotzdem eine höhere Einheit zu erzielen. Diese Streitkultur wird umso wichtiger, je mehr wir uns öffnen für weitere Organisationen und ein breiteres Bündnis.
Die drei Tage machen mich sehr glücklich und optimistisch. Ich bin überzeugt, dass die gewählten Verantwortlichen in der Lage sind, die Einheitsfront in Zukunft zu koordinieren. Das ist eine große Verantwortung, die harte Arbeit und bedingungsloses Engagement erfordert.
Was macht ihr in Tunesien für eine Arbeit und warum wurdest du Delegierter für den Einheitsfrontkongress?
Ich bin Kommunist und habe deshalb immer eine Perspektive über das eigene Land hinaus. Andere Teilnehmer aus Tunesien haben mich angesprochen und überzeugt.
Ich bin Arbeits- und Notfallmediziner und arbeite in einem öffentlichen Krankenhaus. Unsere Organisation Santé pour le Peuple (Gesundheit für das Volk) wurde 2011 gegründet. Wir sind Ärzte, Krankenschwestern und Krankenpfleger. Wir arbeiten in zwei Bereichen.
Wir wollen Arztpraxen in den Städten für Menschen aufbauen, die keinen Zugang zur Gesundheitsversorgung haben. Hier sind wir noch in der Planung.
Das zweite ist, dass wir medizinische Karawanen auf dem Land organisieren und die Menschen dort medizinisch behandeln. Viele von ihnen haben keine Krankenversicherung. Wir machen das kostenlos, sammeln Spenden für die Medikamente und Geräte.
Wir verbinden das mit dem Kampf um ein besseres Gesundheitssystem. Das wird insbesondere geschwächt durch die Abwanderung junger Ärzte, die das Land hauptsächlich aus finanziellen Gründen verlassen.
Im Rahmen der Vorbereitungen für den Einheitsfrontkongress haben wir einen ersten Arbeitskern gebildet, der sich aus Menschenrechtsgruppen, Anwälten, Jugendlichen und Landfrauen zusammensetzt. Persönlich unterstütze ich auch Flüchtlinge und Hungerstreikende.
Was nehmt ihr euch jetzt als weitere Aufgaben vor?
Zunächst einmal gibt dieser Kongress einen Sauerstoff-Schub für unsere Arbeit! Die internationalen Kontakte sind eine große Bereicherung. Ich werde unserer Organisation darüber berichten. Ich möchte ihnen im Geist des Kongresses vorschlagen, dass wir unsere Arbeit für ein besseres Gesundheitswesen noch stärker als eine Kampfachse betrachten, um die Gesellschaft zu verändern, und sie noch mehr auf Flüchtlinge und andere unterdrückte Minderheiten ausrichten.
Perspektivisch ist für den Befreiungskampf des tunesischen Volks eine starke kommunistische Partei nötig, die in den Volksmassen verankert ist und ihren Kampf führen kann. Ich persönlich werde versuchen, mich so weit wie möglich an der Erfüllung dieser Mission zu beteiligen. Ich hoffe, dass wir einen ähnlichen Erfolg haben werden wie bei der Schaffung dieser Einheitsfront.