Rote Fahne 21/2023

Rote Fahne 21/2023

Die globale Umweltkatastrophe hat begonnen!

Interview zur Neuerscheinung des gleichnamigen Buchs mit Stefan Engel, Monika Gärtner-Engel und Gabi Fechtner

Die globale Umweltkatastrophe hat begonnen!
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Gerade ist das Buch „Die globale Umweltkatastrophe hat begonnen!“ erschienen. Von der Beschlussfassung über diesen Arbeitsauftrag des Zentralkomitees an die Redaktion REVOLUTIONÄRER WEG bis zur Veröffentlichung des Buches lagen gerade sieben Monate. Warum dieses Tempo?

 

Stefan Engel: Bereits 2014 sind wir in dem Buch „Katastrophenalarm! Was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur?“ zu der Erkenntnis gekommen, „dass sich die Menschheit inzwischen mitten im fortschreitenden Übergang zu einer globalen Umweltkatastrophe befindet“.1

 

Alle Grundaussagen aus diesem Buch haben sich bestätigt und sind weiterhin gültig, unsere Prognosen waren in jeder Hinsicht treffend. Nicht umsonst haben wir den neuen Band als „Ergänzungsband“ charakterisiert. Eigentlich ist er gar kein eigenständiges Buch, sondern nur eine Ergänzung, Konkretisierung und Erweiterung des Buchs „Katastrophenalarm! …“ und wird deshalb auch nur vorübergehend als selbstständiges Buch vertrieben. Das Ergebnis unserer neuen Analyse ist: Die Entwicklung der Umweltkrise ist sogar noch schneller vorangeschritten, als wir das erwartet hatten. Anfang dieses Jahres stellten wir deshalb in dem Buch „Die Krise der bürgerlichen Naturwissenschaft“ die These auf, dass die globale Umweltkatastrophe begonnen hat. Diese fundierte These musste natürlich schnellstens allseitig untersucht und belegt werden.


Aber schlägt nicht die UNO seit Jahren Alarm?

 

Monika Gärtner-Engel: Das trifft auf bestimmte Einzeleinschätzungen zu, doch insgesamt bagatellisiert sie die Entwicklung, und vor allem deren neue Qualität! Zwar gelobten bereits 1972 mit hehren Worten 113 Teilnehmerstaaten auf der ersten Weltumweltkonferenz der UNO „die feierliche Pflicht, die Umwelt für gegenwärtige und künftige Generationen zu schützen und zu verbessern“. 2 Das geschah zweifellos unter dem Eindruck einer damals schon wachsenden Umweltbewegung. Mehr als hochtrabende Absichtserklärungen und ein paar völlig unzureichende und zudem unverbind­liche Maßnahmen sind seitdem nicht herausgekommen.

 

Stefan Engel: Um die Entwicklung allseitig zu analysieren und Schlussfolgerungen daraus zu ziehen, hat die Redaktion REVOLUTIONÄRER WEG entschieden, diesen Ergänzungsband zu dem Buch „Katastrophenalarm! …“ zu erarbeiten. Es ist von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung, dass die Marxisten-Leninisten den Massen, aber auch der internationalen revolutionären Bewegung die nötige Klarheit geben, wie die Situation zu beurteilen und was jetzt zu tun ist. Denn die Entwicklung duldet keinen Aufschub. Weltweit erleben das immer mehr Menschen auf dramatische Art und Weise.

 

Mit welchen globalen Phänomenen muss man sich nun hauptsächlich auseinandersetzen?

 

Gabi Fechtner: Der ungebremste Anstieg der Treibhausgase hat inzwischen den Beginn der globalen Klimakatastrophe ausgelöst. Das bedeutet eine neue Stufe der Zerstörung und Selbstzerstörung der Biosphäre, die nach heutigen Erkenntnissen nicht umkehrbar ist. Zunehmende Dürren lösen vermehrt Hungerkatastrophen aus. Sintflutartige Überschwemmungen, verheerende Stürme und Brände überziehen die Welt. Die Erhitzung der Erde beschleunigt die Ausdünnung der Ozonschicht, die ungebremste UV-Strahlung schädigt jedes Leben.

 

Die drohende Gefahr eines Stillstands der Meeresströmungen und Jetwinde stellt das ganze herkömmliche Ökosystem der Biosphäre infrage.

 

Mit den tropischen Regenwäldern in Asien, Afrika und Lateinamerika verschwinden die bedeutendsten Kohlenstoffsenken, lebensspendende Sauerstoffproduzenten und eine außerordentliche Artenvielfalt.

 

Die Vermüllung, Verstrahlung, Verseuchung und Vergiftung der Biosphäre untergräbt die Gesundheit und Reproduktionsfähigkeit der Menschen, Tiere und Pflanzen.

 

Die abschmelzenden Gletscher lassen den Meeresspiegel drastisch ansteigen und befördern eine globale Trinkwasserkatastrophe. Der sich anbahnende Prozess sich erwärmender und versauernder Weltmeere gefährdet das lebensnotwendige Plankton.

 

Die Vergeudung von Rohstoffen, Energie und Nahrungsmitteln raubt der Erde die Kraft zur Regeneration. Die imperialistische Aufrüstung mit Atomwaffen beschwört die Gefahr eines alles vernichtenden atomaren Weltkriegs herauf.

 

Wir erleben auch eine neue Dimension des Artensterbens, das ganze Ökosysteme bereits zerstört oder auszulöschen droht.

 

Diese Prozesse haben die beschleunigte Tendenz zur Zerstörung und Selbstzerstörung der gesamten Biosphäre und damit der Lebensgrundlagen der Menschheit, die sich in 3,5 Milliarden Jahren herausgebildet hat.

 

Sind die Extremwetterereignisse, die wir zurzeit erleben, die globale Umweltkatastrophe?

 

Monika Gärtner-Engel: Sie sind zweifellos Merkmale der neuen Entwicklung. Aber es wäre eine grobe Unterschätzung, zu meinen, dass sich darin die globale Umweltkatastrophe erschöpft. Das Problem ist gerade, dass die gefährlichsten irreversiblen Entwicklungen eben noch nicht in ihrer ganzen Dimension unmittelbar sichtbar und fühlbar sind. Das betrifft das Abschmelzen des Polareises, das Auftauen der Permafrostböden, die sich ausbreitenden Ozonlöcher, die Abschwächung der Meeresströme und der Jetwinde bis zum möglichen Erliegen. Die Ausreifung dieser Phänomene bedeutet, dass menschliches Leben auf der Erde nicht mehr möglich ist. Das ist heute noch nicht der Fall. Noch nicht bei allen Faktoren ist der qualitative Sprung zur globalen Umweltkatastrophe erfolgt, bei vielen stehen wir unmittelbar davor.

 


Wie habt ihr das herausgefunden?

 

Stefan Engel: Im Unterschied zu den vielfältigen wissenschaftlichen Studien, auf die wir uns in der Erarbeitung gestützt haben, bleiben wir nicht dabei stehen, Einzelfakten drastisch zu schildern. Wir haben systematisch sämtliche im Buch „Katastrophenalarm! …“ charakterisierten  Hauptfaktoren der gesetzmäßig gewordenen globalen Umweltkrise untersucht. Sofern sie bereits irreversibel geworden sind, bilden sie wesentliche Merkmale des qualitativen Sprungs zur globalen Umweltkatastrophe. Hinzugekommen sind aber auch neue Hauptmerkmale.

 

Wir gingen dabei sehr differenziert vor, welche Einzelprozesse bereits irreversibel sind und welche noch gestoppt werden können und müssen. Dass einzelne Prozesse noch gestoppt oder zumindest verlangsamt werden können, darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass nach heutigem Kenntnisstand die bereits eingetretenen Zerstörungs- und Selbstzerstörungsprozesse der globalen Umweltkatastrophe in ihrer Gesamtheit unwiderruflich sind.

 

Die öffentliche Diskussion zur Umweltfrage bezieht sich vor allem auf die Klimaerwärmung, wie seht ihr das?

 

Gabi Fechtner: Wesentliches Kennzeichen der globalen Umweltkatastrophe ist eben nicht ein einzelnes Merkmal wie die Klimakatastrophe, sondern die Wechselwirkung der verschiedenen Hauptfaktoren und ihr systemisches, sich gegenseitig verstärkendes Zusammenwirken als kumulierender Zerstörungs- und Selbstzerstörungsprozess.3 So hat die globale Klimakatastrophe begonnen und sich als „Initialkatastrophe“ für eine Reihe anderer Hauptfaktoren erwiesen.

 

Die neue Qualität wird vor allem durch den in Gang gesetzten Prozess der Selbstzerstörung verschiedener Elemente der Biosphäre bestimmt, der nach heutigem Ermessen nur noch bedingt von Menschenhand beeinflusst werden kann. Das gefährdet und untergräbt gesetzmäßig nach und nach alle natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit bis zu ihrer Zerstörung.

 


Macht diese Entwicklung nicht Angst?

 

Monika Gärtner-Engel: Natürlich ist das alles äußerst besorgniserregend. Es ist aber unverzichtbar, sich der Objektivität der Betrachtung zu stellen, und unbedingt notwendig, mit aufkommenden kleinbürgerlichen Gefühlen von Panik oder Resig­nation bewusst fertigzuwerden. Die Erkenntnis über den Ernst der Lage muss dialektisch negiert werden in Bewusstheit und Entschlossenheit, den Kampf um die Rettung der Umwelt und den Kampf um den Sozialismus auf neuer Stufe aufzunehmen.

 

Als dialektische Materialisten gehen wir davon aus, dass es in der Natur immer ein Werden und Vergehen gibt, und somit auch die Existenz der Gattung Mensch endlich ist. Es ist aber ein gewaltiger Unterschied, ob in ferner Zukunft das Erkalten der Sonne jedes Leben auf der Erde unmöglich macht oder in absehbarer Zeit eine von der imperialistischen Profitwirtschaft verursachte globale Umweltkata­strophe.

 

Aber sind die tagtäglichen Meldungen über Umweltfragen in den Nachrichten nicht auch ein Zeichen, dass die Problematik auch in der bürgerlichen Welt angekommen ist?

 

Stefan Engel: Bei allen sich häufenden Katastrophenmeldungen wird das Problem in den bürgerlichen Massenmedien im wesentlichen gravierend verharmlost. Scheinbar gibt es nur verschiedene trügerische Alternativen:

Entweder darauf zu vertrauen, dass alles schon nicht so schlimm werden wird und die internationalen Monopole und ihre Regierungen „zur Einsicht kommen“ und endlich notwendige Maßnahmen zur Rettung der Umwelt durchsetzen werden. Oder die fatalistische Haltung, dass sowieso alles zu spät ist.

 

Zum Dritten wollen uns die „grünen“ Vertreter in der Ampelregierung oder die Reformisten weismachen, dass eine „ökologische Transformation“ den Imperialismus ergrünen lassen könnte. Das ist reine Traumtänzerei, die die Massen dazu bewegen soll, sich keine Sorgen um die Zukunft des Planeten zu machen.

 

In Wirklichkeit ist die bürgerliche Umweltforschung und -politik in eine offene Krise geraten:

„Ob sie es wahrhaben wollen oder nicht: Sie geben die Menschheit mutwillig der Katastrophe preis, solange das allein herrschende internationale Finanzkapital als Hauptverursacher an der Macht bleibt.“ 4

 

Wegen ihrer bürgerlichen Klasseninteressen können oder wollen sie nicht begreifen, was inzwischen dramatische Tatsache geworden ist.

 

Wird denn das Umwelt­be­wusst­­­sein der Masse der Bevölkerung der Lage gerecht?

 

Stefan Engel: Das Umweltbewusstsein der Massen ist in den letzten Jahren weltweit zweifellos gewachsen und wächst weiter. Doch die Einflüsse der bürgerlichen Ideologie und der kleinbürgerlichen Denkweise bewirken auch, dass die Massen das Ausmaß der Entwicklung noch unterschätzen. Wir haben jedoch das volle Vertrauen, dass sie nicht in der globalen Umweltkatastrophe untergehen wollen und den Kampf um den Sozialismus aufnehmen werden.

 

Wie passt das Buch in den Kampf gegen die Rechtsentwicklung und den Zuspruch zur AfD, was gerade viele umtreibt?

 

Gabi Fechtner: Die Leugnung der globalen Umwelt- und Klimakatastrophe ist ein Hauptfeld der faschistoiden und faschistischen Kräfte um AfD, Trump und Co. Der Teil der internationalen Monopole, die auf fossile Energiegewinnung, Verbrennermotoren, die Fortsetzung der Atomkraftwerke und sogar den Ausbau der Energieversorgung mit Gas setzen, unterstützt solche Kräfte oder baut sie sogar gezielt auf und zieht im Hintergrund die Fäden.

 

Sie haben in den letzten Monaten gegen verschiedene Gesetzesentwürfe, die auch nur minimale umweltpolitische Auflagen für die kapitalistische Produktionsweise beinhalteten, massiv interveniert und sie als unnötige bürokratische Hemmnisse diffamiert. So wurden die notwendige Umstellung auf erneuerbare Energien mit dem Heizungsgesetz, Bestimmungen zur ökologischen Dämmung in der Bauwirtschaft, das frühere Aus der Verbrennungsmotoren über den Weg der E-Fuels wieder gekippt. So funktioniert die Diktatur der Monopole!

 

Dabei werden von der AfD geschickt die Schwächen und die Heuchelei der Partei „Die Grünen“ ausgenutzt. Diese organisieren vornedran die Kriegspolitik ebenso wie krasse Rückschritte in der Umweltpolitik. Sie ignorierten völlig die Tatsache, dass selbst die unzureichenden Umweltschutzmaßnahmen angesichts von Rekordinflation und wachsender Armut die Massen in große soziale Sorgen und Bedrängnis brachten.

 

Durch die Demagogie, dass Atomstrom und Versorgung mit russischem Gas nun mal billiger sei, gelang es diesen Kräften, die Verwirrung über die Umweltfrage unter den Massen noch erheblich zu verstärken. So gab es plötzlich sogar Mehrheiten in der Bevölkerung für längere AKW-Laufzeiten.

 

Das Buch organisiert den Angriff auf diese ultrareaktionären Kräfte und entwickelt eine erfrischende Polemik gegen deren verlogene Manipulation der öffentlichen Meinung. Wir haben qualifiziert, dass in der Phase des erwachenden Klassenbewusstseins auf breiter Front „der Hauptstoß des weltanschaulichen Kampfs gegen die reaktionären bis faschistischen Leugner der globalen Umweltkrise gerichtet werden“ 5 muss. Das ist in erster Linie ein Kampf um die Denkweise der Massen. Gegen verbohrte Querdenker oder Träger der faschistischen Ideologie und Politik führen wir einen unversöhnlichen Kampf, der heute vor allem weltanschaulichen Charakter haben muss. Überzeugende Bewusstseinsbildung ist deshalb mehr denn je gefragt!

 

Welche Schlussfolgerungen zieht ihr aus der Tatsache, dass nun die globale Umweltkatastrophe begonnen hat?

 

Stefan Engel: Schon im Buch „Katastrophenalarm! …“ haben wir herausgestellt, dass die Umweltfrage zu einer Systemfrage geworden ist. Inzwischen wurde die globale Umweltkatastrophe zu einer neuen Gesetzmäßigkeit im Imperialismus.

 

Deshalb musste die Strategie der internationalen sozialistischen Revolution schon damals erweitert werden. Denn der Kampf zur Rettung der natürlichen Lebensgrundlagen wurde neben dem Kampf für soziale und nationale Befreiung zur wichtigsten Aufgabe der internationalen sozialistischen Revolution. Der entscheidenden Mehrheit der Arbeiterklasse und den breiten Massen muss bewusst werden: Wenn wir das Überleben der Menschheit auf absehbare Zeit sichern wollen, müssen wir den Imperialismus revolutionär überwinden und die vereinigten sozia­listischen Staaten der Welt aufbauen. Es geht also um nichts weniger als die Rettung der Menschheit!

 

Dieser Kampf zur Rettung der Menschheit muss als Schule des gesellschaftsverändernden Kampfs um den echten Sozialismus und des Kampfs um den Aufbau des Sozialismus geführt werden, sonst landet er in reformistischen Illusionen. Konkret muss es darum gehen, das Tempo der Entfaltung der globalen Umweltkatastrophe zu verlangsamen, das Fortschreiten irreversibler Prozesse abzudämpfen und noch nicht irreversibel gewordene Prozesse zu stoppen oder umzukehren.

 

Wie ist der Zusammenhang zur Kampagne der MLPD, um dem Sozialismus zu neuem Ansehen zu verhelfen?

 

Gabi Fechtner: Sie hat eine wesentliche Quelle neben der Kritik an der politischen Ökonomie des Imperialismus auch in der Analyse der globalen Umweltkatastrophe. Die globale Umweltkatastrophe ist heute eines der stärksten Argumente für den Kampf um den Sozialismus!

 

Natürlich gehören dazu auch andere dramatische Entwicklungen, wie die verschärfte Ausbeutung und Unterdrückung der Arbeiterklasse oder die Gefahr eines alles zerstörenden atomaren Weltkriegs.

 

Aber die globale Umweltkatastrophe kennzeichnet eine wesentliche Veränderung in der Menschheitsgeschichte. Der Sozialismus hätte als einziges Gesellschaftssystem die Grundlage und das Interesse, die Einheit von Mensch und Natur wo möglich wiederherzustellen, zu festigen und höherzuentwickeln. Dazu schafft er die Diktatur der Monopole und damit ihr zerstörerisches Streben nach Weltmarktherrschaft und Maximalprofit auf revolutionärem Weg ab.

 

Allerdings hat der Sozialismus unter den Bedingungen der globalen Umweltkatastrophe auch riesige Hypotheken zu tragen und werden die irreversiblen Zerstörungsprozesse weiter wirken und nur zum Teil eingedämmt werden können.

 

Die Prozesse, die bereits den qualitativen Sprung zu einem unumkehrbaren, unkontrollierbaren Zerstörungs- und Selbstzerstörungsprozess durchmachen, können selbst im Sozialismus nicht wieder aufgehoben werden. Hier muss schon heute um einschneidenden Katastrophenschutz und -hilfe gekämpft werden, wie Frühwarnsysteme, schnelle Notfallhilfe, Notunterkünfte und so weiter. Das betrifft vor allem Regionen, die besonders von Extrem­wettern, steigendem Meeresspiegel, Dürre und Erdbeben bedroht sind. Auch das wird aber erst der Sozialismus konsequent verwirklichen.

 

Das Buch entwickelt wesentliche Leitlinien, wie diese Sofort- und Schutzmaßnahmen aussehen müssen und wie der Kampf darum als Schule des Kampfs um den Sozialismus geführt werden muss.

 

Der Untergang der Menschheit in einer globalen Umweltkatastrophe ist kein unausweichliches Schicksal – auch jetzt nicht! Die Grundlage dieser Entwicklung ist das imperialistische Weltsystem. Wird dieses beseitigt, können alle Erkenntnisse und Fähigkeiten, die Technik und Wissenschaft konzentriert auf die Lösung der drängendsten Menschheitsfragen angewendet werden!

 

Wer sind die Kräfte, die einen gesellschaftsverändernden Kampf führen werden? Müssen wir uns jetzt also auf die Umweltbewegung konzentrieren?

 

Monika Gärtner-Engel: Das internationale Industrieproletariat ist die führende Kraft im Kampf um den Sozialismus, die internationale Arbeiterklasse die Hauptkraft! Der Kampf zur Rettung der Menschheit als Teil des Kampfs um den Sozialismus muss deshalb fester Bestandteil der Arbeit an der Hauptkampflinie in den industriellen Großbetrieben werden.

 

Der Kampf um die soziale Befreiung der Arbeiterklasse bleibt deshalb elementare Voraussetzung für die Befreiung der Arbeiterklasse, eine Gesellschaft in Einheit mit der Natur und die Rettung der Menschheit.

 

Die 3. Internationale Bergarbeiter­konferenz im September 2023 stellte bemerkenswert unter Beweis, wie die  Erkenntnis, dass um bessere Arbeitsbedingungen und den Schutz der natür­lichen Lebensgrundlagen gekämpft werden muss, unter den Bergleuten weltweit um sich greift und auch schon praktiziert wird.

 

Die dort verabschiedete Resolution ist ein historisches Dokument. Sie qualifiziert die globale Umweltkatastrophe, unterstreicht die Verantwortung der Bergarbeiterbewegung für die Einheit der Lösung von sozialer und Umweltfrage und kommt zu der Qualifizierung:

 

„Wir führen diese Kämpfe als Schule und Bestandteil des gesellschaftsverändernden Kampfs. Das erfordert einen Paradigmen­wechsel für eine Gesellschaft ohne Aus­beutung und Unterdrückung von Mensch und Natur. Das ist eine wahrlich revolutionäre Aufgabe.“ 6

 

Wir müssen unsere Arbeit in der Umweltbewegung zweifellos intensivieren und den Kampf um die Vereinigung von Arbeiter- und Umweltbewegung auf neuer Stufe verwirklichen. Der Umweltkampf bleibt unsere zweitwichtigste Kampflinie, die nun nochmals an Bedeutung gewinnt und unter bestimmten Umständen sogar zur wichtigsten Aufgabe im proletarischen Klassenkampf werden kann.

 

Betrifft die Aufgabe der Rettung  der Menschheit nur die Arbeiterklasse?

 

Gabi Fechtner: Natürlich nicht. Im Gegenteil! Diese Entwicklung erweitert die Bündnispartner der Arbeiterklasse für den Klassenkampf um einen echten Sozialismus enorm. Gemeinsam muss eine starke Bewegung zur Rettung der Menschheit entstehen. „Landwirte, Fischer, indigene Völker, Flüchtlinge, kritische und fortschrittliche Wissenschaftler, Akademiker, Kräfte bis weit in kleinbürgerliche und aufgeklärte bürgerliche Kreise hinein, ebenso Menschen aus den zerstörten oder dem Untergang geweihten Regionen und antiimperialistische Regierungen in solchen Ländern“7 gehören dazu. Sie alle wollen und werden den Untergang in der kapitalistischen Barbarei nicht zulassen!

 

Für die Rettung der Menschheit zu kämpfen, schreiben sich auch die Jugendumweltbewegungen „Fridays for Future“, „Extinction Rebellion“ oder die „Letzte Generation“ auf die Fahnen. Hier gibt es ein heftiges Ringen zwischen antikapitalistischen Tendenzen und antikommunistischen Vorbehalten. Der Kampf um den Sozialismus und zur Rettung der Menschheit kann nicht auf einer diffusen antikapitalistischen Stimmung aufgebaut werden. Er erfordert das bewusste Fertigwerden mit der kleinbürgerlich-antikommunistischen sowie kleinbürgerlich-ökologistischen Denkweise.

 

Die unterschiedlichen Ansichten, was in dieser Situation zu tun ist, muss an in der Umwelt- und Arbeiterbewegung offen diskutieren. Mit diesem Buch gehen wir mitten hinein in diesen entfalteten Kampf um die Denkweise. Ich freue mich, dass die Internationale Bergarbeiterkonferenz beschlossen hat, zusammen mit Kräften aus der kämpferischen Umweltbewegung für nächstes Jahr eine Strategiekonferenz vorzubereiten.

 

Das ist nun schon das vierte Buch der Reihe REVOLUTIONÄRER WEG in drei Jahren. Hat die ­Redaktion REVOLUTIONÄRER WEG den Turbo eingelegt?

 

Stefan Engel: Die gesellschaftliche Entwicklung verläuft heute sehr komplex und schnell. Die theoretische Arbeit muss damit Schritt halten, um der Entwicklung voraus zu sein. Die MLPD hat in den letzten Jahren immer mehr Genossinnen und Genossen in die theoretische Arbeit einbezogen und dafür ausgebildet, anders wäre das nicht möglich. Besonders Monika Gärtner-Engel und Gabi Fechtner haben diese Herausforderung angenommen und sind mit mir zusammen führend an der Ausarbeitung dieses Buchs beteiligt, für das ich weiterhin die Schriftleitung inne­hatte. Für dieses Buch haben wir aber auch besonders auf Genossinnen und Genossen gesetzt, die sich schon lange kompetent mit der Umweltfrage befassen und sich mit selbstloser Einsatzbereitschaft eingebracht haben. Nur in diesem Kollektiv war diese Aufgabe in der kurzen Zeit zu meistern. Ich danke allen Mitarbeitern herzlich für die Zusammenarbeit.

 

Wie wollt ihr den weitreichenden Gehalt des Buchs nun unter die Leute bringen?

 

Gabi Fechtner: Manche unserer Genossinnen und Genossen, Freundinnen und Freunde seufzen bei aller Freude auf das neue Buch vielleicht auch etwas, weil sie schon mit dem Lesen der anderen Bücher nicht hinterher gekommen sind. Um zu erleichtern, Schritt zu halten, werden wir sehr differenzierte Methoden anwenden, sich das Buch und die vorherigen Bücher gründlich anzueignen. So wollen wir die Studienbewegung zur Reihe „Die Krise der bürgerlichen Ideologe und die Lehre von der Denkweise“ nicht unterbrechen, sondern in Studiengruppen weiterführen. Das neue Buch wird in den Grundeinheiten unserer Partei gemeinsam diskutiert. Es wird darüber hinaus angeleitete Studienwochen und Studienwochenenden geben sowie zahlreiche örtliche Diskus­sionsveranstaltungen. Ich will alle Interessierten ermuntern, sich aktiv daran zu beteiligen, sich dranzugeben und dafür auch Mitglied in der MLPD zu werden.

 

Auf dieser Grundlage wollen wir das Buch in breiteste Kreise bekannt machen, verkaufen und zur Diskussion stellen. Es geht um nicht mehr oder weniger als darum, eine gesellschaftliche Debatte zu erreichen als Ausgangspunkt für einen qualitativen Sprung im Umweltbewusstsein. Dazu wollen wir auch unsere Teilnahme an der Europawahl 2024 nutzen.


Vielen Dank für das Interview!