Rote Fahne 20/2023
Kein Kampf darf mehr alleine bleiben!
Sommer 2023 – die Welt trifft sich in Truckenthal/Thüringen: 35 Delegierte aus 19 Ländern nahmen vom 31. August bis 3. September an der 3. Internationalen Bergarbeiterkonferenz teil. Im Anschluss tagte am 5. und 6. September der 1. Weltkongress der internationalen antiimperialistischen Einheitsfront gegen Faschismus, Krieg und Umweltzerstörung („United Front“) mit 124 internationalen Teilnehmern aus 46 Ländern. Hier entsteht etwas Neues mitten in den Beben des krisengeschüttelten imperialistischen Weltsystems, welches den Faschismus und die Weltkriegsgefahr verstärkt, wo neue imperialistische Länder den alten ihren Platz streitig machen und sie alle gemeinsam eine eingeleitete globale Umweltkatastrophe zu verantworten haben. Vor dem Hintergrund dieser neuen Erscheinungen und wesentlichen Veränderungen steht die internationale revolutionäre Arbeiter- und Volksbewegung mitten in einem Prozess der Neuorientierung und Neuformierung. Mit den beiden erfolgreichen Konferenzen ist sie einen großen Schritt vorwärts gekommen.
Das Prinzip des proletarischen Internationalismus wird Wirklichkeit
Die Botschaft beider Konferenzen ist: „Wir übernehmen international Verantwortung füreinander und kein Kampf darf alleine bleiben!“ Statt „mein Land zuerst“ wird hier ein regelrechtes globales antiimperialistisches Gegenkonzept gegen die weltweite Rechtsentwicklung und Faschisierung vorangetrieben.
In krassem Kontrast dazu treffen sich alte und neue Imperialisten bei der UN-Generalversammlung der Staats- und Regierungschefs. Bundeskanzler Olaf Scholz wirbt scheinheilig für eine Arbeit auf Augenhöhe, angesichts „einer Welt, die (…) nicht mehr nur zwei Machtzentren kennt, sondern viele unterschiedliche“, weil „die souveräne Gleichheit der Staaten auch in unserer multipolaren Welt verteidigt werden muss, und zwar von uns allen.“ Von wegen „souveräne Gleichheit“! So wie innerhalb der EU, mit buchstäblichen Kriegseinsätzen gegen Flüchtlinge oder bei den Weltkriegsvorbereitungen fast aller Imperialisten? Scholz geht es vor allem um die verstärkte Führungsrolle Deutschlands, das „als zweitgrößter Geber nach den USA seinen vollumfänglichen Beitrag“ leiste. Wie dieser „Beitrag“ aussieht, haben auch die Delegierten der 3. Internationalen Bergarbeiterkonferenz und des 1. Weltkongresses der United Front zu spüren bekommen.
Das ist eine neue Qualität der Unterdrückung ...
… der Kräfte der Arbeiter- und antiimperialistischen Bewegung, die wirklich auf Augenhöhe zusammenarbeiten und woraus strategisch die größte Gefahr für den Imperialismus erwächst, dass 30 Delegierten aus 18 Ländern Visa verweigert und die Einreise verwehrt wurde. Federführend: das deutsche Außenministerium und seinen Botschaften. Die insgesamt 650 Teilnehmer der Konferenzen verstanden, was sie von der von Außenministerin Annalena Baerbock betriebenen „wertebasierten und feminisierten“ Außenpolitik zu halten haben: Antikommunismus, Chauvinismus, Frauenfeindlichkeit. Der Protest dagegen wurde mit aller Entschiedenheit entwickelt und alle Nicht-Anwesenden wurden in der einen oder anderen Form einbezogen.
Die 3. Internationale Bergarbeiterkonferenz hat uns alle verändert
… betont Andreas Tadysiak, bisheriger und neu gewählter Hauptkoordinator. „Sie zeigt, dass wir zueinanderstehen und uns gegenseitig unterstützen.“ Die Zahl Bergarbeiter weltweit ist seit der 1. Konferenz 2011 in Peru nicht nur quantitativ gewachsen auf mittlerweile 50 Millionen. Die 3. Konferenz ist auch Ausdruck einer höheren Qualität der Internationalen Bergarbeiterbewegung. Sie hat an Substanz, Breite und Anziehungskraft gewonnen. Sie repräsentiert kampferprobte Gewerkschafter mit Masseneinfluss, erfahrene Arbeiterführer und -führerinnen. Sie überzeugt von der Notwendigkeit des internationalen Zusammenschlusses bis hinein in die Weltfrauenbewegung, die Automobil- und Stahlarbeiter, Jugend- und Umweltbewegung. Darüber gab es auf der ersten Konferenz noch erhebliche Diskussionen. Deutlich wurde ein höheres Verantwortungsbewusstsein der Teilnehmer, die tatsächliche Koordinierung des Kampfes, gegenseitige Informiertheit und Solidarität in die Tat umzusetzen. Die einstimmig verabschiedete Resolution einer Arbeiterkonferenz gegen die globale Umweltkatastrophe ist einzigartig, so Stefan Engel, Impulsgeber und erster Hauptkoordinator der Internationalen Bergarbeiterkonferenz (siehe S. 17).
Es wurde eine richtige Strategiediskussion geführt und das Forum „Bergarbeiter und Sozialismus“, das am Anfang noch umstritten war, sehr gut besucht. Gerade die überparteilich geführte Strategiediskussion fand sehr großen Zuspruch (siehe Seite 22).
Die von den Bergarbeitern geprägte Verschwisterung mit kulturvollen Festen, Tanz, Gedichten und Liedern schweißte für die bevorstehenden harten Kämpfe zusammen und förderte Vertrauen.
Erfolgreicher 1. Weltkongress der „United Front“
So der beschlossene Kurzname der internationalen antiimperialistischen Einheitsfront gegen Faschismus, Krieg und Umweltzerstörung. Sie wuchs auf über 120 Mitgliedsorganisationen und 27 Einzelpersönlichkeiten aus vier Kontinenten! Die Initiative hatten 2019 die ICOR1 und der ILPS2 entwickelt. Nach unbegründetem Ausstieg des ILPS wurde umso entschlossener der Aufbau angepackt und Eierschalen abgeworfen von nur halbherzig demokratischen Organisationsstrukturen, die keine Wahl des koordinierenden Gremiums, keine Rechenschaftslegung und keinen regelmäßigen Finanzbeitrag beinhalteten. Prägnant sind die Fähigkeit zur kontroversen Debatte zur Förderung der Einheit, Beschlussfähigkeit und die führende Rolle der Arbeiterklasse, die zugleich auch nicht allein siegen kann, sondern nur im Bündnis mit den Unterdrücken der Welt. Deren breiter Zusammenschluss reichte von Geflüchteten über Indigene, Umweltaktivisten, die antiimperialistische Jugend- und Frauenbewegung, von religiös-inspirierten Menschen bis zu revolutionären und sozialistischen Organisationen. Darin wuchs die Bedeutung des Aufbaus revolutionärer Parteien und der ICOR und die Möglichkeiten ihrer Stärkung – aus dem 1. Weltkongress der United Front gingen sechs neue Mitglieder der ICOR hervor! Zugleich wurde nach kontroverser Debatte der Sozialismus nicht zur Voraussetzung für die Mitgliedschaft in der United Front festgeschrieben, weil das die Breite unnötig einschränken würde. Der einstimmig beschlossene Aufruf enthält den Sozialismus und ruft auf, eine Strategiediskussion gegen die zersetzende Wirkung des Antikommunismus zu führen, „wie eine von Ausbeutung und Unterdrückung befreite Gesellschaft erkämpft werden kann“.
Beide Konferenzen zeichneten sich aus durch eine enge Einheit von Theorie und Praxis mit gemeinsamen Kampftagen, beschlossenen Arbeitsprogrammen und Resolutionen, in deren Umsetzung eine dem Imperialismus überlegene Kraft aufgebaut wird. Dies wurde kurz danach schon auf die Probe gestellt: Für die Opfer des schweren Erdbebens in Marokko wurden Solidaritätserklärungen, Grußadressen und eine einwöchige Spendensammlung in Deutschland organisiert. Innerhalb einer Woche ergab die Sammlung auf der Straße, bei Montagsdemos und in Betrieben 27.052,76 Euro!
Vollständig selbstorganisiert und -finanziert mit hunderten Helfern sind die Konferenzen auch ein praktischer Beweis, dass man weit mehr als „drei unter einen Hut“ bekommt. Macht mit und werdet Teil dieser Zukunftsprojekte!
Monika Gärtner-Engel, bisherige und eine der zwei neugewählten Co-Präsidentinnen der United Front, ist sich sicher, dass sie „in Verbindung mit den revolutionären Parteien der Welt weltpolitische Bedeutung bekommen, wenn die gefassten Beschlüsse zielstrebig in die Tat umgesetzt und beide Zusammenschlüsse entschlossen weiter aufgebaut werden!“