Rote Fahne 18/2023

Rote Fahne 18/2023

Mit Rente auf dem Weg in die Altersarmut? Das machen wir im Sozialismus anders!

Demnächst wollen Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) ihre neuen Rentenpläne präsentieren. Im Koalitionsvertrag hat die Ampel-Regierung versprochen, dass es „keine Rentenkürzungen und keine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters geben“¹ soll. Das wird aber an das Vorhaben geknüpft, „in eine teilweise Kapitaldeckung der gesetzlichen Rentenversicherung“ einzusteigen. Sozialverbände warnen bereits vor „risikoreichen Experimenten“ und „Spekulationen am Aktienmarkt“. Wird unsere Rente demnächst an den Börsen verzockt, statt die wachsende Altersarmut zu bekämpfen?

Von ms
Mit Rente auf dem Weg in die Altersarmut? Das machen wir im Sozialismus anders!
Die Kämpfe der Arbeiterinnen und Arbeiter für höhere Löhne sind auch wichtig für die Rentnerinnen und Rentner, deren Rentenerhöhung sich an den durchschnittlichen Tariferhöhungen bemisst (foto: rf-foto)

Rund die Hälfte der Menschen in Deutschland macht sich große Sorgen wegen wachsender Altersarmut. Das ist keineswegs nur ein Thema für Ältere.²

Wut und Empörung über Folgen der Inflation

Viele Rentnerinnen und Rentner sind stinkesauer auf die Regierung. Sie sind von der Inflation mit am stärksten betroffen. Während die steigenden Mieten und Mietnebenkosten bei Hartz-IV-Empfängern im Prinzip übernommen wurden, erhielten alle, die nur von der Rente leben, mickrige 300 Euro als Einmalzahlung. Schon jetzt lebt nach offiziellen Angaben fast jeder fünfte Rentenbeziehende (18 Prozent) in Armut. Im Jahr 2010 waren es noch 12,6 Prozent. Im März 2023 erhielten 684 000 Menschen mit zu niedriger Rente zusätzlich Leistungen der Grundsicherung, 90 000 mehr als ein Jahr zuvor.3 5,80 Euro müssen dann für drei Mahlzeiten am Tag reichen. Ein Betroffener aus Essen berichtet: „Ich kann mir Fleisch vom Supermarkt nicht mehr leisten. Höchstens von der ‚Tafel‘, aber da werden Auswahl und Qualität immer dürftiger. Ich muss mich auch beim Essen inzwischen deutlich einschränken.“

 

Wie gut, dass die Regierung im Koalitionsvertrag verspricht, das Rentenniveau von heute 48,1 Prozent nicht unter 48 Prozent sinken zu lassen! Damit versucht sie nur, die Leute zu beruhigen. Das „Rentenniveau“ ist ein völlig irreführender Begriff. Er hat nichts mit dem tatsächlichen Niveau der einzelnen Renten zu tun: Die 48 Prozent vom aktuellen Durchschnittslohn erhält nur, wer genau 45 Jahre lang immer zu einem durchschnittlichen Lohn gearbeitet und entsprechende Rentenbeiträge gezahlt hat. Das trifft heute für immer weniger Menschen zu, da der Niedriglohnbereich mit befristeten und Teilzeitjobs seit der Einführung der Hartz-Gesetze stark gewachsen ist. 18,8 Prozent der Vollzeitbeschäftigten arbeiten mittlerweile für Niedriglöhne.⁴

Finanzkonzerne und Banken in den Startlöchern

Die Regierung denkt nicht im Traum daran, an der realen Lage der Masse der Rentnerinnen und Rentner etwas zu ändern. Ihr „Gerede“ von einer „Stabilisierung“ der Rentenversicherung hat ganz andere Hintergründe. Weil die Betriebe die Hälfte der Versicherungsbeiträge zahlen, wollen sie eine Erhöhung möglichst vermeiden. Deshalb drängen die Monopolverbände auf eine veränderte Struktur der Rentenfinanzierung. „Die gesetzliche Rente wird sich ... zukünftig aus drei Quellen finanzieren“, kündigte Heil an. Hört sich scheinbar solide an, doch die dritte „Quelle“ ist in Wirklichkeit ein Fass ohne Boden. Mit ihr sollen die Einnahmen aus den Rentenbeiträgen in Höhe von 357 Milliarden Euro 2022 und aus staatlichen Zuschüssen in Höhe von gegenwärtig 112 Milliarden Euro durch Gewinne aus spekulativen Anlagen ergänzt werden. Dabei hat die Regierung das ursprüngliche Vorhaben der FDP, mit Rentenbeiträgen direkt an den Börsen zu spekulieren, nun durch den Plan ersetzt, Kredite aufzunehmen und unter staatlicher Aufsicht gewinnbringend anzulegen. Passend dazu wurde der etwas anrüchige Name „Aktienrente“ durch „Generationenkapital“ ersetzt.

 

Doch wie jedes Kapital hat auch dieses Kapital in erster Linie kurzfristigen Nutzen für seine Profiteure – und das sind nicht die zukünftigen Rentnergenerationen. So will die Regierung ab 2024 erstmals 12 Milliarden Euro dafür als Darlehen aufnehmen und anlegen. Diese Summe soll 15 Jahre lang jedes Jahr um 3 Prozent steigen, bis ein Kapitalstock von 200 Mil­liarden gebildet ist. Erst dann soll ab 2038 eine Rendite ins Rentensystem fließen.⁵ Die Banken und Investmentkonzerne freuen sich solange schon mal über das staatliche Geld, mit dem sie kräftig spekulieren können. In ihrem Interesse will Lindner als nächsten Schritt „auch in der privaten Altersvorsorge den Kapitalmarkt stärker für die Menschen nutzbar machen“.⁶

„Sichere“ Kapitalspekulation?

Ob aus der Rendite für das „Generationskapital“ überhaupt was wird, steht in den Sternen. Angesichts steigender Kreditzinsen, die davon abgezogen werden müssen, wird nicht viel Geld zur Rentenfinanzierung übrigbleiben. Verwalten soll das Ganze ausgerechnet der Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung (Kenfo), der bisher für die Beschaffung von Geld für die Lagerung der radioaktiven AKW-Abfälle zuständig ist. Die Milliarden für die Rentenfinanzierung würden dann vor allem in Staats- und Unternehmensanleihen, Aktien sowie anderen Wertpapieren landen. Sehr vertrauenserweckend: Der Kenfo hat 2022 einen Verlust von rund 3,1 Milliarden Euro eingefahren.⁷

 

Lindner versucht, Bedenken zu zerstreuen: „Der Aktienmarkt ist keine unverantwortbare, gefährliche Spekulation. ... Die Sicherheit ergibt sich aus der Breite und der Langfristigkeit der Anlagen.“⁸ Es ist der Grundirrtum börsengläubiger Kapitalismusverteidiger, dass man Kapitalspekulation durch breite Streuung und langfristige Anlage „sicher“ machen könne. Die krisenhafte Entwicklung des Kapitalismus macht das auf Dauer unmöglich. Die Kenfo-Anlagen in Staatsanleihen verloren im letzten Jahr 16,5 Prozent an Wert, die in Aktien und Immobilienanlagen um 15,7 Prozent.⁹ Was wäre erst bei einer tiefen Finanz- und Börsenkrise? Deshalb ist die ganze Richtung abzulehnen, die Rentenfinanzierung schrittweise in ein Mittel der profitgetriebenen Kapitalspekulation zu verwandeln. Die MLPD fordert schon lange eine ganz andere Umstellung der Rentenfinanzierung – auf Kosten der Monopolprofite: Volle Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge durch eine umsatzbezogene Unternehmenssteuer! Das würde vor allem die Löhne der Arbeiterinnen und Arbeiter entlasten, aber auch Klein- und Mittelbetriebe.

Rente im Sozialismus: Der Mensch steht im Mittelpunkt

Weil im Sozialismus die wesentlichen Produktionsmittel nicht mehr Privateigentum einer kleinen Minderheit, sondern gemeinsames Eigentum des ganzen werktätigen Volks sein werden, kann auch das Rentensystem im Interesse der Massen umgestaltet werden. Die Rentenfinanzierung wird dann nicht nur dauerhaft gesichert sein. Sie wird vor allem nicht mehr auf Kosten der Löhne und Gehälter erfolgen, sondern genauso wie öffentliche Einrichtungen und Investitionen aus dem gesamten Produkt der gesellschaftlichen Arbeit. Das geschieht planmäßig durch den sozialistischen Staat. Die Renten werden ein auskömmliches Leben ermöglichen. Altersarmut wird der Vergangenheit angehören. Die Rentenbesteuerung wird dann genauso wegfallen wie Abzüge für Kranken- und Pflegeversicherung.

 

In dem Maße, wie sich die gesellschaftliche Arbeitsproduktivität entwickelt, kann im Sozialismus auch das Rentenalter weiter gesenkt werden. Das wird wie weitere Verkürzungen der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit die Lebenszeit der werktätigen Menschen erhöhen. Zeit, die sie sinnvoll für die Übernahme gesellschaftlicher Aufgaben einsetzen können.